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Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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hundertmal, die ich zu diesen Süßen »Hallo, wie geht’s?« sagen wollte, hatte ich immer gezögert. Drei Gründe: Angst vor Zurückweisung, Angst vor beidseitiger Unzulänglichkeit und schlicht und einfach Angst davor, daß das Scheusal ein axtschwingender Mörder sein könnte oder, durch einen grausamen Zufall, jemand, dem ich Geld schulde. Die Leute sagen, New York ist ein schlechter Ort, um Männer kennenzulernen. Ich müßte da widersprechen. Ich sehe dauernd Leute, die sich verlieben. Wahre Liebe existiert wirklich, aber ich glaube nicht, daß es sie für mich gibt. (Maestro, den Klang Tausender kleiner Violinen, bitte.)
    Man stelle sich vor, ich, umgeben von Männern, die mich erwartungsvoll und neugierig anglotzen und sich wundern, ob ich all das bin, was ich zu sein scheine. Die meisten sind jung und kraftvoll und tragen schwarze Schuhe. Wenn ich mich nur mehr wie ein bikinibekleideter Cheer Leader fühlen würde, die sich in Kürze in den Umkleideraum des Gewinners begibt, und weniger wie eine Verbrecherin. Ich steh’ sowieso nicht auf Männer in Uniform. Und vor allem nicht auf Bullen.
    Unter dem Haufen, der an diesem Dienstagnachmittag im Outhouse eingefallen war, befanden sich meine alten Rivalen Detective Dick O’Flanehey und Tom »Bucky« Squirrely, die beiden Co-Leiter der Mordkommission des New York City Police Department. Meine Abneigung gegenüber den staatlichen Schnüfflern wurde durchaus erwidert: Sie lehnen mich ab, weil ich ein neunmalkluger (weiblicher) Detektiv bin, die schon so manchen Beitrag dazu geleistet hat, die beiden bloßzustellen. Ich bin jedesmal empört, wenn sie es als ihre Pflicht betrachten, im Namen einer Pseudo-Gerechtigkeit meine Arbeit bzw. die anderer Privatdetektive zu hintertreiben. Man muß ihnen aber zugute halten, daß sie einen Mörder genauso ungern wie ich auf freiem Fuß herumlaufen sehen.
    Dick hatte wie üblich ein Teilchen unter seinen Raubritterschnurrbart geklemmt. Als er mich sah, sagte er: »Schätzchen! Mal mit einer netteren Sorte Leute unterwegs. Endlich mal ein paar neue Freunde. Das freut mich aber.«
    Bucky, so nach seinem Mutantenüberbiß benannt, sagte: »Gib’s ihr ordentlich, Dick.«
    Ich freute mich außerordentlich, die beiden zu sehen.
    Bevor sie angekommen waren, war das Kasino wie durch Zauberei in eine Bar verwandelt worden. Die Würfelspiel- und Rouletteaufbauten waren mit Pingpongtischplatten belegt worden, und weinrote Tücher bedeckten den Blackjack-Filz. Nachdem die Vorhänge aufgezogen worden waren, wusch das graue Licht, das durch die Fenster einfiel, den blutrünstigen Farbton des Raumes weg. Es war eine willkommene Abwechslung. Strom sagte mir, daß das Outhouse im Hinblick auf solche schnellen Umänderungen entworfen worden war, um sich vor überraschenden Razzien zu schützen.
    Detective Dick spulte seine Show ab. Er schickte die Uniformierten los, um die Drecksarbeit zu machen. Sie fotografierten den Tatort, malten Kreidezeichen, versiegelten irgendwas. Strom, Crip, Lars und ich saßen an einem der Pokertische und warteten auf den Ausbruch des Sturms. Ich versuchte, meine Rolle hier einzuschätzen. Ich gehörte hier zu keinem. Loyalitäten gab’s nur mir selbst gegenüber. Strom und Crip waren offensichtlich beunruhigt, daß die Bullen mich mit Namen kannten. War nun mal nicht zu ändern. Nach einigen Minuten entschloß ich mich, es mit Strom zu halten, obwohl mein gesunder Menschenverstand mich davor warnte. Was auch immer der gesunde Menschenverstand ablehnt, ist auf jeden Fall interessant.
    Der Schwarm blauer Uniformen schwirrte im Büro um Flush herum. Ich mache mir genauso viel draus wie jeder andere Unbeteiligte auch, wenn ich zufällig einer Leiche begegne. Es ist etwas, an das man sich nie gewöhnt, nicht nur wegen des Geruchs. Meine detektivische Neugier wollte wissen, wer sie war und wer sie umgebracht hatte. Ich fragte mich, ob Strom für eine Ermittlung in Sachen Mord mehr zahlen würde. Ich fragte mich außerdem, ob ich mich aus der Sache heraushalten sollte, solange das noch irgend möglich war.
    Die Bullen glotzten mich an, als ob sie mich verabscheuten. Ich rief mir in Erinnerung, daß ich nichts Falsches getan hatte. Endlich kamen die Männer in Weiß. Sie entfernten Flush, was immerhin die Spannung aufhob, die so gewichtig wie der Leichensack gewesen war. Ich lockerte meine Schultern und ließ meinen Hals auf beiden Seiten knacken.
    Die Uniformen marschierten eine nach der anderen hinaus. Dick, nunmehr

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