Und plotzlich ist es Gluck
meinem linken Unterarm, und dann blicken wir beide auf ihn hinunter, und weil ich es richtig mache, vergesse ich völlig, mir dabei dämlich vorzukommen.
»Übst du etwa, wie man ein Baby hält?« Das ist John. Seit ich ihn neulich vom Flughafen abgeholt habe, war er schon mehrfach hier. Ich fahre zusammen, und der Teddy landet zum zweiten Mal binnen fünf Minuten auf dem Boden. Wie gut, dass er kein Säugling aus Fleisch und Blut ist.
»Tag, John«, sagt Red lächelnd.
»Ich wusste nicht, dass du Besuch hast, Scarlett«, knurrt John, doch selbst er muss zurücklächeln, als Red ihn anlächelt. Man kann einfach nicht anders.
»Komm rein«, sage ich. »Red wollte gerade …«
»Gehen«, beendet Red meinen Satz. »Wiedersehen, Scarlett. Bis bald.« Dann bückt er sich und spricht zu meinem Bauch. »Wiedersehen, Baby Ellen. Bis bald.«
John schließt die Tür hinter ihm und stellt eine weitere Tüte mit der Aufschrift »Mothercare« auf dem Schreibtisch ab. »Ich wollte dir nur schnell ein paar Sachen vorbeibringen. «
»Was ist das?«
»Eine Milchpumpe. Und Stilleinlagen. Und eine Salbe für die Brustwarzen, damit sie nicht wund werden oder bluten.«
»Oh«, sage ich. »Äh, danke.«
Später sitze ich am Küchentisch und helfe Phyllis beim Erbsenschälen.
Sie will wissen, wie es mit der Marzoni-Hochzeit vorangeht.
Ich lasse mit den Fingern eine Schote platzen, und vier Erbsen schießen in meinen Mund. »Ich glaube, ganz gut«, sage ich und konzentriere mich ganz auf die knackige Süße.
»Du glaubst?«
Ich nicke.
Noch eine Woche, und die beiden haben noch keine Hochzeitsreise gebucht. Sie haben sich immerhin grob auf den Zeitpunkt geeinigt – die Woche nach Weihnachten. Sofia behauptet, sie würde »bis zu den Titten« in Arbeit stecken, und Red schneidet gerade mit Bryan und Cora Unte wegs. Bryan ist überzeugt, dass der Film Preise einheimsen wird.
»Vielleicht Neapel«, lautet Sofias Antwort auf meine Frage nach dem Reiseziel.
»Vielleicht Galway«, sagt Red, und es klingt, als hätten sie sich noch nicht darüber unterhalten. Ich habe keine Ahnung, was ich davon halten soll, aber ich versuche gar nicht erst, das Rätsel zu lösen. Für mich ist es bloß ein weiterer Schnipsel, der vorbeifliegt.
Phyllis unterbricht meine trägen Gedankengänge. »Scarlett, wenn das so weitergeht, hast du alle Erbsen aufgegessen, bevor ich sie gekocht habe.«
»Entschuldige.«
»Wie geht es unserem kleinen Schatz?«, erkundigt sie sich und deutet auf meinen Bauch.
»Heute ist sie unruhig, als wüsste sie nicht, wie sie liegen soll.«
»Warum gehst du nicht ein bisschen raus in den Garten? Es ist so ein schöner Tag.«
»Und was soll ich dort draußen machen?«
»Nichts. Du legst dich einfach in einen Liegestuhl.«
»Ich soll einfach nichts machen?«
»Ja. Probier es aus. Wer weiß, vielleicht findest du ja Gefallen daran.«
»Okay.« Ich erhebe mich bedächtig, breitbeinig, mit einer Hand am Kreuz, wie sich das für eine Hochschwangere gehört. An der Tür zum Garten drehe ich mich noch einmal um. »Phyllis?«
»Hmm?« Sie kann nicht reden, weil sie den Mund voller Erbsen hat.
»Glaubst du, ich werde eine gute Mutter sein?«
Phyllis gehört nicht zu den Menschen, die das sagt, was die anderen hören möchten. Ich warte gespannt auf ihre Antwort. Während sie nachdenkt, legt sie den Kopf schief und kaut und kaut, bis alle Erbsen verschwunden sind. Als
sie schließlich den Mund öffnet, ist ihre Zunge von einem grünlichen Belag überzogen.
»Weißt du, Scarlett, keine Frau ist auf Anhieb eine gute Mutter. Daran muss man Tag für Tag arbeiten. Nicht, dass ich zu dem Thema allzu viel beitragen könnte.« Phyllis ist kinderlos, eine Tatsache, über die ich bislang nie groß nachgedacht habe. »Meinst du …?« Sie verstummt, schüttelt den Kopf.
»Sprich weiter«, fordere ich sie auf. »Was wolltest du gerade sagen?«
»Ach, ist nicht so wichtig.« Sie drückt eine Erbsenschote auf und schiebt sich die vier grünen Kügelchen in den Mund. »Ich habe nur gerade überlegt …«
»Ja?« Ich lasse mich noch einmal neben ihr nieder.
»Naja, ich habe mich gefragt, ob … Hättest du etwas dagegen, wenn Ellen mich Granny Phil nennt?«
»Das fände ich wunderbar.« Ich ergreife ihre Hände, die vom Erbsenauslösen ganz grün sind, und drücke sie kurz. »Maureen wird ihre einzige Großmutter sein, und ich habe das Gefühl, sie ist nicht sonderlich scharf auf den Titel. Es ist schön, jemanden zu haben,
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