Und plotzlich ist es Gluck
und hopst ein wenig darauf auf und ab. Die Bettfedern quietschen, als wären sie diese Art der Belastung nicht gewöhnt.
Glynis interpretiert das auch als ein Ja von meiner Seite und trottet den Korridor entlang, so dass mir gar nichts anderes übrigbleibt, als ihr zu folgen.
»Keine Sorge, Scarlett, ich schlafe unten auf irgendeiner Couch«, sagt Red und nimmt mir meine Tasche ab, obwohl er bereits seinen Rucksack, die Schreibmaschine und Blues Decke trägt und außerdem Al Pacino an der Leine hinter sich her zieht. Der Hund fühlt sich offenbar von einer Ritterrüstung am oberen Treppenabsatz bedroht. Er knurrt sie an, das Nackenfell gesträubt, den Schwanz steil aufgestellt.
Glynis öffnet eine Tür und wartet an der Schwelle auf uns. Sie ist eine dieser Frauen, deren Alter man unmöglich einschätzen kann. Sie könnte alles zwischen einundvierzig und neunundfünfzig sein. Wie auch immer, sie ist eine hervorragende Köchin, und arbeitet schon ewig auf Clemantine Castle. Sie zuckt nicht einmal mit der Wimper bei dem Gedanken, dass sich eine Hochzeitsplanerin mit dem Bräutigam ein Zimmer teilt, selbst, wenn es eines mit getrennten Betten ist. Ich spähe an Glynis vorbei in das Zimmer, das so groß ist wie sonst zwei Doppelzimmer. Die Betten stehen an gegenüberliegenden Wänden, einen Mini-Marathon voneinander entfernt.
»Nein, nein, schon gut … Es … macht mir nichts aus.« Kaum habe ich es ausgesprochen, ist Red auch schon eingetreten, und binnen Minuten sieht es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Er lädt seine Fracht auf jeder zur
Verfügung stehenden Fläche ab, schlüpft aus den Schuhen, ohne die Schnürsenkel zu lösen, schält sich aus seiner Jacke und streckt sich auf einem der Betten aus. Seine Jacke liegt dort, wo er sie hat fallen lassen, und zwar nicht flach, wie man annehmen möchte – sie behält die Form seines Oberkörpers bei.
Ich hebe meine Reisetasche hoch, nehme Blues Decke vom Tisch und bahne mir vorsichtig einen Weg zum anderen Bett. Dort packe ich aus, hänge alle Kleider auf, die aufgehängt gehören, deponiere den Rest in einer Kommode und schiebe die leere Tasche unters Bett. Dann geh ich ins Bad, stelle mein Deo, mein Necessaire, meinen Schminkbeutel und mein Anti-Schwangerschaftsstreifen-Öl auf die Ablage über dem Waschbecken und meine Zahnbürste daneben in ein Glas. Das Ganze dauert zwei Minuten. Dann setze ich mich auf mein Bett und versuche, mir den nächsten Punkt auf meiner To-do-Liste in Erinnerung zu rufen.
Nach einer Weile fällt mir etwas ein, worüber ich mit Red reden könnte, nämlich erst einmal über das Wetter, und dann, nachdem wir die herrlich warmen Temperaturen ausgiebig kommentiert haben, können wir zum Treuegelübde übergehen. Das steht ohnehin auf dem Programm, auch wenn ich es erst für sechzehn Uhr geplant hatte.
Derart bewaffnet drehe ich mich zu ihm um und stelle fest, dass er schläft. Ein Arm hängt vom Bett, und Al Pacino sitzt auf dem Boden und leckt ihm gelegentlich die Hand, als wäre sie ein Vanilleeis. Ich betrachte Reds Gesicht, das größtenteils von seinen Stirnfransen verdeckt ist. Er müsste wirklich dringend zum Friseur. Die Bartstoppeln sind dunkelbraun, genau wie die langen Wimpern, die auf seinen Wangen ruhen. Im Schlaf sieht er ziemlich genau gleich aus wie im Wachzustand – er ist mit sich im Einklang. Seine Fähigkeit, einfach so einzuschlafen, ärgert mich.
Ich löse die Hundeleine, die er sich um die Finger gewickelt hat, und verlasse lautlos den Raum. Dafür beginnt Al Pacino lautstark zu heulen, als ich ihn hinter mir her aus dem Zimmer ziehe. Red Butler rührt sich nicht.
In der Küche räumt Glynis gerade den Kühlschrank um. Sie seufzt, als sie mich sieht, und schüttelt den Kopf. »Sechs Packungen Speck, Scarlett. Ich dachte, Sie bleiben bloß eine Nacht?«
»So ist Brendan eben«, erkläre ich. »Er hat immer kiloweise Fleisch dabei. Er kann nicht anders. Er ist Fleischer, müssen Sie wissen.«
Glynis gibt ein Geräusch von sich, das an das Grunzen eines verstimmten Braunbären erinnert und wuchtet ein vakuumverpacktes Rinderfiletstück, mit dem man locker zwanzig Leute satt bekommen könnte, in das Gemüsefach ganz unten im Kühlschrank.
»Haben Sie Blue gesehen?«, frage ich. »Ich wollte mit ihm und Al Pacino spazieren gehen.«
Meine Worte bringen den erhofften Erfolg: Glynis lächelt. Sie mag sowohl Katzen als auch Hunde, aber wenn sie sich entscheiden müsste, würde sie zu den Samtpfoten
Weitere Kostenlose Bücher