Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
Vom Netzwerk:
lachen.
    Er sagte: »Ich habe eine Schachtel Farbe in den Koffer getan und einen Zettel. Sieh dich vor, wenn du jetzt mit all dem Geld nach Hause gehst.« Ein Stichwort, die Biege zu machen. Ich kämpfte mich wieder in meinen Mantel. Strom beobachtete mich und küßte mir galant die Fingerspitzen, langsam an jeder Hand, und an den kleinen Fingern saugte er sanft. Meine Knie wurden noch schwächer. Er traf meinen Blick mit seinen grünen Augen und sagte: »Du warst großartig heute. Ich könnte mich an eine Frau wie dich gewöhnen.« Und dann ging er von mir weg. Das Wort saugen rotierte wie Sirenengeheul in meinem Kopf herum. Ich ignorierte es. Lars, mein bulliger Retter, schmiß mich und den Koffer raus. Ich winkte mir ein Taxi heran. Während der Fahrt nach Brooklyn kam ich darauf, was mich in diesem Zimmer so gestört hatte: Vorhänge sollten eigentlich keine Schuhe haben.
    Meine Wohnungstür in Park Slope war unverschlossen. Ich fürchtete das Schlimmste, und das fand ich dann auch vor. Santina rührte in einer Sauce, schmachtete »Summer Wind« und knallte im Rhythmus eine Olivenölflasche auf die Theke meiner Küche. Meine vierbeinige Lebensgefährtin Otis sprang mich mit liebevoll herausgestreckten Klauen an, als ich hereinkam. Ich ließ den Koffer mit einem Rums zu Boden fallen, um sie aufzufangen, was Santina dermaßen erschreckte, daß sie einen Holzlöffel in den Topf voller Tomatensauce plumpsen ließ. Meine Küchenwände hatten sowieso Hunger. Sie sagte: »Ach, du bist’s. Mein Herz hat zwanzig Schläge lang ausgesetzt. Du siehst widerlich aus. Ich krieg’ das nicht auf. Komm her und hilf mir.« Sie hielt mir das Olivenöl hin.
    Ich sagte: »Santina, was machst du hier?« Als Hauswartsfrau im Gebäude hat sie einen Schlüssel. Als meine Ersatzmutter nimmt sie sich einiges heraus.
    »Es ist dein Geburtstag, und ich möchte, daß du glücklich bist, ist das etwa zuviel verlangt? Daß ich dich glücklich mache? Dir ein warmes Abendessen koche? Dir deinen Trübsinn wegschwatze? Wenn’s zuviel ist, dann gehe ich. Ich bin dann nicht verletzt. Du hast mich seit Wochen nicht in deine Nähe gelassen. Ich bin nicht beleidigt. Was weiß ich, wenn du unglücklich sein willst, dann sei eben unglücklich.« Kochen kann sie einigermaßen, aber was Schuldgefühle angeht, ist sie ein Drei-Sterne-Zubereiter.
    »Ich bin glücklich, o.k.? Ich bin so glücklich wie ein Schwein in der Scheiße.« Ich hatte glatt meinen Geburtstag vergessen.
    »Solche Ausdrücke stehen dir überhaupt nicht, Wanda. Mit diesem Gossenmundwerk wirst du nie die richtige Sorte Mann finden.« Sie probierte ihre Sauce und machte leckere Geräusche. »Schieb’ mal deinen Hintern hier rüber und versuch das. Ich halt’s bald selber nicht mehr mit mir aus, ich bin mit Oregano einfach brillant.« Santina Epstein ist um die Fünfzig, eine halb italienische, halb jüdische Kosmetikerin. Sie arbeitet in Adrienne Argolas Friseurladen an der Upper East Side, wo sie das Strohhaar reicher alter Damen in gesponnenes Gold verwandelt. Ihre eigenen Haare hat sie in einer blonden (gefärbten) toupierten Hochfrisur arrangiert, und sie zieht sich besser an als ihre ach so feinen Kundinnen. Sie ist eine ehemals überzeugte Junggesellin, die sich erst vor kurzem mit ihrem Freund und Mitbewohner Shlomo Zambini verlobt hat. Er ist Arzt. Sie begegneten sich in der Notaufnahme des Mount-Sinai-Hospitals, als sie sich durch eine versaubeutelte Maniküre eine Nagelbettentzündung geholt hatte. Aber das ist eine andere Geschichte.
    Ich ließ Otis auf den Boden fallen, überquerte das von Möbeln freie Wohnzimmer und gelangte in meine Durchgangsküche. Als ich nah genug herangekommen war, sagte Santina: »Herrgott, du stinkst ja zum Himmel.«
    »Arbeitsrisiko.« Sie schaute mich finster an. Sie haßt es, daß ich ein pistolenschleppender Schnüffler bin, und würde es lieber sehen, wenn ich beim Jurastudium auf Bleistiften herumkauen würde, als Blei zu schlucken. Ich probierte die Sauce, sie war göttlich. Ich erinnerte mich daran, daß ich Hunger hatte. Es war nach drei Uhr.
    Meine Wohnung, groß für die Verhältnisse in Manhattan, ist für Brooklyn eher durchschnittlich. Die vier Meter hohe Decke und der Dielenboden machen die Bude zu einem wahren Fund. Sie ist eine Eisenbahntrasse — alle Zimmer gehen von einem langen Flur ab, inklusive mein Bad mit Badewanne und mein Schlafzimmer, von einem besonders enthusiastischen Exfreund »Liebesnest« getauft. Der ganze Laden

Weitere Kostenlose Bücher