Und ewig währt die Hölle (German Edition)
Augen. Erna hatte auch ein Foto von ihm. Vor ein paar Tagen hatte Nora die Wimperntusche von Mama stibitzt und ihm ein Foto von sich geschickt, mit dem Hannah-Montana-Poster im Hintergrund. «Liebe Grüße, Nora, 14». Erna hatte gesagt, wenn sie schrieben, dass sie erst zehn waren, würde ihnen garantiert keiner der süßen Typen antworten.
Plötzlich hatte sie wieder Mamas Bild vor Augen. Tränen schnürten ihr die Kehle zu. Mama auf dem Teppich, Mama auf dem Teppich …
«Geh weg!», schrie sie. «Geh weg!»
Im selben Moment kam ihr Vater zur Tür herein.
«Ruhig, mein Schatz, es ist bald vorbei!»
Er griff nach ihrer Hand.
«Komm, wir fahren.»
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Kapitel 31
Er drückte ein wenig an den Tomaten herum, ehe er drei aussuchte und sie vorsichtig in die Tüte legte. Er ließ den Blick an den Regalen entlangwandern. Nahm sich Zeit. Die Auswahl bei «Gutta på Haugen» war reichhaltig, aber das Wichtigste war die Nähe zum Geitmyrsveien. Er spreizte die Finger und rieb seine rechte Hand an der Jackentasche, um wieder ein Gefühl zu bekommen. Er konnte nicht mehr länger im Laden bleiben. Das Risiko, jemandem aufzufallen, war zu groß. Überhaupt war er sehr darauf bedacht, sich an jedem Ort nur kurz aufzuhalten. Im Auto, auf der Bank, an der Bushaltestelle, in der Kaffeebar, im Feinkostladen. Am wichtigsten war, dass er von überall dieselbe Sicht hatte. Er nahm eine Aubergine und legte sie in seinen Einkaufskorb. Die Blonde hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber das zeigte nur, wie wichtig es war, alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Irgendwann würde sie die Wohnung ja wieder verlassen, und dann …
Er blieb stehen. Ein hochgewachsener Mann im grauen Mantel schloss die Ladentür hinter sich und ging eilig an der Käsetheke vorbei. In der linken Hand hielt er eine kleine, weiße Mütze und ein paar rosa Kinderhandschuhe. Offenbar hatte er wenig Zeit, er steuerte direkt auf die Gemüseabteilung zu. Als sie noch einen Meter voneinander entfernt waren, wechselten sie einen Blick, und über das Gesicht des Kommissars huschte ein Ausdruck des Wiedererkennens.
«Ach, hallo», murmelte Lykke und lächelte kurz.
«Hallo», erwiderte er, senkte die Schultern und ging auf die Kasse zu.
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Kapitel 32
Parisa klickte auf «Suche».
Es dauerte weniger als drei Sekunden. Einkommen: 0. Vermögen: 107886412. Sie starrte auf die Zahl und ertappte sich dabei, dass sie die Stellen zählte. Haakon Stang war über hundert Millionen Kronen schwer.
Kein Wunder, dass die Kellner so aufmerksam gewesen waren. Aber seltsam, warum hatte sie seinen Namen noch nie vorher gehört? Sie rief Wikipedia auf. Null Treffer. Google: nur Steuern und Vermögen. Nach zwanzig Minuten Suche im Web machte sie Pause, ging die Treppe zur Kantine hinauf und kaufte sich eine Cola light. Die Bachforelle war ziemlich salzig gewesen.
Wieder zurück im Büro, fiel ihr nur noch eine Stelle ein, wo sie suchen konnte.
Zwanzig Minuten später hatte sie ihn. Der junge Mann auf dem Foto war siebenundzwanzig, festgenommen wegen schwerer Körperverletzung.
Parisa las den gesamten Bericht.
Ein feuchtfröhlicher Abend in der Stadt hatte mit einer Schlägerei vor der Disco Baronen & Baronessen geendet. Eine gebrochene Nase, Gehirnerschütterung und vier gebrochene Rippen, dazu beschädigtes Inventar. Unter anderem war ein Wolfsfell zerrissen worden. Parisa musste die Zeile zweimal lesen. Konnte man ein Wolfsfell zerreißen? Sie trank den letzten Schluck ihrer Cola light, druckte sich die Seiten aus dem Strafregister aus und legte sie in ihre Scheibtischschublade.
Das musste noch nichts heißen. So mancher anständige Bürger hatte sich schon im Suff völlig vergessen, nicht zuletzt in dieser Disco. Andererseits war Haakon Stang damals zu dreißig Tagen Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Das bedeutete mit ziemlicher Sicherheit, dass er auch vorher kein Unschuldslamm gewesen war. Der Vorfall war von einem Geir Ankerdalen angezeigt worden. Sicher der Mann mit der gebrochenen Nase, dachte Parisa. Sie startete eine neue Suche im Strafsachenregister, ohne irgendetwas über Ankerdalen zu finden. Eine rasche Kontrolle auf Indicia ergab dasselbe negative Resultat.
Blitzartig kam ihr eine Idee, und sie tippte «Boeing 737 Jungfernflug» ein.
9. April 1967. Kein Zweifel, Haakon Stang kannte sich tatsächlich mit Flugzeugen aus.
Parisa zog die Schublade auf und betrachtete das Foto des
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