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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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das bedeutet doch ...“
    „Gar nichts“, unterbrach er sie harsch. „Das bedeutet noch gar nichts.“
    „Was?“ Sie war viel zu laut, dieser Schrei musste bis in die Kirche zu hören gewesen sein. Sie musste leiser reden.
    Doch noch ehe sie etwas sagen konnte, sprach Arno schon weiter: „Darum geht es nicht. Und ich ...“ Er brach ab, holte tief Luft und begann erneut. „Ich bin nur deswegen zurückgekommen, weil ich Sorge tragen wollte. Für dich, dass du von hier entkommst. Was dann geschehen ist ... ich bin nicht sicher, ob es richtig war.“
    Sie rang nach Luft, sich ein Nicken ab – und versuchte, klar zu denken. Er sprach die Wahrheit aus, das wusste sie. Dennoch schien ihr, als spräche er eine andere Sprache. Die sie erst in die ihre übersetzen musste.
    „Du bist zu mir zurückgekommen“, wiederholte sie ihre Worte. „Weil du das wolltest.“
    „Nein.“
    „Doch“, widersprach sie und überlegte fieberhaft, wie sie ihn übersetzen musste, um ihn endlich zu verstehen.
    „Du bist zurückgekehrt. Das hättest du nicht tun müssen“, begann sie noch einmal, um Zeit zu gewinnen, winkte mit der Hand ab, als er den Mund öffnete, um zu widersprechen. „Das bedeutet doch etwas. Für uns beide.“
    „Ich bin zurückgekehrt, um sicherzustellen, dass du wohlbehalten von hier wegkommst.“
    „Ich will ja gehen. Aber nur mit dir!“ Sie hatte die Arme nach ihm ausgestreckt und sah ihn verzweifelt an. „Und das willst du doch auch!“
    „Du willst gehen“, gab er ihr recht. „Aber das musst du nicht mit mir tun. Mit mir, an dem diese alte Schuld klebt. Die ich nicht einfach abschütteln kann und neu anfangen, als wäre ich ein unbeschriebenes Blatt.“
    Jetzt war die Qual in seinem Gesicht nicht mehr zu übersehen. „Du kannst genauso gut mit Heussgen von hier fort.“
    Sie runzelte die Stirn. Was verlangte er da von ihr? Und vor allem, warum? Wollte er sie wirklich nicht mehr? Das war nicht möglich, sie hatte es so deutlich gespürt! Verzweifelt versuchte sie in seinem Gesicht zu lesen. „Ich gehe nicht ohne dich.“
    „Aber das wäre bestimmt besser für dich. Mich hinter dir zu lassen und ohne mich glücklich zu werden.“
    Mathilda atmete schon lange nicht mehr. Sie war sicher, dass er sie eigentlich wollte. Nur hatte sich irgendetwas davorgeschoben, zwischen sie beide. Sodass sie ihn nicht mehr erreichen konnte – und er mit jedem Satz, den er aussprach, weiter von ihr weg zu weichen schien.
    „Heussgen kann auch für dich sorgen, in der ersten Zeit.“ Er brach ab, um nach einem tiefen Atemzug verzweifelt hinzuzufügen: „Vielleicht bin ich der Falsche für dich, verstehst du, vielleicht würde ich dich unglücklich machen. Ich habe schon einmal eine Frau ins Unglück getrieben. Ich kann dir keine Garantie geben, dass das nicht wieder passiert. Deswegen ist es für uns beide besser, wenn du ohne mich gehst.“
    Mathilda hatte sich aufgerichtet. Nickte. Weil er etwas gesagt hatte, was wichtig war. Was das Trennende beseitigen könnte, wieder alles gut machen – auch wenn sie es noch nicht zu fassen bekam.
    Er hatte diese andere Frau verlassen. Um deren Wohlergehen hatte er sich keine Gedanken gemacht. Um ihres allerdings schon. Und genau das machte den Unterschied aus. Er hatte gesagt: 'Weil ich sie nicht geliebt habe.' Sie, Mathilda, liebte er, das stimmte also. Nur dass er irgendwie zu dem Schluss gekommen war, dass seine Liebe nicht gut für sie war, dass sie allein nicht reichte. Und deswegen brauchte er darüber hinaus einen vernünftigen Grund dafür, bei ihr zu bleiben. Wenn sie ihm den liefern könnte, würde er verstehen, dass sie wirklich zusammengehörten.
    Indem er bei mir bleibt, kann er seine Schuld abtragen, kam ihr als Erstes in den Sinn. Oh nein, falscher Ansatz. Das würde er nur wieder umdrehen und behaupten, dass er sie dann gerade vergrößerte.
    Unwillig schüttelte Mathilda den Kopf. 'Schuld' war die ganz falsche Sprache. Die, die sein Denken bekräftigte. Aber wie dann?
    Die Idee kam wie ein Blitz und ihre Hände flogen an ihren Kopf, zerrten an der Haube, rissen sie herunter mitsamt ein paar Haaren. Ihr Zopf rutschte über ihre Kutte, weit in den Rücken. Sie fasste nach ihm, zog ihn nach vorn, nestelte am Band und zog die Strähnen auseinander.
    Arno beobachtete sie mit weit aufgerissenen Augen. Stumm.
    Dann ging sie zu ihm und sprach aus, was nur ganz vage in ihr raunte.
    „Es gibt ein Leben, da draußen“, sagte sie. „Und ich bin die Verbindung. Ich bin

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