...und plötzlich war alles ganz anders... (Kriminalromane) (German Edition)
zwar aus dem begreiflich guten Grund, weil er ein Verbrechen verdecken wollte, an dem er vor vierundzwanzig Jahren beteiligt gewesen war. Sie konnte ihrem Boss das nicht übel nehmen, denn auch sie zweifelte nicht einen Moment an der Schuld ihres Kollegen. Die Indizien waren einfach erdrückend.
Und dennoch. Die Beteuerungen Gablers waren so überzeugend, dass sie anfing den Fall neu zu überdenken, auch wenn sie keine Ahnung hatte, wo sie einhaken sollte.
Drei Tage hatte ihr Weber gegeben. In diesen drei Tagen durfte sie in andere Richtungen denken! So hatte er sich ausgedrückt. Aber wenn sie in den drei Tagen keine neuen Erkenntnisse gewonnen hätte, dann, so musste sie ihm versprechen, dann würde für das Kommissariat II, der Fall Gabler endgültig als erledigt zu den Akten gelegt.
Es war der stärkste Belastungsfaktor,... Gablers Waffe..., die Sonja Sänger an dem Fall am meisten störte. Niemand würde so blöde sein, einen Menschen mit seiner eigenen Dienstwaffe zu erschießen und Gerd Gabler wäre bestimmt nicht bei der Kriminalpolizei untergekommen, wenn er tatsächlich so dämlich gewesen wäre. Außerdem war es Sonja Sänger unerklärlich, warum Gabler nach der Tat am Tatort bleiben und sich damit der Entdeckung der ermittelnden Behörden aussetzen sollte. Er hätte doch in der Nacht einfach verschwinden können, niemand hätte ihn gesehen. Außerdem hatte er sich am Tag vor dem Mord in dem einzigen Hotel im Ort ein Zimmer genommen. Sogar mit seinem richtigen Namen hatte er sich eingetragen und mit der eigenen Kreditkarte bezahlt. Für einen geplanten Mord ein ziemlich dummes Vorgehen. Zu dumm, um in das Profil Gablers zu passen. Gabler war kein Genie, eher guter Durchschnitt. Er hätte es auch nie in die obere Etage der Polizei geschafft, aber er war nicht dumm. Solche Fehler würden ihm gewiss nicht unterlaufen. Dieser Überlegung stand jedoch der Umstand entgegen, dass der Mord in Italien ausgeführt wurde. Da konnte ein leichtsinniger Täter schon auf die Idee kommen, dass die eigene Dienstpistole ein geeignetes Instrument wäre, um die Tat auszuführen. Nur dürfte dieser Jemand kein Polizist gewesen sein, denn jedem einfachen Streifenpolizist hätte klar sein müssen, dass die ballistischen Daten über kurz oder lang zur Polizei nach München gelangen würden und dann wäre die Entdeckung nur noch eine Frage von wenigen Tagen gewesen. Natürlich sah das alles ganz anders aus, wenn die Tat nicht geplant war. Wenn Gabler mit dem Mann wirklich nur reden, ihn überzeugen wollte den Mund zu halten. Aber warum hatte er dann die Dienstwaffe mitgenommen? Nachlässigkeit oder ein Versehen konnte es nicht sein, denn jedem Beamten war klar, dass die eigene Dienstwaffe nicht auf Reisen ins benachbarte Ausland mitgenommen werden durfte. Blieb also wirklich nur der Vorsatz. Gabler hätte sich eine Waffe aus der Asservatenkammer oder aus dem Rotlicht Milieu besorgen können, aber das war nicht so einfach, wie es in schlechten Kriminalfilmen gezeigt wurde. Außerdem war die Gefahr der Entdeckung dann viel größer.
Sonja Sänger stellte sich vor, wie Gabler nach Vignola kam, um mit Franco Manzo zu reden. Der ließ sich aber nicht überzeugen. Daraufhin zog Gabler seine Dienstwaffe, die er aus einem für Sonja Sänger unverständlichen Grund mit nach Italien genommen hatte. Franco Manzo blieb stur und da sah ihr Kollege nur den einen Ausweg, ihn zu erschießen. Bei Handlungen im Affekt da greift die Logik nicht, überlegte die Kommissarin weiter, da tut man schon mal Dinge, die man bei einiger Überlegung niemals machen würde.
„So könnte es gewesen sein“, sagte Sänger leise und ging hinüber zur Kaffeemaschine. Sie musste etwas gegen ihre Müdigkeit tun.
Die Anmeldung im Hotel unter seinem richtigen Namen, das Bezahlen mit der eigenen Kreditkarte, all dies könnte damit erklärt werden, dass Gabler ursprünglich nicht vorgehabt hatte, Manzo zu ermorden. Die Dinge hatten sich einfach in eine falsche Richtung entwickelt. Nur nachdem Peter Pavliç in Spanien ermordet worden war, würde ihm die Affekthandlung kein Richter mehr glauben. Gabler hatte sich exakt zur Tatzeit auch dort aufgehalten und das hieße den Zufall etwas überstrapazieren. Ganz im Gegenteil! Vermutlich würde der Richter auf die besondere Schwere der Tat erkennen, nachdem Gabler versucht hatte eine Straftat durch eine andere zu verdecken.
Aber warum bleibt Gabler dann in Vignola? Warum flüchtet er nicht in derselben Nacht? Bei einer
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