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UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER

UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER

Titel: UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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betrachtete das Haus der Montgomerys mit unverhohlener Bewunderung. „Der Kasten ist ja so groß wie die Arche Noah.“
    Alex kam die Verandatreppe herunter und ging seiner Kollegin, der er von allen Mitarbeitern in der Firma am meisten vertraute, zur Begrüßung entgegen. „Aber man muss nicht paarweise an Bord kommen.“
    Sie lachte und umarmte ihn herzlich. „Schön, dich zu sehen. Wie geht es dir?“
    „Ich lebe auf einer Arche und lasse mich treiben.“
    „So soll es im Urlaub ja auch sein. Aber für dich ist das wohl eine Premiere, oder?“
    „Ich bin mir nicht sicher, ob ich für so viel Freizeit geschaffen bin.“ Er überlegte, ob er zugeben sollte, dass er die letzten acht Stunden die Stirnbretter am Dach gestrichen hatte und ein Transistorradio seine einzige Gesellschaft gewesen war. Seit seinem Einstieg in das Familienunternehmen hatte er sich noch kein einziges Mal freigenommen. Warum das so war, wusste er eigentlich nicht so genau. Es gab viele Orte, wo er seinen Urlaub verbringen könnte. Außer der Strandvilla hatten die Montgomerys eine Skihütte in Killington und eine Berghütte in den Katskill Mountains. Er hätte auch jederzeit nach Monte Carlo oder nach Rom fliegen können, wenn er Lust dazu gehabt hätte.
    Doch er hatte nie Lust gehabt. Normalerweise arbeitete er einfach. Wenn er arbeitete, fühlte er sich am rechten Platz, weil er etwas Sinnvolles tun konnte. „Wie geht es Don?“, fragte er.
    „Gut. Uns geht es beiden gut, danke. Ich kann es gar nicht erwarten, dass er nach Newport nachkommt. Alex, ich bin froh, dass wir hier ein Büro eröffnen. Es war eine ausgezeichnete Idee von dir.“
    Gina war seine rechte Hand in der Firma. Es war Zufall, reiner Zufall, dass sie Gina Colombo hieß, dunkles, lockiges Haar und einen zart olivfarben schimmernden Teint hatte und außerdem klein und hübsch war – mit einem perfekten Busen und einem sehr sinnlichen Mund. In ihrer Persönlichkeit allerdings ähnelte sie niemand Bestimmtem … Außerdem hatte sie an der „Wharton School of Business“ studiert und einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften.
    Als Alex’ Mutter sie das erste Mal gesehen hatte, hatte sie sie nachher als „Frankensteins Braut“ bezeichnet. „Weil du versuchst, eine zweite Rosa zu erschaffen“, hatte sie zu ihm gesagt.
    Alex zuckte bei der Erinnerung innerlich zusammen. Seine Mutter hatte ihn immer nur allzu gut durchschaut; er wünschte bloß, er hätte sie so gut gekannt wie sie ihn.
    Trotz der Vorbehalte seiner Mutter hatte er von Anfang an eine sehr enge Arbeitsbeziehung zu Gina gehabt. Sie wusste, was er dachte, und unterstützte ihn in allen seinen Vorhaben. In fast jeder Hinsicht war sie die perfekte Frau für ihn. Außer dass sie nun mal ihren Ehemann, der freiberuflich als Fotograf arbeitete, sehr liebte.
    Gina freute sich auf die Herausforderung, die das neue Büro in Newport darstellte. Sie würde im Herbst zur Partnerin der Firma befördert werden.
    „Eine riesige Arche auf Vordermann zu bringen, nachdem gerade deine Mutter verstorben ist, kann man eigentlich nicht als Urlaub bezeichnen“, sagte Gina mit der für sie typischen Direktheit. „Außerdem hast du abgenommen. Du siehst beschissen aus.“
    „Genauso fühle ich mich auch. Wie sollte ich mich deiner Meinung nach denn sonst fühlen? Ich bin übrigens noch nicht bereit, über den Tod meiner Mutter zu reden, also fang gar nicht erst damit an.“
    „Okay“, sagte sie und ging zur Eingangstür. „Dann reden wir übers Geschäft. Ich hielte Risikoprämien für Depressionen und Suizid für eine gute Idee.“
    Alex fand es seltsam, dass sie Depressionen erwähnte. Niemand hatte das Wort bis jetzt in den Mund zu nehmen gewagt, aber so war Gina nun mal. Sie trug ihr Herz auf der Zunge, und eigentlich sprach sie nur das aus, worüber Alex seit jenem Morgen nachdachte, als er am Telefon die Hiobsbotschaft erhalten hatte. Falls seine Mutter wegen Depressionen in Behandlung gewesen war – warum hatte die Therapie keinen Erfolg gehabt? Und warum hatte sie sich ausgerechnet an diesem Tag das Leben genommen? Was war vorher passiert?
    „Aha“, meinte Gina, nachdem sie eingetreten war, „das ist also die Sommerresidenz der Montgomerys.“
    „Ja, lang, lang ist’s her. Möchtest du etwas trinken?“
    „Nein, danke.“ Sie sah aus dem Erkerfenster im Vorraum und seufzte. Dann schlenderte sie durch die Räume im Erdgeschoss und bewunderte die hohen Fenster und die Holzschnitzereien aus dem späten 19.

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