Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
Metzger entsorgen wollte.«
»Ich dachte, die Metzgerin hat das Loch gegraben«, sagte Anneliese. »Geh, die Metzgerin wird doch keine Leichen entsorgen.«
Na ja. Vielleicht blieb ihr auch gar nichts anderes übrig. Vielleicht hatte der Metzger die letzte Leiche mit nach Hause nehmen müssen, weil der Troidl keine Lust gehabt hatte. Und die Metzgerin hat gesagt, Hans, so geht des nicht. Du kannst ned einfach deine Leichen rumliegen lassen, und ich müsst sie immer wegmachen.
»Stell dich ned so an. Des machen wir jetzt, und dann seh’n wir ja, ob’s eine Leich ist oder nicht.«
»So wichtig ist das doch auch nicht«, erklärte ich bestimmt. »Stell dir vor, wie’s für dich wäre, wenn du was Peinliches im Vorgarten vergräbst, und dann gräbt’s jemand aus. Das ist irgendwie nicht fair.«
Anneliese sah mich wirklich ausgesprochen böse an. »So ein Schmarrn. Ich grabe nie Sachen im Garten ein.«
Da wusste ich aber andere Dinge. Sie kniff die Augen zusammen. »Zumindest nicht im Vorgarten«, schwächte sie die Aussage ab.
Da hatte sie allerdings recht, es war ein Blumenbeet hinterm Haus gewesen. Und es war wirklich ausgesprochen blöde, ausgerechnet den Vorgarten für Beweismittelvernichtung zu nutzen. Aber der Metzger hatte im Garten hinten erst ganz frisch einen Swimmingpool bauen lassen und alles neu angepflanzt. Da konnte ich mir gut vorstellen, dass die Metzgerin zu ihrem Mann gesagt hat: Nur wegen deiner blöden Leich mach ich mir doch ned die ganze Anpflanzung kaputt.
»Der Swimmingpool«, erinnerte ich Anneliese. »Die haben jetzt so einen Swimmingpool hinterm Haus.«
»Ja, da hätte ich zum Beispiel meine Leichen unten einbetoniert«, erklärte Anneliese skrupellos. »Des machen alle so. Wahrscheinlich wollte der Metzger da die Marlis und den Roidl eingraben. Aber dummerweise …«
Ja. Dummerweise hat die Lisa Wild wieder zugeschlagen und alle Leichen gefunden, bevor sie einbetoniert werden konnten.
»Schmarrn«, sagte ich unsicher. »Wieso sollte der Metzger Leichen einbetonieren?«
»Wo er doch Leberkäs draus machen kann?«, rutschte es Anneliese heraus.
Ich beschloss, Vegetarier zu werden.
»Lass uns loslegen!«
Aber was konnte schon passieren. Schließlich waren die Kreszenz und ihr Mane zu Hause, die würden uns garantiert zu Hilfe eilen, wenn der Metzger mit seinem Hackebeilchen aus dem Haus kam. Oder seiner Glock. Andererseits war Anneliese schon immer meine beste Freundin gewesen. Und beste Freundinnen lässt man einfach nicht hängen. Außerdem interessierte es mich auch ein ganz klein wenig, was die Metzgerin eingegraben hatte.
»Du gräbst«, ordnete Anneliese an. »Ich hab meine sauberen Sachen an.«
Na prima. Das Argument musste ich mir merken.
Unschlüssig standen wir um das frisch gebuddelte Loch.
»Ich habe gegraben«, stellte ich fest. »Und du schaust jetzt, was in dem Teppich eingewickelt ist.«
Anneliese sagte gar nichts. Anscheinend hatte sie plötzlich überhaupt keine Lust mehr, unseren Fund zu begutachten.
»Jetzt wird nachgeschaut. Ich habe Blasen an den Händen«, behauptete ich, »und Rückenschmerzen.«
»Du findest doch immer die Leichen«, sagte Anneliese kleinlaut. »Kannst du dann nicht nachgucken, ob das eine ist?«
Ich stupste ein klein wenig mit meinem Fuß an das Teil. »Das ist hart. Das ist keine Leiche«, behauptete ich einfach mal. »Und jetzt mach endlich. Wenn der Metzger kommt, sind wir dran.«
Angsthase, Pfeffernase, dachte ich mir und tippte noch einmal mit dem Fuß an die Rolle, wodurch der Teppich ins Rutschen geriet und es im fahlen Mondlicht plötzlich kalkweiß schimmerte. Anneliese quietschte neben mir.
»Pscht«, fauchte ich sie an und packte sie am Arm. »Der Metzger ist doch nicht taub …«
Zu spät. Die Außenbeleuchtung ging an. Wir begannen gleichzeitig zu rennen und kamen fast nicht voran, so fielen wir übereinander. Anneliese hatte mich am T-Shirt erwischt, um meine voreilige Flucht zu verhindern oder auch um sich mitziehen zu lassen. Keuchend fielen wir auf die Autositze, während ich fieberhaft den Autoschlüssel suchte und nicht fand.
»Schnell!«, schrie mich Anneliese an. »Der Metzger, an der Tür …«
Endlich hatte ich den Schlüssel und startete das Auto. Mit heulendem Motor rauschte ich im ersten Gang die Straße entlang. Erst als wir um die Kurve waren, legte ich den nächsten Gang ein. Anneliese begann hysterisch zu kichern.
»Des war ja wie vor zwölf Jahren.«
Richtig. Wir hatten uns benommen wie die
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