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Und keiner wird dich kennen

Und keiner wird dich kennen

Titel: Und keiner wird dich kennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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klingelt wieder an der Tür das sind die Polizeibeamten – zu zweit versuchen sie in aller Eile, Lila die Ausrüstung anzulegen.
    »Noch nicht«, antwortet Lorenzo. »Ihr Kreislauf ist ziemlich hinüber ...«
    »Sag ihr, sie soll sich nicht so anstellen. Ihre Probleme interessieren hier keinen.« Jetzt klingt Robert Barsch wieder selbstgefällig und überheblich. Gut. So ist der Typ ihm lieber als wütend.
    Lila ist furchtbar blass. Schweigend steckt sie die Beleidigungen ein.
    »Hallo«, flüstert plötzlich eine Stimme durchs Telefon, eine Jungenstimme. Ein Adrenalinstoß durchzuckt Lorenzo. Elias , das ist Elias! Er lebt!
    »Elias!«, schreit Lila auf, sie schüttelt die beiden Kripobeamten ab, wirft sich in Lorenzos Richtung, greift nach dem Telefon.
    Doch schon tönt das leise Lachen von Robert Barsch aus dem Hörer. »So, das nur als kleine Kostprobe. Du hast deinen Welpen bald wieder, Lila. Ich freue mich schon auf dich.«

Kaninchen und Fuchs
    Es geht los. Maja wagt es, ihre Mutter zu umarmen, und Lila duldet es, nein, duldet es nicht nur, erwidert nach erstem Zögern die Umarmung. Seltsam und ungewohnt fühlt sie sich an durch die harte Weste. Maja traut sich kaum loszulassen. Was, wenn Lila nicht wiederkommt?
    »Bis später«, flüstert ihre Mutter Maja ins Ohr. Dann steigt sie, begleitet von Robert Barschs körperloser Telefonstimme, in einen roten Skoda, den die Polizei bereitgestellt hat. Dass sie überhaupt fahren kann, obwohl sie mit den Nerven dermaßen am Ende ist, kommt Maja wie ein Wunder vor. Hoffentlich rammt sie niemanden.
    Mehrere Autos stehen bereit, um ihr zu folgen, darunter ein blauer Sprinter -Lieferwagen und ein silberner VW Passat. Einer der Beamten, der sich rasch einen Maleroverall übergestreift hat, wendet sich an Lorenzo. »Schnell, steig ein. Könnte sein, dass wir dich noch brauchen für die Kommunikation mit dem Täter. Mütze auf, damit man dich nicht so leicht erkennt.«
    Lorenzo zieht sich die Wintermütze über die Ohren und gibt Maja einen hastigen Kuss. Dann klettert er auf den Beifahrersitz des Sprinters. »Shit, ich habe meine Kamera vergessen – ausgerechnet jetzt ...«, hört Maja ihren Freund noch stöhnen, dann fährt der Wagen los.
    He, Moment mal! Lorenzo darf mitfahren und ich nicht? Es ist meine Familie, um die es hier geht! Die Wut macht Maja wagemutig – sie tritt einfach auf die Straße, als der Passat anfahren will, und versperrt ihm den Weg. »Lassen Sie mich mitkommen! Bitte!«
    Der Fahrer flucht und brüllt sie aus dem Seitenfenster an: »Aus dem Weg, aber dalli!«
    Maja rührt sich nicht. Fluchend öffnet der Beamte die Beifahrertür und Maja rennt los, schlüpft in den Wagen. Dann tritt der Mann das Gaspedal durch, damit die anderen Autos ihn nicht abhängen. »Das gibt noch Ärger, Mädchen, das kann ich dir versprechen«, murmelt er, während er die Straße im Blick behält.
    »Ärger haben wir doch sowieso schon«, gibt Maja kühl zurück. »Und mein Name ist nicht Mädchen , sondern Maja. «
    »Jürgen Krempe, angenehm«, gibt der Polizist grimmig zurück. »Also, Maja. Verhalt dich bitte ruhig, und wenn ich es dir sage, nimmst du den Kopf runter, klar?«
    »Klar«, sagt Maja. Im Auto riecht es nach neuem Plastik und von Krempe dringt ein Duft nach Birkenhaarwasser zu ihr herüber. Jetzt erst kommt sie dazu, ihren Begleiter genauer zu mustern. Er hat eine Stirnglatze, schüttere graue Haare und ein rundes Gesicht mit Doppelkinn. Seine Lederjacke ist speckig, wahrscheinlich trägt er sie schon seit Jahrzehnten.
    Aus einem kleinen Lautsprecher am Armaturenbrett dringen ohne Pause Anweisungen. »Einheit A, bleiben Sie dran am Zielobjekt. Einheit B, gehen Sie etwas auf Distanz. Einheit C und D, halten Sie sich bereit ... Zielobjekt biegt jetzt auf die Straße nach Emmering ein ...«
    »Können wir auch hören, was meine Mutter und Robert Barsch reden?«, fragt Maja, und wortlos stellt der Kripomann an einem zweiten Gerät etwas ein. Jetzt kann Maja Lilas vertraute Stimme hören, leise zwar, aber gut verständlich.
    »So, ich bin auf dieser Landstraße ... wohin soll ich jetzt?« Es muss sie unglaubliche Überwindung kosten, überhaupt mit Robert Barsch zu reden. Ob sie es schaffen wird, Liebe zu heucheln, oder ist das nicht nötig?
    Die Welt um sie herum ist in Dunkelheit getaucht. Vor ihnen glühen die Katzenaugen der Leitpfosten auf, das Scheinwerferlicht ihres Wagens streicht über den Asphalt der Landstraße und die brachliegenden Äcker.

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