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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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paar Tage dort verbringen. Und in aller Ruhe weitersehen.“
    Arno hatte die Stirn gerunzelt. Gezögert. „Auch du hast dir eine solche Atempause genommen – aber du wirst nie an deinen alten Platz zurückkehren.“
    Und das machte ihm Angst, auch jetzt noch. Mehr Angst, als er je zuvor in seinem Leben gehabt hatte.
    „Weil ich nicht mehr zurück will“, hatte Johannes schlicht festgestellt.
    „Aber ich will ...“ Arno war verstummt. Das war es doch, was er nicht wissen konnte. Was zu wissen für ihn überflüssig war, weil er doch die Freiheit nicht hatte, woanders zu sein. Was ihm trotzdem so panische Angst einflößte, dass er lieber gleich gestorben wäre, als von hier wegzugehen.
    „Du wirst zurückkommen, weil Mathilda hier ist.“
    Johannes' Worte hatten fast wie ein Versprechen geklungen. „Für dich ist dieser Ort mit beiden Möglichkeiten verbunden.“
     
    „Ich werde zurückkommen.“ Arno hatte das Bedürfnis gehabt, das laut auszusprechen. Und tat es auch jetzt, hier, im Niemandsland zwischen seinem Kloster und der äußeren Welt. Denn wenigstens das war sicher. Das konnte er sich versprechen.
    „Ich werde zurückkommen. Ich werde zurückkommen!“ Er wandte sich zum geschlossenen Tor um. „ICH WERDE ZURÜCKKOMMEN“, brüllte er dagegen, den Wallach in nervöses Tänzeln versetzend. Versöhnlich streckte Arno die Hand aus, um dem Tier auf den Hals zu klopfen.
    Er hatte keine Ahnung, in welchem Zustand er sich befinden und wohin er sich am Ende wenden würde. Aber zuerst einmal würde er zurückkommen – nachher.
    In neu aufwallender Entschlossenheit packte er die Zügel fester und führte das Pferd auf die Straße nach Norden, nach Pipinsried. Zunächst würde er selber zu Fuß gehen, bis er erschöpft wäre. Das würde ihm guttun.
    Und noch ehe er die kleine Steigung hinter dem Frauenkonvent erreichte, war ihm der Energieschwall anscheinend zu Kopfe gestiegen. Hier ging er, stetig schneller werdend, hinaus in die weite Welt. Zu dieser Reise hatte er sich entschlossen. Und warum sollte er nicht so tun, als ob er auch sie hätte: die Entscheidung zwischen zwei Leben?
    Ich tue so, als ob ich mich entscheiden könnte, dachte er bewusst und beschleunigte seinen Schritt erneut. Wenn ich schon reise, dann so.  

Und hoffen darf man alles
     
     
    Es war zu still, um normal zu sein. Mathilda riss an der Klinke zur Unterrichtsstube. Leer. Sie machte kehrt, ließ die Türe einfach offenstehen und ging zur Treppe. Heute würde sie keine Zeit damit vertun, auf Arno zu warten. Sie würde zu ihm gehen, wenn er es noch immer vorzog, sich im Skriptorium zu verkriechen.
    Alles war so still heute, kein Stimmgemurmel drang aus dem Schreibsaal. War das ein schlechtes Zeichen? In ihr versteifte sich alles, als sie anklopfte und sofort die Türe zum Männerteil öffnete.
    Er ist nicht da. Ein Blick – und sie sackte ein Stück in sich zusammen. Bruder Sandizell, Heussgen und Hartwig. Drüben auf der Frauenseite Katharina, Schwester Öflerin und Mutter Klöblin. Sie alle waren da und sahen von ihren Unterlagen auf, zu ihr.
    „Entschuldigung.“ Sie versuchte, die Enttäuschung über Arnos Fehlen nicht in ihre Stimme fließen zu lassen. „Ich ... weiß nicht so recht, was ich arbeiten soll. Wo ist denn Pater Arno?“
    „Hat man Euch das nicht gesagt?“, fragte Pater Heussgen sofort und erhob sich.
    „Einfach dort weiterarbeiten, wo Ihr aufgehört hattet“, sagte Hartwig lapidar und beugte sich desinteressiert über seine Unterlagen. „Wie immer halt.“
    Katharina lächelte Mathilda an und zog die Schultern hoch. Die hatte wohl auch keine Ahnung. Mutter Klöblin schnaubte nur leise. „Immer diese Störungen.“
    Schwester Öflerin warf ihr einen ernsten Blick zu: „Du bist auf der falschen Seite, Mathilda.“ Sie deutete auf das Trenngitter. „Wenn duhierher kommst, dann auf die Seite der Nonnen. Du kannst dich wegen dieses Vergehens im nächsten Schuldkapitel selbst anklagen.“ Bedächtig tunkte sie ihre Feder in das Tintenglas und lenkte den Blick auf ihre Arbeit.
    „Oder soll ich das tun?“
    „Na, na. Sie hat ihren Lehrer gesucht und der hält sich nun mal auf dieser Seite des Raumes auf.“ Pater Heussgen war schon bei ihr und wies zur Türe. „Ich geleite Euch hinunter, dann könnt Ihr mir alle die Fragen stellen, die Euch von Eurer Arbeit abhalten.“
    Mathilda schien, als zwinkerte er, als er sich plötzlich umwandte: „Natürlich nur, wenn Ihr diesbezüglich nicht instruiert seid, Bruder

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