Und plotzlich ist es Gluck
Haus, um mir die Farbe von den Händen zu waschen.
Sofia ist vom Friseur zurück und wird mit gebührendem »Ah!« und »Oh!« bewundert. Ihre Hochsteckfrisur ist mit unzähligen rosaroten Gänseblümchen gespickt wie eine Sommerwiese. Sie ist auch bereits geschminkt, und nichts deutet mehr auf die Ereignisse im Badezimmer hin. Jetzt muss sie nur noch in ihr Kleid verfrachtet werden, das zwar sehr schwer und mit einer ganzen Reihe von Haken und Klammern und Knöpfen und Reißverschlüssen versehen ist, aber auch das sollte in zehn, maximal fünfzehn Minuten zu schaffen sein. Ich sehe auf die Uhr und atme auf. Allen Widrigkeiten zum Trotz liegen wir gut in der Zeit.
»Scarlah! Komm mal kurz her!«, ruft Sofia von der breiten Treppe aus, auf der sie gerade für den Fotografen posiert. Ich gehe auf sie zu. Ich muss dafür sorgen, dass sie beschäftigt ist, bis es Zeit wird, zur Kirche zu fahren, damit sie keine Gelegenheit hat, über das Problem nachzudenken, an dem sie heute Morgen schier verzweifelt ist. Beschäftigung ist die beste Art der Ablenkung vom Leben. Ich praktiziere diese Strategie seit Jahren.
Ich erklimme die Treppe und bin total außer Atem, als ich bei Sofia angelangt bin. Es ist zwar eine lange Treppe, aber so lange dann auch wieder nicht. Sie beugt sich zu mir, um mir etwas ins Ohr zu flüstern. Ihr Atem kitzelt mich, doch ich beherrsche mich und fange nicht an zu kichern. »Ich muss mit dir reden«, murmelt sie deutlich hörbar. »Im Magnet.«
Ich beschließe auf der Stelle, dass ich auf keinen Fall mit Sofia in den betreffenden Raum gehen werde, was auch immer heute geschieht. Ich umklammere das Treppengeländer. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich Kreuzschmerzen habe.
»Meinetwegen, aber davor muss ich noch ein paar Anrufe tätigen, ja?«
»Versprochen?«
»Versprochen.« Ich verschränke die Arme hinter dem Rücken und überkreuze sämtliche Finger und Zehen.
Von da an spielen Sofia und ich Katz und Maus. Ich vertiefe mich in alle möglichen Tätigkeiten, obwohl es eigentlich nicht viel zu erledigen gibt.
Erst lasse ich mir im Wohnzimmer die Messtexte vorlesen.
Dann stelle ich mich an den Herd und brate eine Pfanne Rühreier für Ed und Onkel Lorenzo, die festgestellt haben, dass sie beide große Pferdenarren sind, während ihr Verhältnis zu Schwänen eher von Hassliebe geprägt ist.
Als Nächstes muss ich mich auf die Suche nach einem der Flamingos machen, was eine gute halbe Stunde dauert. Ich finde den Vogel im Verschlag hinter dem Haus, wo er auf Clive, einem der Gäule, sitzt und Flöhe von seinem Rücken pickt. Was Ed zur Weißglut treibt, der steif und fest behauptet, seine Pferde hätten keine Flöhe, obwohl der Flamingo den handfesten Beweis im Schnabel hat.
Ich beauftrage Carmella, Isabella, Maria und Lucia damit, Sofia in ihr Kleid zu zwängen. »Falls es ein Problem gibt, ruft mich einfach an, ja?«
»Warum kommst du nicht mit rauf?«, will Carmella wissen. Eine berechtigte Frage, denn bis jetzt habe ich noch jede Marzoni-Braut in ihr Kleid gesteckt.
Wieder verberge ich die Hände hinter dem Rücken und überkreuze Finger und Zehen. »Ed braucht mich, wir müssen uns um Clive kümmern. Der Vorfall mit dem Flamingo hat ihn arg mitgenommen.«
Dann fange ich mit der Unterstützung von Federico Bonivento, der, wie sich herausstellt, in einer Vogelkolonie
fünfzig Kilometer vor der Küste Siziliens lebt und so einiges über Wildtiere weiß, die übrigen Flamingos ein. Wir sperren sie in ihre Käfige und deponieren diese in Onkel Vinnys Oldtimer-Bus. Die rosaroten Vögel bilden einen atemberaubenden Kontrast zu den getigerten Sitzen.
»Es macht euch also nichts aus, sie zum Schloss zu fahren? «, frage ich Federico zum wiederholten Male.
»Nein, nein, kein Problem. Onkel Vinny fährt, und ich begleite ihn.« Er grinst mich an und boxt den hünenhaften Onkel Vinny in den Oberarm.
Vinny sagt nichts. Er trägt einen schwarzen Anzug, ein schwarzes Hemd und eine schwarze Krawatte. Sogar seine Manschettenknöpfe sind schwarz. Er grunzt und zwängt sich hinter das Lenkrad seines Busses. Er ist so groß, dass er beim Fahren den Kopf schief halten muss.
Als all das erledigt ist, muss ich nur noch Valentino mit seiner Krawatte helfen. Er sagt mir bei jeder Hochzeit seiner Töchter, dass er außer mir und seiner Frau (selbst nach all den Jahren nennt er sie immer noch so) kein einziges weibliches Wesen kennt, das weiß, wie man einen ordentlichen Krawattenknoten bindet.
Ed spannt
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