Und plötzlich warst du wieder da
„Rosmarin.“
„Sehr gut. Aber das war noch zu einfach.“
Er führte sie weiter und wiederholte die Prozedur.
„Minze“, antwortete Nadia dieses Mal.
„Ausgezeichnet“, sagte er dicht neben ihrem Ohr und streifte dabei ihre Ohrmuschel mit den Lippen.
Das Spiel begann Nadia zu gefallen. Zärtlich streichelte er ihren Unterarm, und da ihre Sinne jetzt viel geschärfter zu sein schienen, erregte selbst diese kleine, flüchtige Liebkosung sie und stachelte ihre Fantasie an. Nadia stellte sich vor, wie es wäre, Lucas hier irgendwo zwischen den Büschen zu lieben. Bei dem Gedanken erinnerte sie sich an früher, als sie hinter der geschlossenen Tür in dem kleinen Vorraum der Kirche miteinander geschlafen hatten, während die Hochzeitsgäste ahnungslos auf der anderen Seite der Tür gestanden hatten.
Lucas schob sie von hinten weiter vor sich her und stieß sie scheinbar versehentlich mit der Hüfte an. Als er sich kurz an ihren Po schmiegte, wusste sie, dass ihm dieses Spiel zweifellos genauso gut gefiel wie ihr. Bald blieben sie erneut stehen. Wie zufällig streifte er ihre Brust, und Nadia verspürte ein so starkes Verlangen, dass es ihr den Atem verschlug.
„Bück dich einmal, und greife links neben dich“, forderte er sie rau auf. Er griff um ihre Taille und hielt Nadia fest, damit sie nicht fiel. „Ein bisschen weiter links.“
Ein bisschen weiter oben, dachte Nadia, als sie merkte, wie er sie streichelte. Nur ein paar Zentimeter, und er hätte ihre Brüste berührt, deren Spitzen sich unwillkürlich zusammenzogen. Nadia ertastete die Blätter zu ihren Füßen, zupfte ein paar ab und roch daran. Sie musste sich stark konzentrieren, denn die elektrisierende Spannung war kaum mehr zu ertragen. „Thymian“, sagte sie.
Lucas zog sie wieder zu sich hoch, ließ sie los und drehte sie zu sich um. Einen Moment lang fehlten ihr seine warmen, kräftigen Hände auf ihrem Körper. Doch dann spürte sie seine Finger an ihrem Kinn, und er küsste sie zärtlich auf den Mund. Danach nahm er ihr die Binde von den Augen.
„Was möchtest du lieber“, stieß er rau hervor. „Unseren Spaziergang fortsetzen und dir noch das Aquarium ansehen, oder sollen wir nach Hause fahren?“ Während er diese Frage stellte, hielt Lucas ihre Hand und berührte die Knöchel sacht mit den Lippen. Seine Augen funkelten verräterisch.
Was für eine Frage, dachte Nadia. Andererseits … Sie sah ihn prüfend an. Wenn sie jetzt in ihr Apartment zurückkehrten und miteinander ins Bett gingen, war sie verloren. Unrettbar würde sie sich wieder in ihn verlieben. Durfte sie das Risiko eingehen?
Nadia verspürte ein eigenartiges Kribbeln im Magen. Hatte sie überhaupt noch die Wahl? Oder war es nicht schon längst entschieden?
9. KAPITEL
Eine lange schwarze Lincoln-Limousine parkte unter der Straßenlaterne. Als Nadia aus der Bücherei kam und den Wagen sah, wollte sie schon darauf zugehen. Alte Gewohnheiten legt man eben nicht so schnell ab, überlegte sie flüchtig.
Sie blickte auf ihre Armbanduhr. Es war spät geworden, viel später, als sie geplant hatte. Zu dumm, dass sie nicht auf die Zeit geachtet hatte. Aber nachdem Lucas nach Singapur abgeflogen war, hatte Nadia es nicht eilig, in ihr Apartment zu kommen. Wozu sollte sie dort allein herumsitzen und sich langweilen?
Jetzt aber war der Abend schon so weit fortgeschritten, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als Geld für eine Taxifahrt auszugeben. Ärgerlich, eine unnötige Ausgabe. Seufzend schaute Nadia in den wolkigen Abendhimmel. Siehst du, Daddy, dachte sie, ich lerne dazu. In Miami hätte ich keinen Gedanken an so einen Betrag verschwendet.
Sie blickte rechts und links die Straße hinunter, aber es war weit und breit kein Taxi zu entdecken. An diesem Montagabend war kaum jemand unterwegs.
„Miss Kincaid?“
Erschrocken wirbelte Nadia herum. Ein Mann in Chauffeuruniform kam auf sie zu, ein südländisch aussehender, kräftiger Typ um die dreißig. Nadia war sofort in Alarmbereitschaft. Auch das war ein Reflex. Als Tochter aus reichem Hause war sie mit der Sorge konfrontiert worden, dass sie entführt werden und jemand ein hohes Lösegeld von ihrer Familie fordern könnte. Mit ihrem Vater hatte sie damals endlose Diskussionen geführt, weil sie sich geweigert hatte, sich auf Schritt und Tritt von Bodyguards begleiten zu lassen. Jetzt ärgerte Nadia sich darüber, nicht wenigstens ein Pfefferspray in der Handtasche zu haben.
„Bleiben Sie, wo Sie sind“, rief sie
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