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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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Blick in den Raum zu erhaschen, doch an den dick verschleierten Köpfen der Nonnen vorbei war das nicht möglich. Bruder Sandizells Stimme blieb deshalb körperlos für sie. Allerdings war sie gerade wieder verstummt, zugunsten leiserer Stimmen.
    Mathilda war sicher, dass die Äbtissin so einen Vortrag nicht wiederholen würde. Irgendwie schlugen die Wogen der Erregung ständig viel zu hoch.
    Schließlich hörte sie Gelächter und Sandizells erheiterte Stimme: „Nein, nein, keine Frauen. Die Benediktiner trennen schärfer als Alto oder unsere Birgitta. Nonnen hat es hier keine mehr gegeben. Die lebten damals in Altdorf, ebenfalls ein Welfen-Hauskloster. Aber dadurch komme ich gleich zum nächsten interessanten Vorkommnis rund um unser Kloster: Graf Welf der Vierte war kinderlos verstorben. Sein Vermächtnis ging zugunsten des Klosters Altdorf.“
    Sandizell lachte dröhnend. „Der hatte wohl nicht damit gerechnet, ohne Nachkommen zu sterben, sage ich Euch! Sonst hätte der sich was anderes überlegt, statt das gesamte Erbe des Welfengeschlechts ein paar Nonnen zu vermachen.“
    Diesmal klatschte die Äbtissin sofort und schrie: „Ruhe im Saal! Sonst brechen wir den Vortrag hier ab.“
    Das aufkeimende Gezische und Gemurmel erstarb daraufhin rasch wieder.
    „Bruder Sandizell, bitte.“
    Die Stimme der Äbtissin krächzte ein wenig erschöpft, fand Mathilda.
    Sandizell klang deutlich gemäßigter, als er fortfuhr: „Seine Mutter, Irmentrudis, genannt Imiza, erkannte das Testament einfach nicht an, ließ den Sohn ihrer Tochter aus Italien holen und setzte den zum Erben ein.“
    Er zögerte einen Moment, und Mathilda stellte sich vor, wie er einen Blick auf die erzürnte Äbtissin warf.
    „Das gefiel den Nonnen natürlich überhaupt nicht, und sie protestierten heftig.“
    „RUHE“, schrie die Äbtissin sofort in den völlig stillen Raum hinein.
    Schweigen. Sogar Bruder Sandizell schien es die Sprache verschlagen zu haben.
    Es war die erheiterte Stimme des Priors, die schließlich sagte: „Ich glaube, Ihr könnt fortfahren, Bruder Sandizell.“
    Der räusperte sich erst einmal vernehmlich: „Um den Widerstand der aufgebrachten Nonnen zu brechen, verfiel Irmentrudis auf eine raffinierte Idee. Sie sagte, dass sie den dringenden Wunsch verspüre, selbst ins Kloster einzutreten. Weil sie aber nach Bescheidenheit strebe und ihr Altdorf zu prunkvoll erscheine, ordnete sie an, dass die Altdorfer Nonnen mit den Altomünsterer Mönchen die Klöster tauschen sollten. Somit hatten die Nonnen anderes zu tun, als sich über die entgangene Erbschaft zu ärgern. Den Mönchen war diese ganze Sache egal, sie war ja ohnedies nicht für sie gedacht gewesen.“
    Aus dem Saal schwappte vielstimmiges Seufzen, jedoch wagte niemand mehr, seine Stimme zu erheben und Bruder Sandizell konnte ungehindert fortfahren: „Und so geschah es im Jahre 1056, dass aus dem Männerkloster Altomünster ein Frauenkloster wurde. Irmentrudis wurde tatsächlich noch ins Kloster aufgenommen, verbrachte ihre letzten Lebensjahre hier und wurde auch hier beigesetzt. Und im Kloster Altomünster herrschte wieder für über vierhundert Jahre Ruhe.“
    „Nun kommt Ihr endlich ins Spiel!“
    Es war eindeutig Mutter Klöblins markante Stimme, die die Stille schrill durchschnitt.
    Mathilda hatte nur einen Moment Zeit, sich darüber zu wundern, dass sich Mutter Örtlerin nicht einmischte, da fuhr Sandizell auch schon fort:
    „Ganz recht, Werteste, ganz recht.“
    Er räusperte sich schon wieder: „Vor meinem Eintritt ins Birgittenkloster Maihingen war ich im Dienste Georgs von Bayern-Landshut, auch genannt der Reiche, gestanden. Daher kannte ich ihn recht gut. Als der sich plötzlich dafür interessierte, ein Kloster zu gründen, konnte ich ihn davon überzeugen, dass dies unbedingt ein Birgittenkloster sein müsse. Zunächst einmal sollte dieses Kloster in Landshut entstehen. Dazu aber brauchte Georg die Erlaubnis vom Papst selbst.“
    In der Stimme Sandizells schwang eindeutig Stolz mit.
    „Ich war es, der im Jahre 1485 die beschwerliche Reise unternahm und von Papst Innozenz dem Achten die Genehmigung dafür erwirkte. Doch Herzog Georg zögerte noch immer. Es erschien ihm zu teuer, ein ganzes Kloster zu errichten. Als aber das Benediktinerinnenkloster Altomünster im Jahre 1488 durch eben diesen Innozenz aufgelöst wurde, war Georg begeistert. Die Klostergebäude waren vorhanden, wenn auch ein wenig heruntergekommen, es gab Klosterbesitz, der zwar nicht

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