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Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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ist meistens ziemlich unordentlich (ein anderer Ex sagte mal, es sähe immer so aus, als sei ich gerade kurz davor, auszuziehen), aber so mögen Otis und ich das. Wenn sie eine Gelegenheit wittert, kommt Santina aus ihrer Wohnung runter und räumt auf. Ich habe versucht, sie zu bremsen, aber sie sagt: »Was, glaubst du etwa, ich will deine Kakerlaken oben bei mir haben?«, und damit halte ich’s Maul. Bei ihr ist es immer einfacher, den Mund zu halten.
    Ich dachte mir, eine Dusche und neue Klamotten könnten mir was Gutes tun, und so zog ich mich ins Bad zurück. Das Wasser war heiß und dampfte. Es half, den Tequilageruch und den mittäglichen Kater wegzuwaschen, aber nicht die anhaltenden Strom-Phantasien. Lust — manchmal denke ich darüber nach und kriege es mit der Angst zu tun. Das Verlangen, das allein in meinem kleinen Körper entsteht, könnte die Beleuchtung für Bagdad sicherstellen. Ich trat aus der Dusche heraus und wischte ein Loch in den Dampf am Spiegel, um mein Aussehen zu überprüfen. Nicht schlecht. Eine neue Aussicht hat immer schon Feuer durch mein Fleisch gepumpt. Und ich sah dünner aus — immer was Gutes. Ich hatte letzthin nicht viel Zeit vor Spiegeln verbracht. Eitelkeit tritt bei mir phasenweise auf.
    Ich wand ein Handtuch um meine Hüften und ein anderes als Turban um den Kopf. Santina saß auf meinem Bett, als ich herauskam. Sie hielt das bißchen, das wohl meine neue Uniform sein mußte, in die Höhe: schwarzer Ledermini mit Seitenreißverschluß und Bustier. Die Netzstrümpfe lagen verschrumpelt über ihrem Schoß. Mal wieder war sie durch meine persönlichen Sachen gegangen. Ich war zu müde, um mit ihr darüber zu streiten.
    »Die Gebrauchsanweisung schlägt dazu schwarze Pumps vor«, sagte sie.
    »Wie wär’s mit meinen Joan-&-David-Schuhen?«
    »Das hier ist ordinär und ekelhaft«, sagte sie und warf das Outfit mit Schwung hinter sich. »Nette Männer, Rechtsanwälte, Banker, Ärzte, die mögen Baumwolle und Leinen. Am liebsten: Seide. Dieses Lederzeugs ist nichts für dich. Da kenn ich mich aus.«
    »Es ist von Gaultier inspiriert, Santi. Sehr modern. Sehr aktuell.«
    Sie schnalzte ihre Abscheu. »Ich mag das hier nicht im Geringsten. Was für ein zwielichtiger, schmieriger Typ hat dir das überhaupt mitgegeben?«
    »Niemand Besonderes. Nur so’n gesetzloser Rocker. Er ist selber auch ziemlich scharf.«
    Sie blinzelte mich an. Sie konnte nicht feststellen, ob ich log. Sie sagte: »Hör mal, Frau So-tough-wie-Rohleder, provozier mich hier mal nicht. Ich hab’ selber genug Probleme, wo du dein Leben und deine Gesundheit aufs Spiel setzt, indem du dich in diesem Loch am Times Square, das du Büro nennst, verkriechst. Ich mach’ mir Sorgen um dich. Du bist verletzbar, man hat dir weh getan. Du könntest in etwas hineingeraten, das du nicht mehr kontrollieren kannst.« Sie zeigte ihre Zähne. »Diesen Alex könnte ich umbringen...«
    »Santina, halt sofort die Klappe, oder ich schwör’s dir, ich könnte dir weh tun.«
    »Und das hier«, sie schnalzte, während sie die Billighaarfarbe aus dem Koffer zupfte. Sie hielt die Packung mit zwei Fingern, als wäre vorher Fisch drin gewesen. »Benutz das, und es wird aussehen, als ob jemand deinen Kopf lackiert hat. Laß ja dein Haar in Ruhe. Solch eine natürliche Schönheit — schau dich doch mal an. Millionen von deprimierten Frauen kommen ins Argola und verlangen genau deinen Ton Rot.« Sie schmiß die Farbe in den Mülleimer am andern Ende des Zimmers. Sie landete einen Treffer — zwei Punkte.
    »Schwarz ist dramatischer.«
    »Du bist dramatisch genug. Du trägst eine Pistole, um Himmels willen. Aber«, gab sie nach, »wenn du das schon machen mußt, dann laß mich es wenigstens richtig machen. Hör mir mal zu, hörst du überhaupt zu? Ich gehe in den Laden und hol da was. Mein Geburtstagsgeschenk für dich. Wir werden Spaß haben. Essen, reden, färben. Wenn du eine Schlampe sein willst, bitte, ich werde dich billiger aussehen lassen als den Wühltisch bei Woolworth’s.«
    »Das wäre einfach genial«, sagte ich. Ich machte es ihr schwer, aber Santina, Nervensäge, hat alles im Griff. Sie düste raus, ganz aufgeregt vor lauter Zielbewußtsein, voller Energie, nachdem sie nun gebraucht wurde. Sie hatte mir gar keine Schlacht geliefert, überhaupt keine schwitzkastenartig-dezenten Überredungsversuche. Das sah ihr an sich nicht ähnlich.
    Endlich allein. Es kam mir bekannt vor. Ich preßte die winzigen Fetzen Leder über meine

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