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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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Gemeinde müsste einmal in der Woche lauthals ermahnt werden: „Denkt immer daran: Dieses euer Leben dient der Vorbereitung auf Gottes wunderbare Ewigkeit. Ihr werdet sein himmlisches Manna nur kosten dürfen, wenn ihr irdischen Genüssen entsagt und euch dem Ewigen zuwendet.“
    Seine leicht krächzende Stimme donnerte durch die Kirche, als er über die Wirtshäuser schimpfte, die seiner offensichtlichen Meinung nach eine sehr ernstzunehmende Bedrohung darstellten. Danach ermahnte er die Frauen, ihre Kinder mehr zum Gebet anzuhalten und selbst jeden Abend Andacht zu halten.
    Dann war er endlich fertig. Während die Nonnen auf dem Balkon leise aufseufzten, eilte er zum Altar zurück, wo Pater Arno und der andere Priester, ein deutlich älterer Mönch, sich bereits erhoben hatten.
     
    Nach der Messe blieben die Nonnen still auf dem Balkon stehen und beobachteten die Menschen, die mit erleichterten Gesichtern dem Ausgang zustrebten.
    Erst als sich die Kirche gänzlich geleert hatte, stellten sie sich ruhig auf und zogen in feierlicher Prozession und leise singend den Frauenkreuzgang entlang, rund um die ganze Kirche.
    Mathilda, wieder an letzter Stelle, folgte ihnen schweigend. Sie nutzte die Gelegenheit, die Kirche von allen Seiten betrachten zu können. Dass sie aus diesem Grund nicht so andächtig war wie die anderen – nun ja, es würden schließlich noch viele Sonntage kommen, an denen sie nicht mer mehr anderweitig beschäftigt sein würde.
    Eine Woche war sie jetzt hier. Erst eine Woche. Doch sie hatte das Gefühl, es müssten schon Monate sein – oder gar Jahre. So viel war geschehen inzwischen. Neue Eindrücke, interessant und abschreckend und langweilig und traurig. Ihr Gemütszustand schwankte in einem fort zwischen Angst und Trostlosigkeit und Freude und Zuneigung – und Wut.
    Aber sie war hier. Sie war hier, im Kloster Altomünster, angekommen und – lebte hier. Oft einsam, aber auch mit Katharina zusammen. Und nicht mehr mit Vater – und Sebastian.
    Aber so war es, es hatte keinen Sinn, sich gegen ihr neues Leben hier zu sperren. Sie musste sich einlassen. Und deswegen musste sie sich von ihrem alten Leben trennen. Das war traurig. Sehr sogar. Und doch ...
    Die beiden Menschen, die sie liebte, verlangten es von ihr. Aus Gründen, die jeweils nichts mit Mathilda und ihren Bedürfnissen und Plänen für ihr Leben zu tun hatten. Vielleicht war es ungerecht von ihr, besonders ihrem Vater gegenüber, aber das machte sie wütend. Noch immer. Und es erfüllte sie mit einer Art Trotz. Die beiden Männer hatten dafür gesorgt, dass sie keine Wahl gehabt hatte, als Nonne zu werden. Warum sollte sie dann daran leiden? Besonders Sebastian verdiente nicht, dass sie um seinetwillen litt, sie gönnte es ihm nicht. Und Vater litt selbst genug.
    Nein, sie wollte nicht mehr leiden. Sondern ihr Bestes geben, sich bemühen, diesem Leben so viel wie möglich abzugewinnen.

Montag, 24. Oktober 1521
    Frieren und Fasten
     
    Darnach, so das Fingerringlein gesegnet ist, soll der Bischof zu der Dienerin Gottes sprechen: Du sollst Gott und mir von seinen Wegen schaffen, dass du wollest deinen Prelaten Gehorsam sein und diese Regel nach deinen Kräften bis zum End des Lebens halte.
    Aus den Klosterregeln der Heiligen Birgitta
     
     
    „Mathilda Finkenschlagin wird bis auf Weiteres dem Holzdienst zugeteilt“, hatte die Cellerarin Schwester Eckartin am Sonntag während des Kapitels mitgeteilt. Dann hatte sie sich direkt an Mathilda gewandt und hinzugefügt: „Die Arbeit findet am Vormittag statt. Finde dich pünktlich nach der Messe in der Pforte ein.“
    Holzdienst, darunter hatte Mathilda sich herzlich wenig vorstellen können. Sicher war sie lediglich gewesen, dass sie nicht zum Bäumeschlagen in den Wald geschickt werden würde. Und so war sie doch recht neugierig am Montag in der Pforte erschienen.
    Die Arbeit selbst war ernüchternd einfach: Es ging lediglich darum, die großen Kamine im Refektorium und Kapitelsaal, in der Küche und im Redhaus mit ausreichend Feuerholz zu bevorraten.
    Dass sie wieder den Laienschwestern zur Arbeit zugeteilt worden war, zeigte Mathilda, dass niemand im Kloster so recht zu wissen schien, welchen Stand sie nun dort einnahm. Ihr selbst war es recht. Sie war gerne mit den Laienschwestern zusammen – und hatte Freude daran, einen gefüllten Holzkorb nach dem anderen durch die langen Klostergänge zu schleppen und hinter den Feuerstellen ansehnliche Stapel aufzuschichten. Zusammen mit

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