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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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gründen. Und von daher waren wohl beide im Maihinger Konvent, aber er war ja fast nie da.“
    Das klang doch wirklich so, als ob er sich auf eine 'gottesfürchtige' Weise seiner Frau entledigt hätte, oder? 'Bis dass der Tod Euch scheidet – es sei denn, Euch fällt ein, in ein Kloster einzutreten'.
    „Naja“, sagte Katharina. „Hier waren sie doch wieder zusammen.“
    „Zusammen?“, fragte Mathilda angriffslustig. „Du meinst, die beiden haben sich jeden Tag durchs Klausurgitter zugewunken?“
    „Vielleicht haben sie sich ja heimlich getroffen.“ Katharinas Augen glänzten vor Abenteuerlust. „Im Finsteren Gang. Der eignet sich gut dafür.“
    Mathilda schauderte. Ja, für Heimlichkeiten war das dunkle Loch bestimmt wunderbar geeignet. Aber ob ein Liebespaar in einem Kloster das wirklich wagen würde? Die Angst vor Entdeckung wäre doch einfach zu groß, oder? Wie die Äbtissin auf einen derartigen Skandal reagieren würde, konnte sie sich nicht einmal ansatzweise vorstellen. Und davon abgesehen: Musste man sich nicht auch fragen, ob eine verstohlene Umarmung im Finsteren Gang dann und wann auch nur annähernd ein gemeinsames Leben ersetzen konnte?
    „Ach was“, lachte Edeltraud gerade auf. „Die waren hier sicher nicht mehr zusammen.“ Sie überlegte kurz und schränkte dann ein: „Zumindest nicht oft. Eva war diejenige, die immer da war, seit der Gründung. Aber sie ist schon nach ein paar Jahren gestorben. Ich glaube, es war 1503. Bruder Sandizell dagegen war stets ein unruhiger Geist und ständig unterwegs. Das hat ihm ganz schöne Schwierigkeiten bereitet.“
    Schwester Öflerin führte sie unverzüglich hinauf zum Frauenchor. Wahrscheinlich stand Sexta kurz bevor. Aber noch waren sie nicht dort, mussten erst die Treppen hochsteigen und den langen Korridor entlanggehen. Genug Zeit also, sich noch ein wenig zu unterhalten.
    „Welche Schwierigkeiten?“, knüpfte Mathilda an Edeltrauds letzte Worte an.
    „Er wurde entweder eingesperrt, weil er sich zu wenig in Klausur aufgehalten hat, oder ist aus der Ordensgemeinschaft ausgeschlossen worden.“
    „Aber er ist doch noch hier“, wandte Mathilda ein.
    „Ja“, nickte Edeltraud. „Weil die damalige Äbtissin, Mutter Klöblin, ihn immer wieder aus dem Kerker herausgelassen oder wieder aufgenommen hat.“
    „Es gibt hier wirklich einen Kerker?“, fragte Mathilda entgeistert.
    „Es gibt sogar zwei“, nickte Edeltraud. „Einer für die Männer, einer für die Frauen.“
    „Wer kommt da rein?“ Mathilda war völlig entsetzt. Kerker war etwas für Mörder und vielleicht Diebe. Aber doch nicht für Mönche und Nonnen!
    „Offensichtlich jeder, der sich verhält wie Bruder Sandizell“, antwortete Katharina sofort.
    „Wer zu fliehen versucht“, ergänzte Edeltraud. „Aber das ist, seit ich hier bin, noch nicht passiert.“
    Mathilda schwieg. Ihr war plötzlich ganz kalt geworden. Wenn jemand nicht mehr hier bleiben wollte, kam er also in den Kerker?
    „Woher weißt du das alles?“ Katharina musterte Edeltraud erstaunt. „Hast du mit Schwester Glaubrecht Kontakt gehabt?“
    „Ach was“, schüttelte Edeltraud den Kopf. „Schwester Schönratin war es, die mir das erzählt hat.“
    Als sie Mathildas Erschauern bemerkte, fügte sie hinzu: „Die kommt öfter mal ins Erzählen.“
    „Wenn ihr langweilig ist, weil sie niemanden hat, den sie piesacken kann.“
    Da lachte Edeltraud. „Womöglich.“
    Kurz darauf trennten sich ihre Wege. Edeltraud zog geradeaus weiter, zum Balkon der Laienschwestern, während Mathilda und Katharina in den Frauenchor eintauchten. Gedankenverloren stellte Mathilda sich an ihren Platz und ließ ihre Augen über die übrigen Bänke schweifen. Wo Eva von Sandizell wohl gesessen hatte? Wenn sie Laienschwester gewesen wäre, hätte sie vom Balkon aus ihren Mann bei den Laienbrüder sehen können.
    Hätte sie an Evas Stelle das gewollt? Bei jeder Hore einen vielsagenden Blick aus der Ferne? Sie runzelte die Stirn. Wie wäre das für sie selbst – wenn Sebastian sich für dieses Doppelkloster entschieden hätte? Würde sie eine heimliche Beziehung mit ihm wollen?
    Ich möchte ihn sehen, spürte sie ganz stark. Ich möchte, dass er mich sieht. Und wenn es nur aus der Ferne wäre.  
    Und wenn sie sich wirklich im Finsteren Gang treffen würden? Wenn er ihre Hand nehmen und sie in die Dunkelheit ziehen würde? Um sie dort ...
    Ihr Herz klopfte schnell. Das war eine aufregende Vorstellung, ohne Zweifel. Fast wie aus einem

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