Und plotzlich ist es Gluck
unzuverlässig ist, dann fällt der Bus definitiv in diese Kategorie.
Da er auch beim zweiten, dritten und vierten Versuch nicht anspringt, tun wir das, was alle Menschen machen, wenn ihr Auto streikt: Wir steigen aus, betrachten es kopfschüttelnd, gehen dann auf die andere Seite und betrachten es wieder kopfschüttelnd. Dann mustern mich Sofia und Hailey erwartungsvoll. Ich bin autotechnisch einigermaßen versiert. Ich weiß zum Beispiel, wie man Starthilfe gibt. Also hole ich die Überbrückungskabel aus dem Kofferraum meines Wagens. Sofia und Hailey verfolgen es erleichtert.
Kurze Zeit später stottert der Motor, erst nur ganz leise, dann räuspert er sich und erwacht hustend zum Leben. Der Schalthebel ist lang und dünn, und ich benötige beide Hände, um den ersten Gang einzulegen.
»Los, steigt ein!«, rufe ich, damit wir loskommen, ehe der Bus es sich noch einmal anders überlegt.
Den ersten Zwischenstopp legen wir bei Filly und Brendan ein, die zwei Zimmer über Brendans Fleischerei in Marino bewohnen. Sie nennen das eine Zimmer den Ostflügel und das andere den Westflügel. Die winzige Wohnung wirkt größer, als sie tatsächlich ist, als würde sie sich dehnen und strecken, um die Liebe der beiden beherbergen zu können. Sie ist überall, diese Liebe: In Fillys Koffer auf dem Bett, den Brendan sorgfältig gepackt hat, mit Seidenpapier zwischen sämtlichen Kleidungsstücken, obwohl diese unweigerlich auf dem Fußboden ihres Zimmers landen werden. In dem Regal mit den Matchbox-Autos, die Brendan sammelt und die Filly stundenlang für ihn sucht, sei es zum Geburtstag, zu Weihnachten oder wenn es regnet (um ihn aufzuheitern; Brendan hasst Regen, sagt sie). In dem
Strauß Lilien, die in einer angeschlagenen Blumenvase auf dem Küchentisch stehen und überall ihren pudrigen Blütenstaub verteilen, der hartnäckige Flecken auf Kleidern und Fingern hinterlässt, und in der Tatsache, dass Filly sich nicht darüber beschwert. Vor allem aber in den Blicken, die sie einander zuwerfen, wenn sie sich unbeobachtet wähnen. Blicke, die in mir eine Sehnsucht wecken.
»Wollt ihr Tee oder Kaffee zum Frühstück?«
Es riecht wie morgens in einer Frühstückspension. Brendan geht davon aus, dass alle Menschen denselben Appetit auf Fleisch haben wie er, auch wenn es gerade mal drei Minuten nach neun ist. Ich weiß bereits, was er unter einem Frühstück versteht. Sein Gesicht ist hinter einem Berg gebratenem Speck, Würstchen, Blutwurst, Leberwurst, Koteletts, Leber, Nierchen und Hühnerschenkeln kaum zu sehen. Am Rand dieses Fleischgebirges liegt eine einsame Tomatenscheibe. Brendan verweigert jegliches Gemüse mit Ausnahme von Tomaten, und ich hüte mich tunlichst, ihn darauf hinzuweisen, dass Tomaten streng genommen Früchte sind und kein Gemüse, um sein verschwindend geringes Verlangen nach pflanzlichen Nahrungsmitteln nicht vollends im Keim zu ersticken.
»Äh, ich will gar nichts, danke, Brendan«, sage ich und füge, weil er gar so enttäuscht wirkt, hinzu: »Okay, ein Glas Wasser.«
»Du willst gar nichts essen?« In Brendans Augen teilt sich die Weltbevölkerung in zwei Gruppen: die, die Fleisch essen, und die, die tot sind. Der Ausdruck »vegetarisch« ist für ihn ein Schimpfwort, das ich in seiner Gegenwart möglichst nicht in den Mund nehme.
»Nein.« Ich schüttle den Kopf. »Aber danke.«
Er lächelt mich an, als hätte ich ihm gerade ein Geheimnis anvertraut, das ihm bereits bekannt war. »Du nimmst
doch wenigstens eine Scheibe Toast und etwas gebratenen Speck, oder?«
»Nein, danke.«
»Möchtest du lieber Leberwurst zum Toast?«
»Nein, wirklich, ich bringe jetzt ni…«
»Ein Brötchen mit Hühnersalat?«
Ich schüttle den Kopf.
»Ein Schinkensandwich, mit Käse überbacken?«
»Nein, Brendan, ganz im Ernst, ich …«
»Okay, okay, ich brate dir einfach ein Spiegelei und zwei Scheiben Speck, und dabei lassen wir’s bewenden, einverstanden? « Er nickt mir ermutigend zu und dreht sich wieder zu seiner Bratpfanne um. Er ist ein reizender Mensch, wenn man ihm seine militanten Ansichten zum Thema Fleisch nachsieht.
Nach dem Frühstück – ich komme einigermaßen ungeschoren davon, weil ich ein Spiegelei esse, obwohl es in Schweinefett gebraten wurde – entern wir den Bus. Er stöhnt unter unserem Gewicht, lässt sich aber knatternd starten und setzt sich schleichend in Gang. Die Tatsache, dass die Straße abschüssig ist, hilft enorm.
Als wir bei Red Butler in Renelagh ankommen, haben
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