...und plötzlich war alles ganz anders... (Kriminalromane) (German Edition)
muss jeden Morgen um halb sechs zur Arbeit fahren. In die Kreisstadt..., sie kommt meist erst gegen achtzehn Uhr zurück. Ich sagte ja bereits, der Laden hier trägt sich nicht.“
„Schade“, sagte die Kommissarin, „ich hätte sie gern kennengelernt.“
Sie betrachtete das Arrangement vor sich. Sogar eine schlanke gläserne Blumenvase stand vor ihrem Gedeck. Eine einsame und langstielige Rose ließ melancholisch ihre rote Blüte über den Teller mit Rührei hängen.
„Das mit meinem Vater gestern..., das tut mir leid. Ich hätte Ihnen sagen sollen, dass aus dem nicht viel herauszuholen ist! Er hat sich mit den Jahren seine Geschichte so zurechtgelegt, wie sie ihm passt. Sie müssen entschuldigen, aber in seinem Alter kann er Realität und Phantasie nicht mehr so recht unterscheiden.“
Die Kommissarin nickte nur, schnitt eine warme, nach frischem Brot duftende Semmel auf und bestrich sie mit gelber Butter. Sie hatte sich entschlossen ihm nichts von dem Geständnis seines Vaters zu sagen. Das Problem würde die Zeit lösen.
„Aber wenn Sie jemanden sprechen wollen“, fuhr der nette junge Mann fort, „jemand der Maria noch gut gekannt hat, dann sollten Sie zu Maria gehen.“
Während sie herzhaft in ihre Semmel bis, sah sie ihn etwas verwirrt an.
„Ja, sie heißt auch Maria..., Maria Griesbacher. Die alte Dame ist bereits neunzig Jahre alt, aber im Gegensatz zu meinem Vater ist sie noch sehr fit im Kopf. Bei ihr hat Maria Wagedorn gearbeitet.“
Er ging zum Fenster, schob die gehäkelte Gardine zurück und deutete nach draußen: „Das ist das Haus da hinten, hinter der Ampel auf der rechten Seite, das etwas kleine rötliche Gebäude.“
Sonja Sänger musste den Kopf drehen, um in die angedeutete Richtung zu sehen, aber dann sah sie es. Ein kleines Häuschen, leicht rosa verputzt, eingezwängt zwischen zwei großen, relativ neuen Bauten: „Danke“, sagte sie, zückte ihren Kugelschreiber und setzte zum Schreiben an: „Wie heißt die Dame?“
„Maria..., Maria Griesbacher. Aber sie müssen zum Haus gehen, das halbe Dorf heißt hier Griesbacher oder Unterberger, je nachdem. Alles Inzucht. Hier geht niemand weg. Fragen Sie mich nicht warum...!?“
„Aber Sie heißen Winterberger, stimmt's?, nicht Griesbacher oder Unterberger!“
Der Junge Mann grinste: „Stimmt“, sagte er, „aber wir gelten auch als Zugereiste, dabei müssen Sie wissen, dass mein Ururgroßvater vor fast hundert Jahren diese Wirtschaft übernommen hat. Er kam aus dem Berchtesgadener Land! Aber so sind sie nun einmal die Alteingesessenen. Wenn man nicht Griesbacher oder Unterberger heißt, ist und bleibt man hier ein Fremder.“
Sonja Sänger nahm sich vor, gleich nach dem Frühstück die alte Dame aufzusuchen. Sie hoffte mit diesem Besuch etwas mehr Glück zu haben, mehr über Maria Wagedorn zu erfahren, als bei dem Treffen mit dem alten Wirt am Abend zuvor.
Auf das Klingeln der Kommissarin öffnete eine Frau deren Alter nur schwer einzuschätzen war. Mit einem altrosa Kostüm bekleidet, stand sie in der Tür und lächelte Frau Sänger an.
„Mein Name ist Sonja Sänger“, sagte die Kommissarin: „Bitte erschrecken Sie nicht. Ich bin von der Münchner Kriminalpolizei und würde Ihnen gern einige Fragen stellen.“
Die Dame lächelte und öffnete die Tür vollständig: „Zum Erschrecken sehen Sie nicht aus, dennoch möchte ich Ihren Dienstausweis sehen, das werden Sie doch sicher verstehen.“
„Türlich“, sagte die Kommissarin und zog ihren Dienstausweis aus der Jackentasche.
Die Dame nahm ihn entgegen und setzte sich eine Lesebrille auf, die zuvor an einer Kette um ihren Hals gebaumelt hatte. Eine Weile begutachtete sie das Dokument und reichte es dann wieder zurück.
„Wenn Sie mir jetzt noch sagen würden, was Sie zu mir führt, dann könnte das noch ein recht unterhaltsamer Vormittag werden“, sagte sie.
„Es geht um den Mord an Maria Wagedorn, ich hoffe Sie erinnern sich noch daran.“
Die alte Dame schmunzelte: „Kommen Sie da nicht etwas spät? Das war doch vor mehr als zwanzig Jahren!“, sagte sie.
Sonja Sänger lächelte. Vom ersten Moment an mochte sie die alte Dame, die anscheinend ihren Humor noch nicht verloren hatte.
Dennoch wurde die Kommissarin etwas ungeduldig. Sie war es nicht gewohnt zwischen Tür und Angel Gespräche zu führen.
„Darf ich reinkommen? Ich hab uns auch zwei schöne Stückchen Kuchen mitgebracht“, sagte sie und hielt eine kleine Tüte hoch.
Der junge Wirt hatte
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