Und plötzlich warst du wieder da
dass einige meiner Firmen hier ihre Büros haben.“
„ Einige Firmen? Wie viele hast du denn?“
„Ein paar.“
Hochinteressant. Interessant auch, wie ausweichend er antwortete. Sie konnte in seinen schönen blauen Augen lesen, dass er auf der Hut war. Aber das machte Nadia nur noch neugieriger. Lucas war schon immer ehrgeizig gewesen. Damals war es sein höchstes Ziel gewesen, einmal seine eigene Gartenbaufirma zu besitzen. Er hatte Abendkurse am College besucht, um seinen Abschluss als Landschaftsingenieur zu machen. Nadia nahm sich vor, sobald sie wieder in ihrer Wohnung allein war, im Internet nachzusehen, was unter Lucas Stone zu finden war.
„Warum suchst du dir keine Arbeit, wenn du dich langweilst?“, fragte Lucas.
„Weil das blöde Testament meines Vaters mir das verbietet. Ich habe einen sehr guten Job bei KCL. Aber der letzte Wille meines Vater macht mir leider zur Bedingung, ein Jahr lang auszusetzen und auch keine andere Erwerbstätigkeit auszuüben.“
„Was soll das denn?“
Nadia hütete sich, ein Wort über die Begründung zu verlieren, die Everett Kincaid in seinem Testament genannt hatte. „Ich denke, Dad wollte uns noch ein bisschen weiter ärgern. Rand und Mitch haben auch ihre Aufgaben.“
„Was für Aufgaben?“
„Das geht dich nun wirklich nichts an. Seit du dich von meinem Vater hast auszahlen lassen, hast du mit mir und meiner Familie nichts mehr zu tun.“
„Und was passiert, wenn du die Bedingung nicht erfüllst?“
„Ich werde sie erfüllen. Und jetzt Schluss mit dem Gerede. Gib mir meine Sachen und tschüss.“
Er hielt die Tüte hinter seinem Rücken. „ Meine Bedingung ist die Einladung zum Lunch – einschließlich Dessert.“
Nadia war ratlos. Sie konnte sich nicht gut auf ein Handgemenge einlassen. Das war erstens unwürdig. Zweitens war sie hoffnungslos unterlegen. Und drittens würde es dabei unweigerlich zu unerwünschten Körperkontakten kommen. Sie überlegte, welche Hintergedanken Lucas wohl hatte. Die Pause, die er vor „einschließlich Dessert“ gemacht hatte, kam ihr verdächtig vor. Deshalb wollte Nadia lieber vorsichtig sein. Auch weil ihre Hormone verrücktspielten, seit Lucas so unerwartet hier aufgekreuzt war.
Er sah sie fragend an, aber sie wehrte seinen Vorschlag mit einer müden Handbewegung ab. „Gib dir keine Mühe, Lucas. Du hast mir dein wahres Gesicht gezeigt. Ich kann keine Verräter gebrauchen. Genauso wenig wie noch mehr Männer, die nur hinter dem Geld her sind.“ Auch das war eine bittere Erfahrung gewesen. Seit sie in Dallas lebte, war keinem einzigen ihrer sogenannten Freunden eingefallen, sich bei ihr zu melden, geschweige denn sie zu besuchen. Ganz unrecht hatte ihr Vater offenbar nicht gehabt, als er gemeint hatte, dass die meisten von ihnen nichts taugten.
„Worüber regst du dich auf? Ich will nur mit dir essen, mehr nicht. Dabei könnten wir uns zum Beispiel darüber unterhalten, ob unsere Ehe eigentlich noch besteht.“
Nadia bekam einen Schreck. „Ob unsere Ehe noch besteht?“
„Ja. Ich frage mich nämlich, warum du eine Scheidungserklärung unterschrieben hast, wenn du geglaubt hast, dass ich tot bin.“
Ihre Panik stieg. Nadia konnte sich nicht daran erinnern, irgendetwas in dieser Art unterzeichnet zu haben. Oder war ihr etwas untergeschoben worden, als sie nach dem Unfall noch nicht ganz aufnahmefähig gewesen war? Sie versuchte, sich zu beruhigen. „Das ist eine gute Frage“, erwiderte sie halblaut.
„Okay. Essen wir zusammen und reden darüber.“
Jetzt saß sie in der Falle. Denn unter diesen Umständen war das ein Angebot, das sie nicht länger ablehnen konnte. Trotzdem musste sie zuerst ein paar Dinge klären. Und irgendwohin gehen, um ungestört ihren Frust herauszuschreien.
„Na schön. Lass mir aber vorher eine Minute Zeit, ja?“
Damit wandte sie sich um und verschwand in ihrer Wohnung. Nadia zögerte, aber es gab nur eine Möglichkeit. Sie musste Mitch anrufen. Es widerstrebte ihr zwar, ihn um Hilfe zu bitten, etwas Besseres fiel ihr jedoch nicht ein. Wenn jemand Ordnung in dieses Wirrwarr bringen konnte, dann Mitch, der geborene Krisenmanager.
Sie griff nach ihrem Handy. Während sie das Freizeichen hörte, sträubten sich ihr für Sekunden die Nackenhaare. Was, wenn Mitch die ganze Zeit in dieses Komplott eingeweiht gewesen war?
Er meldete sich und hatte kaum seinen Namen ausgesprochen, als sie bereits herausplatzte: „Lucas ist gar nicht tot. Hast du das gewusst?“
„Wie
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