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Und jeder tötet, was er liebt

Und jeder tötet, was er liebt

Titel: Und jeder tötet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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Aufgaben eines Polizeibeamten. Aber er hatte sich entschieden, nicht einzugreifen. Noch nicht.
    Holger Maiwald blinzelte und versuchte, sich das Blut aus dem Auge zu wischen, das durch eine aufgeplatzte Wunde aus der Augenbraue tropfte. Doch er kam nicht mehr dazu, denn in diesem Moment kickte Michael Antonowich gegen seinen Stuhl. Der Bodyguard fiel schwer atmend zu Boden und hielt die Arme schützend über seinen Kopf.
    „Herr Kommissar“, schrie er, „jetzt tun Sie doch endlich etwas!“
    Lukas Weber blieb eine Antwort erspart. Ein Milizposten öffnete die Tür zum Vernehmungsraum und bedeutete Michael Antonowich, hinauszukommen.
    „Weber, ich bin deutscher Staatsbürger!“
    Kleinlaut fügte er an: „Bitte beenden Sie das hier. Es stimmt, der Auftrag ist aus Hamburg gekommen.“
    Michael Antonowich steckte seinen Kopf zur Tür herein und winkte Weber zu sich.
    „Nebenan sitzt Gregor Leskov, er möchte eine Aussage machen. Lassen Sie uns seine Geschichte hören.“
    Lukas Weber passte diese Unterbrechung überhaupt nicht, zwang sie ihn doch, Maiwald eine Atempause zu lassen.
    „Als aufrechter russischer Mitbürger sehe ich mich nicht mehr in der Lage, meine Hand schützend über diesen Fremden zu halten. Micha, Sie wissen, dass ich Sie mag. Deshalb halte ich es für meine Pflicht, Sie über eine wichtige Angelegenheit zu informieren.“
    „Darf ich Ihnen etwas anbieten?“ Michael Antonowich war wie sein Gegenüber auffallend höflich.
    „Danke, ich habe eben ausgiebig zu Hause gegessen.“
    „Einen Tee vielleicht?“
    Langsam gingen Lukas Weber die langatmigen Freundlichkeiten der beiden auf die Nerven. Gregor Leskov spielte vermutlich eine tragende Rolle in der Petersburger Mafia und bewegte sich in den Räumen der hiesigen Polizei so, als sei er ein guter Freund. Die Methoden der russischen und deutschen Behörden hätten unterschiedlicher nicht sein können.
    „Danke, Micha, ich will nun zur Sache kommen. Dieser Deutsche, den Sie da verhaftet haben, verdient sein Auskommen mit der Vermittlung von Hilfskräften, die verzweifelt genug sind, um auch vor Gewalttaten nicht zurückzuschrecken. Schon oft hat er dummen Bauernjungen das schnelle Geld versprochen.“
    „Furchtbar.“ Michael Antonowich tat betroffen.
    „Mir ist zu Ohren gekommen, dass zwei Jungen aus unserer Stadt in Hamburg eine Frau entführen sollten.“
    Jetzt hielt es Weber nicht mehr auf seinem Stuhl. „Wissen Sie etwas über die Auftraggeber?“
    Gregor Leskov zog irritiert eine Augenbraue hoch und taxierte den Hamburger Kommissar.
    „Natürlich habe ich keine Kenntnis über Details. Ich kann Ihnen nur so viel sagen: Holger Maiwald ist Drahtzieher in dieser Sache gewesen. Wie ich hören musste, ist einer meiner Landsleute in Hamburg zu Tode gekommen. Ich verwette meine rechte Hand, dass Maiwald auch hinter diesem Verbrechen steckt.“
    Diese Russen mit ihrer zur Theatralik neigenden Sprache raubten Weber den letzten Nerv. Hier versuchte sich gerade jemand aus der Affäre zu ziehen, trat die Flucht nach vorn an, um sich von jeder Mittäterschaft reinzuwaschen. Lukas Weber wünschte in diesem Augenblick, Leskovs Handlanger hätten dessen Ausführungen gehört. Vielleicht hätte das etwas verändert. Er wünschte, es gäbe mehr unbestechliche Leute vom Schlage Michael Antonowichs in diesem Land. Der Schmerz hämmerte noch immer gegen seine Schläfen. Weber brauchte frische Luft, wortlos verließ er den Raum und trat vor die Tür. Mit ein paar Schritten gelangte er auf den Platz vor dem Taurischen Palais. Er schaute in den Himmel, der russische Sommer brachte gerade einen wundervollen Sonnenuntergang hervor. Weber atmete auf. Umgeben von so viel Schönheit fragte er sich, warum die Menschen in diesem Land so grausam waren. Es gab nicht viele andere Orte auf der Welt, wo ein Leben so wenig zählte. Weber hatte Mühe, die Augen offen zu halten, er nahm ein Taxi und fuhr in sein Hotel zurück. Er brauchte eine Pause. Egal, was es war, es würde bis morgen warten müssen.
    Auf ihrem Weg durch die Stadt hörte Anna Greve die neuesten Fußballnachrichten. Als Fan des HFC lebte sie in aufregenden Zeiten, denn zum ersten Mal seit Jahren mischte der Verein wieder ganz oben mit. Ganz oben, das war die Champions League. Leider hatte Anna das erste Spiel nur im Radio verfolgen können. Der HFC hatte sich wacker geschlagen, Jan einige geniale Flanken geschlagen, aus denen die drei Tore hervorgegangen waren. Dass sie schließlich nur ein

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