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Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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letzte, was wir brauchen können, ist irgendeine naive, verknallte Privattante, die alles vermasselt.«
    »Verknallt? Ich würde dich sogar lieber küssen«, log ich.
    »Hoffentlich meinst du das ernst, Schätzchen.«
    Sie stiegen in ihr Polizeiauto. Bucky rollte das Beifahrerfenster herunter und sagte ernsthaft: »Er ist ein Lügner, Mallory. Glaub ihm nichts.« Nach diesem Ratschlag sausten sie die First Avenue hoch und ließen mich besoffen und bibbernd im Wind stehen, voller gefährlicher Ideen.
    Das Gebäude des Blood-&-Iron -Hauptquartiers hatte — es war einmal — eine rote Backsteinfassade gehabt. Die Strorn- B-tef-I-Ära. hatte für das Äußere des Gebäudes gewisse Innovationen durch das moderne Medium der Sprühdose bedeutet. Die gesamte Fassade war damit bedeckt — manche besonders unternehmungslustige Rocker-Brutolskys mußten sich da ein Gerüst hingestellt haben. Die Sprüche erinnerten mich an das Baumhaus meiner Nachbarn in New Jersey: ZUTRITT FÜR ZIVILISTEN VERBOTEN, ZUGANG UNTER ANDROHUNG SCHAUERLICHER STRAFEN UNTERSAGT, UNBEFUGTE WERDEN VERSPEIST. Des weiteren fanden sich Variationen des Sujets RETTET DIE MÄUSE — LUTSCHT EINE MUSCHI. Jede Menge B-&-I- Logos. Die Farben sahen schön aus. Die vordere Tür war rot wie zwei riesige Lippen. Ich ging auf sie zu, als die Ampel grün wurde. Während ich näher kam, öffnete sich quietschend die Tür. Lars stand dahinter. »Folge mir«, sagte er, und das tat ich.
    Das Innere hatte schwarze Wände und noch mehr Graffiti vorzuweisen, manche zogen sich über — dem Ort angemessene — Wandmalereien von Fledermäusen und höllischen Monstern mit Flügeln hin. Ein schwerer Kerzenleuchter hing von der Decke. Es gab hinten sowohl eine Treppe als auch einen Aufzug. Irgend etwas war nicht in Ordnung. Obwohl zig Maschinen sich auf dem wilden Parkplatz drängten, war das Hauptquartier still, fast feierlich, wie eine Kirche. Ich fragte Lars, ob Blood & Iron über alle drei Etagen verfügte. Er nickte und machte mir ein Zeichen, unter einem Bogen in der östlichen Wand nach links zu gehen. Über dem Bogen war das Konterfei des Satans selbst gemalt, mit einer großen blonden Perücke und falschen Wimpern geschmückt. Eine Zigarettenspitze war zwischen seine klauenartigen Finger geklemmt. Er lächelte Rauch.
    Kurze Abschweifung: Es gibt zwei Arten von Leuten auf der Welt — Standortmenschen und Nichtstandortmenschen. Die ersteren verändern sich in ihrer Persönlichkeitsstruktur in Abhängigkeit von dem Ort, an dem sie sich befinden. Dies unterstützt die Theorie, daß Orte Seelen besitzen wie Menschen auch und daß eine Bude, die für Standortmenschen ungemütlich ist, auch von einem bösen Geist besetzt ist (das habe ich im New Age Journal gelernt). Ich bin eigentlich nicht ein dermaßen differenzierter Typ Mensch. Wo ich mich aufhalte, ist eigentlich gleich für mich — jedwede Abweichung meiner Gemütsverfassung hängt eher davon ab, wo ich mich gerade in meinem Monatszyklus befinde. Tief in den Eingeweiden des Hauptquartiers fing ich allerdings an, mich zu fragen, ob ich mit zunehmendem Alter sensibler wurde. Aus gar keinem besonderen Grund konnte ich diesen Laden nicht ausstehen.
    Wir traten in einen Raum ein, den Lars Bibliothek nannte, in dem aber kein einziges Buch zu sehen war.
    Das Zimmer war dunkel und riesig und entsprach dem, was sich ein Vortortvillenbubi unter einem Geisterhaus vorstellen würde. Ein riesiger Schreibtisch und einige Stühle standen auf einem Perserteppich herum. Es gab einen Kerzenleuchter an der Decke, der aber nicht angezündet war. Leuchter mit elektrischen Kerzen säumten die eine Backsteinwand, und zwei hohe Fackeln dräuten hinter dem Schreibtisch. Die anderen Wände waren durch bodenlange Vorhänge verdeckt, die alle eventuell vorhandenen Fenster verbargen, genau wie im Outhouse. Lars sagte mir, ich solle mich auf eine Couch setzen, die mindestens drei Meter lang war und an den Seiten Troddeln hatte. Rot natürlich. Rot war hier überall. Lars lehnte sich in eine Ecke und kreuzte seine Arme über der Brust wie ein ägyptischer Sklaventreiber. Ich konnte nicht anders, als in den riesigen gerahmten Spiegel an der gegenüberliegenden Backsteinwand zu schauen. Meine Haut schien durchsichtig, und meine Haare sträubten sich vor elektrischer Spannung. Auf jeden Fall gruselte ich mich.
    Strom schritt mit einem Koffer herein, seine Springerstiefel polterten dabei über den Boden. Er setzte sich hinter den Schreibtisch und riß

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