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Und morgen am Meer

Und morgen am Meer

Titel: Und morgen am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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dass ich bereits achtzehn war und keine dreizehn mehr. Noch immer holte er gern seinen »Beine unter dem Tisch«-Spruch raus. Spätestens im Herbst würde das vorbei sein, wenn ich auf dem Weg durch die Staaten war.
    Während der gesamten Fahrt schwiegen wir. Vielleicht glaubte mein Vater, dass ich über meine Fehler nachdachte, doch ich hatte seine Worte schon wieder vergessen und dachte an das Mädchen mit dem Karamellhaar und den Regenwaldaugen.
    Dass er mich fuhr, hatte immerhin den Vorteil, dass ich in Dahlem Dorf die U-Bahn nehmen konnte. So wurde der Weg bis zum Anhalter Bahnhof etwas kürzer, denn in der Blissestraße würde ich in die U7 springen, bis zur Yorckstraße fahren und dort in die S-Bahn zum Grenzübergang umsteigen.
    Mist, der Grenzübergang! Den Mehrfachberechtigungsschein hatte ich noch in meiner Hosentasche, aber ganz vergessen, dass ich Geld umtauschen musste. Fünfundzwanzig Mark! Die hatte ich natürlich nicht, bestenfalls noch Geld für Fahrscheine.
    »Haste mal fünfundzwanzig Mark für mich?«, fragte ich also.
    Mein Vater sah mich verwirrt an, und ich war regelrecht stolz auf mich, dass mir einfiel: »Falls es irgendwelche Bücher zu kaufen gibt.«
    »Für fünfundzwanzig Mark!« Mein Vater tat so, als hätten seine Fachbücher mindestens eine Null mehr an ihrem Preis gehabt. War wahrscheinlich auch so.
    »Die können doch nicht so teuer sein, oder?«, fragte ich, denn genauso wie ich mich nicht für Jura interessierte, interessierte ich mich auch nicht für die Preise irgendwelcher Bücher, die man dafür brauchte.
    Mein Vater ließ mich zappeln, bis er direkt vor der Uni – Silberlaube hieß das Gebäude wohl – stehen blieb. Er zückte umständlich seine Brieftasche, nahm die Geldscheine heraus und gab sie mir. »Kein Alkohol, verstanden?«
    »Wo denkst du hin!«, entgegnete ich, denn der Vorwurf, ich würde saufen, war vollkommen ungerechtfertigt. »Bücher!«
    Ich stieg aus und da ihm zuzutrauen war, dass er eine Extrarunde fuhr, um nachzuprüfen, ob ich die Uni wirklich betreten hatte, erklomm ich die Stufen und trat ein.
    Tatsächlich schienen sich viele in meinem Alter über die Studiengänge informieren zu wollen. Ich entdeckte sogar zwei Mädchen aus unserer Klasse – Freundinnen von Saskia. Seit wann interessierten die sich für Jura? Wahrscheinlich wollten die checken, ob es unter den angehenden Juristen Lover-Material für sie gab.
    Ich wartete ein paar Minuten neben der Tür, rechnete mir aus, wie lange es wohl dauern würde, bis Vater seine Runde gedreht hatte, und als ich sicher sein konnte, dass die Luft rein war, stürmte ich wieder nach draußen.
    Der Mann, den ich dabei beinahe umrannte, musste wohl ein Professor gewesen sein, jedenfalls rief er mir hinterher: »Na, na, so schlimm wird es doch wohl nicht gewesen sein.«
    Ich ignorierte diesen Witz, rannte die Straße runter, dann über die Straße bis zum Aufzug, über den man auf den Bahnsteig gelangte. Da es Vormittag war, die meisten Leute also schon auf der Arbeit, dauerte es nicht lange, bis der Aufzug kam, und kaum hatte ich unten das Ticket gelöst, fuhr die Bahn auch schon ein.
    Ich war mir darüber im Klaren, dass das Karamellmädchen nicht zu dem Zeitpunkt in der Bahn sitzen würde, an dem ich in Richtung Pankow fuhr. Ich hatte zwei Möglichkeiten. Entweder wartete ich am Alex, in der Hoffnung, dass sie dort auftauchen und in die U-Bahn steigen würde. Oder ich setzte mich auf den Bahnhof, an dem sie ausgestiegen war.
    Als die S-Bahn in der Friedrichstraße hielt, hatte ich beschlossen, in die Schönhauser Allee zu fahren und dort vor dem Bahnhof zu warten. Wenn sie aus der Schule kam, musste sie da ja rauskommen.
    Während ich in der Schlange für das Tagesvisum stand, fiel mir ein, dass ich ihr vielleicht ein kleines Wiedergutmachungsgeschenk mitbringen könnte. Was sie wohl mochte? Ich hatte einem Mädchen noch nie ein Geschenk gemacht.
    Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, öffnete sich mit einem lauten Summen die Tür vor mir.
    Beim Eintreten sah ich denselben Grenzpolizisten wie gestern und fragte mich, ob es eine gute Idee wäre, ihn zu fragen, ob er eine Tochter habe und was die so möge. Doch angesichts seiner ausdruckslosen Miene und der Tatsache, dass seine Stimme heute noch unfreundlicher klang, ließ ich es bleiben.
    Nach dem Geldumtausch, der wieder gut eine Stunde verschlungen hatte, konnte ich endlich auf die andere Seite des Bahnhofs wechseln. Dass es zwischen beiden Teilen des

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