Und erlose uns von dem Bosen
Viele Leben können gerettet werden, wenn ihr genau zuhört. Und ihr müsst gehorchen.
Haben alle das mitbekommen? Zuhören und gehorchen? Ich möchte es hören. Bitte, sprechen Sie. Verflucht, habt ihr das alle kapiert ?«
Alle redeten gleichzeitig. Obwohl es kindisch und absurd erschien, begriffen wir, dass der Wolf uns zeigte, dass er die Kontrolle hatte, die totale Kontrolle.
Dann rief Burns unvermittelt: »Er ist weg! Einfach aufgelegt! Dieser Hurensohn!«
21
Wie Marionetten warteten wir im Konferenzraum, doch der russische Gangsterboss meldete sich nicht mehr. Ich kannte den Dreckskerl gut und rechnete nicht damit, dass er uns noch mal anrief. Jetzt spielte er mit uns.
SchlieÃlich ging ich zurück in mein Büro, und Monnie Donnelley fuhr nach Virginia. Man hatte mir den Fall noch nicht übertragen â jedenfalls nicht offiziell. Aber der Wolf hatte gewusst, dass ich im Krisenraum gewesen war. Er hatte mich für eine besondere Beleidigung ausgewählt. Genau sein Stil.
Was hatte er vor? Ein Gangster bediente sich der Taktik von Terroristen? Begann ein Krieg? Wenn eine kleine Gruppe Wahnsinniger es in der Wüste durchführen konnte, warum nicht die Russenmafia? Dazu brauchte man lediglich einen genügend skrupellosen Führer â und Geld.
Ich wartete und fragte mich, ob die grauenvolle Ungewissheit Teil des Plans des Russen war, um den Druck und den Stress zu verstärken. Um uns zu kontrollieren? Um unsere Geduld auf die Probe zu stellen?
Und selbstverständlich dachte ich an Geoffrey Shafer und wie er in diese Angelegenheit verstrickt war. Worum ging es überhaupt? Ich hatte mir bereits die meisten neuen Daten über Shafer besorgt. Wir beschatteten eine alte Freundin Shafers â seine Psychiaterin. Sie hieà Elizabeth Cassady, und ich wollte ihre Aufzeichnungen während der Therapiesitzungen Shafers durchlesen.
Später rief ich daheim an und sprach mit Nana. Sie beschuldigte mich, ihr Maisbrot gegessen zu haben. Ich schob
Damon die Schuld in die Schuhe. Doch sie lachte nur. »Du musst die Verantwortung für deine Schurkereien übernehmen«, schimpfte sie gutmütig.
»Okay, ich übernehme die volle Verantwortung«, erklärte ich heroisch. »Ich habe das Maisbrot gegessen, und zwar mit Freuden, denn es hat köstlich geschmeckt.«
Kurz nach diesem Telefonat wurde ich zu einer Besprechung in den Krisenraum nach unten gerufen. Tony Woods vom Büro des Direktors begrüÃte die Agenten. »Es gibt neue Entwicklungen«, begann er mit ernstem Ton. »In Europa ist die Hölle ausgebrochen.«
Tony Woods machte eine Pause, ehe er fortfuhr. »Vor einer Stunde gab es zwei weitere schreckliche Bombenanschläge. Beide in Westeuropa.«
»Ein Anschlag fand im nördlichen Teil Englands statt, in Northumberland, nahe der schottischen Grenze. Das Dorf Middleton Hall â Einwohnerzahl etwas über vierhundert â gibt es nicht mehr.« Wieder machte Woods eine Pause. »Diesmal wurden die Menschen nicht evakuiert. Wir wissen nicht, weshalb. Es gab nahezu hundert Tote. Ein grauenvolles Blutbad. Ganze Familien starben â Männer, Frauen und Kinder.
Wir haben bereits einen Kurzfilm von Scotland Yard erhalten. Ein örtlicher Polizist filmte von den Cheviots, einer nahe gelegenen Hügelkette. Ich werde Ihnen die Aufnahmen vorführen.«
Wir sahen uns den Film stumm und mit tiefer Betroffenheit an. Am Ende sprach der Polizist selbst in die Kamera. »Mein Name ist Robert Wilson. Ich bin hier in Middleton Hall aufgewachsen. Dieser Ort existiert jetzt nicht mehr. Es gab nur eine HauptstraÃe, ein paar Pubs und Geschäfte und die Häuser der Menschen, die ich alle kannte. Eine alte Brücke der Royal Engineers führte mal ins Dorf, aber diese ist ebenfalls in die Luft
geflogen. Unser Pub â weg. Während ich hier stehe und die Verwüstung betrachte, muss ich daran denken, warum ich ein Christ bin. Am meisten fühle ich Hoffnungslosigkeit.«
Nach diesem Film berichtete Tony Woods uns von dem Bombenanschlag, der sich in Deutschland ereignet hatte. Darüber hatte er noch kein Videoband.
»Die Zerstörung eines Dorfes bei Lübeck war nicht ganz so schlimm, aber schlimm genug. Offenbar leistete eine Gruppe von Studenten Widerstand. Elf von ihnen wurden getötet. Lübeck liegt im Norden Deutschlands, in Schleswig-Holstein, das an Dänemark grenzt. Weitgehend
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