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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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beichten, als im Kapitel auf dem Boden zu liegen oder sogar geschlagen zu werden.“
    „Das geschieht eigentlich fast nie“, sagte Katharina achselzuckend. „Und an das andere gewöhnt man sich. Ich liege fast jedes Mal.“
    „Was?“ Mathilda war entsetzt. „Warum denn?“
    „Weil ich ständig rede und – überhaupt.“ Sie deutete auf den Wasserkrug. „Aber jetzt lass uns endlich anfangen.“
     
    Sie quietschten vor Vergnügen und Schreck, als sie sich gegenseitig das eiskalte Wasser über die Köpfe laufen ließen. Und sie schnatterten in der kühlen Kammer, als ihre Haare schließlich gewaschen und nass unter einem um den Kopf geschlungenen Tuch verschwunden waren und sie nebeneinander auf dem Bett saßen.
    „Lass doch mal sehen, wie dir der Schleier steht“, kicherte Katharina und legte Mathilda das schwarze Tuch über.
    „Naja.“ Sie wiegte den Kopf hin und her. „Ohne ist es deutlich besser.“
    Hastig zog Mathilda es wieder herunter und gab es zurück. „Erzähl doch mal, warum bist du eigentlich Nonne geworden?“ Sie war doch mit Sicherheit genauso unfreiwillig hier wie sie selbst.
    „Weil ich keine Kinder bekommen möchte“, antwortete Katharina augenblicklich und im Brustton der Überzeugung.
    „Was?“ Mit dieser Antwort hätte Mathilda niemals gerechnet. „Kinder zu haben, ist das nicht die Bestimmung der Frau und damit etwas Schönes?“
    „Kinder zu haben vielleicht schon“, antwortete Katharina vielsagend. „Sie zu bekommen und bei der Geburt zu sterben, das ist es, was ich auf gar keinen Fall will.“
    Mathilda schwieg erschrocken. So hatte sie das noch nie gesehen. „Meine Mutter ist bei meiner Geburt gestorben“, gab sie schließlich zu.
    „Meine, als ich noch ganz klein war“, erklärte Katharina. „Aber zwei meiner Schwestern sind bei der Geburt ihres ersten Kindes gestorben. Eine ist verblutet, die andere hat schlimmes Fieber bekommen. Da hab ich mir geschworen, dass mir das nicht passieren wird und mich im Kloster angemeldet.“
    „Du meinst – freiwillig?“, fragte Mathilda. „Du wolltest hierher kommen?“
    Katharina zuckte fast gleichgültig mit den Schultern. „Zeig mir einen anderen Weg, der an Ehe und Schwangerschaft vorbeiführt.“
    „Du wolltest auch nicht heiraten?“
    „Heiraten bedeutet, Kinder zu bekommen“, beharrte Katharina. „Und nein, das wollte und will ich nicht.“
    „Heiraten bedeutet, mit dem Mann, den man liebt, zusammenzuleben und mit ihm alles zu teilen.“ Mit Sebastian verheiratet zu sein, war ihr immer als das Glück schlechthin erschienen. Er hätte sie geliebt, für sie gesorgt, sie wären eine glückliche Familie geworden.
    Darauf aus freien Stücken zu verzichten ... Mathilda seufzte.
    „Heiraten bedeutet, einem Mann zu gehören. Ihm ausgeliefert zu sein, ganz egal, was er mit dir tut“, stellte Katharina energisch richtig. „Und genau den Teil von ihm zu bekommen, den er dir geben möchte. Er darf dich sogar schlagen. Und wenn er will, dass du verreckst, dann verreckst du eben.“
    Geschockt über diese rüden Worte starrte Mathilda die Freundin an.
    „Ist dir das passiert?“, fragte sie schließlich.
    „Meiner Mutter“, seufzte Katharina. Doch schon im nächsten Moment war sie auf den Beinen. „Die Glocke! Es läutet zur Messe. Jetzt aber schnell.“
    Nun konnte es auch Mathilda hören. Aber es war nicht die kleine Klosterglocke, die hell und dünn zu einer der Horen bimmelte, es waren die großen Kirchturmglocken, die ihren volltönenden Klang weit übers Land schickten und damit die Menschen zum Gottesdienst riefen. Sie sprang ebenfalls auf.
    Da hatte sich Katharina bereits das Tuch vom Kopf gerissen, strich sich mit gespreizten Fingern einmal durch die noch feuchten Haare, warf sich dann sofort den Unterschleier über, faltete ihn geschickt um ihr Gesicht und schnappte nach dem Überschleier.
    Mathilda kämmte sich währenddessen eilends, flocht einen Zopf, schlang das Band ums Haarende. Dann, reichlich spät, rannten sie los.

Ebenso sollen sie an den Festtagen öffentlich predigen
     
     
    Die Nonnen hatten sich bereits im Korridor aufgestellt und in Bewegung gesetzt, als Mathilda und Katharina angehastet kamen und ohne Umschweife – und ohne dass dies von jemandem kommentiert worden wäre – an ihre Plätze huschten. Ein wenig atemlos steckten sie die Hände unter ihr Skapulier, neigten die Köpfe leicht nach vorn und folgten dem Zug über den hoch über der Kirche liegenden Frauenkreuzgang zu dem Balkon

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