Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
an.
»Wen denn?«, fragte ich gottergeben.
»Ja, denk dir doch jemanden aus«, schlug Anneliese vor.
Jemanden ausdenken. Anneliese war als Privatdetektivin wirklich komplett ungeeignet.
»Der sollte dann aber verdächtig sein«, gab ich zu bedenken. »Irgendjemanden zu beschatten ist ja blöd.« Außerdem konnte ich jetzt, wo ich eine anständige Journalistin war, nicht jeden Quatsch mitmachen.
»Das kann doch nicht so schwer sein. Da jemanden zu finden, der ein bisserl verdächtig ist.«
Verdächtige gab’s in unserem Dorf natürlich jede Menge. Meine Lieblingsverdächtigen waren der Kreiter, der Metzger und der Troidl.
»Wenn überhaupt, sollten wir lieber rausfinden, was die im Wald gemacht haben«, wandte ich ein.
»Ach«, wehrte Anneliese ab.
»Sind die jemals freiwillig in den Wald gegangen?«, wollte ich wissen. »Die waren doch beide überhaupt nicht der Typ, der in den Wald geht.«
Ich drehte mich um, damit ich die Küchentür im Auge hatte. Vor Maarten wollte ich kein solches Gespräch führen, der petzte das bestimmt weiter.
»Ja und«, entgegnete Anneliese unmotiviert. »Wollten s’ halt mal was für die Gesundheit tun.«
Krampf. »Und dann werden sie gleich erschossen.«
Ich schüttelte den Kopf. Ich war mir ganz sicher, dass wir ein ganzes Stück weiter wären, wenn wir wüssten, wieso sie sich im Wald herumgetrieben hatten. Mal abgesehen davon, dass ich eigentlich gar nichts davon wissen wollte.
»Jetzt sag schon, wer ist jetzt verdächtig«, wollte Anneliese wissen.
Ich musste echt an meinem Durchsetzungsvermögen arbeiten. Einfach mal Nein sagen und sich nicht irgendwie herauswinden.
»Der Kreiter?«, schlug ich wenig begeistert vor.
»Ach geh«, sagte die Anneliese. »Streng dich doch ein bisserl mehr an. Der Kreiter hat doch ned den Roidl erschossen.«
Stimmt. Der hätte ihn wahrscheinlich eher mit seinem neuen Claas Axion überrollt.
»Wir könnten ja mal mit dem Metzger anfangen.«
»Mit dem Metzger?«, fragte ich ungläubig. Ich fand den Metzger auch immer verdächtig, aber bis jetzt hatte er sich ganz unauffällig verhalten. »Hat der denn ein Motiv?«
»Man braucht nicht unbedingt ein Motiv.«
Kein Motiv? Ich schwieg beeindruckt. Wahrscheinlich brauchte man da eine ganz hochgradig komplizierte Psychose, um jemanden vollkommen grundlos umzubringen.
»Ich bräuchte auch ein bisschen Hilfe«, versuchte ich sie abzulenken, wo es schon mal um Hilfe unter Freundinnen ging, und senkte etwas meine Stimme. »Die Oma hat schon wieder fünf Dosen Sauerkraut gekauft, obwohl wir noch ein ganzes Regal davon haben, und außerdem hatte sie die Herdplatte an, während sie beim Metzger war. Und Resis Hund läuft mir ständig nach.«
Den Satz »Wir sind doch Freundinnen« verkniff ich mir.
»Ich muss jetzt Essen machen«, erklärte Anneliese im Brustton der Überzeugung. »Mit Sauerkraut kannst schön Krautknöderln machen. Wir treffen uns später zur Lagebesprechung.«
Als ich auflegte, kam Großmutter wieder mit dem Maarten herein und hielt mir den Eimer für die Kartoffeln unter die Nase. Ich fragte mich nicht einmal, ob mit Lagebesprechung meine Betreuungsproblematik gemeint war oder nicht.
»Machst des sauber für mich?«, fragte sie. »Und dem Martin, dem müssten wir auch ein bisserl helfen. Der soll nämlich für den Max was über die Roidls recherchieren.« Und keiner sagt ihm was. Das sagte sie zwar nicht, aber irgendwie war das klar.
Ich starrte eine Weile auf Maartens beige Bundfaltenhose, die eine perfekte Bügelfalte hatte. Mannometer. In seinem Alter sollte man auf gar keinen Fall Bügelfaltenhosen tragen. Damit sah jeder halbwegs vernünftige Mann wie ein Nerd aus. Ich seufzte und ließ Wasser in den Eimer reinlaufen.
»Die Anneliese meint, dass die Marlis den Roidl nicht erschossen hat«, erklärte ich ihm großzügig und schüttete Spülmittel in den Eimer. Außerdem meinte sie, dass man aus vierzig Dosen Sauerkraut gut Krautknöderln machen kann.
Maarten sah mir etwas hilflos zu.
»Und die Kreszenz meint, dass er nur erschossen worden ist, weil er der Mesner war«, fügte ich sehr hilfreich hinzu. Und die Anneliese hatte richtig Glück gehabt, weil eigentlich hätte ihr Ehemann, der Thomas, das Amt übernehmen sollen, aber der faule Hund hatte halt keine Lust gehabt.
»Er war also ein sehr engagierter Mann«, analysierte Maarten. »Und gläubig.«
»Schmarrn«, erklärte ihm Großmutter kopfschüttelnd. »Der is halt ein Gschaftlhuber. Und in d’Kirch is der
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