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Und plotzlich ist es Gluck

Und plotzlich ist es Gluck

Titel: Und plotzlich ist es Gluck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraghty Ciara
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murmle ich in ihren Busenspalt.
    Sie schiebt mich von sich und mustert mich mit einem Blick, bei dem es mir eiskalt über den Rücken läuft. »Ich heirate nur einmal im Leben, Scarlah«, sagt sie, und ich glaube ihr aufs Wort. Sie streckt die Hand nach Red aus, und er umschließt ihre Finger mit festem Griff und nickt, als hätte auch er vor, nur einer einzigen Frau das Jawort zu geben, nämlich ihr. Er sieht aus, als wäre er bereit, es hier und jetzt zu tun.
    Ich schlucke schwer.
    Dann blickt Red auf sein linkes Handgelenk, wo sich die
Armbanduhr befinden sollte. »Mir fällt gerade ein, dass ich einen Termin beim Irish Film Institute habe.«
    »Das ist hier um die Ecke«, sagt Filly. »Wann wirst du erwartet?«
    »Um zwölf.« Red tastet mit seinen langen Händen sämtliche Hemd- und Hosentaschen ab, auf der Suche nach einem wie auch immer gearteten Zeitmesser.
    »Du bist dreizehn Minuten zu spät dran«, ätze ich. Diesmal bemerkt selbst Sofia meinen eisigen Unterton und sieht mich verwundert an.
    »Er kommt immer zu spät«, sagt sie sanft, als wäre das eine Eigenschaft, für die man ihn loben müsste.
    »Du solltest dich schleunigst auf die Socken machen.« Filly schiebt Red zur Tür, als wäre sie ein Feuerwehrmann, der hastig einen Menschen aus einem brennenden Gebäude bringt, ehe die Dachsparren einstürzen.
    Alle wenden die Köpfe, als Red mit Riesenschritten den Korridor entlangtrabt, denn er verabschiedet sich lächelnd und winkend von jedem einzelnen Mitarbeiter: »Wiedersehen, Marian! Tschüss, Carmel! Alles Gute, Michael! Und Gladys, danke für den Tipp mit den Jammie Dodgers!« Offenbar hat ihm Gladys verraten, dass sich hinter der Brotdose in der Küche Duncans Geheimversteck für seine heiß geliebten marmeladengefüllten Shortbread-Plätzchen befindet. Mit den Worten »Bye, Janine, mach’s gut, Harriet … «, verschwindet Red um die Ecke. Wir sehen ihm nach, bis wir ihn nicht mehr hören können.
    »Er ist unheimlich liebenswürdig, nicht?«, fragt Sofia. Ihre Miene ist so offen und ehrlich, dass ich es kaum ertrage, sie anzusehen.
    Ich entschuldige mich, um auf die Toilette zu gehen. Dort halte ich die Hände unter das kalte Wasser und drücke sie dann an meine heißen Wangen. Ich verkrieche mich
in einer Kabine, die ich sonst nie benutze, klappe den Deckel hinunter und setze mich drauf. Ich warte. Worauf weiß ich nicht genau. Ich sehe auf die Uhr. Zwölf Uhr und fünfundzwanzig Minuten. Die Wurzel aus 1225 ist fünfunddreißig, genau wie ich.
     
    Als ich wieder ins Büro komme, setzt Filly ihre »unverkennbar australische Miene« auf, wie sie es nennt (ein allen Umständen zum Trotz optimistischer Gesichtsausdruck), und packt vorsichtshalber noch gleich ein (wenn auch schiefes) Lächeln dazu.
    »Na, das lief doch gar nicht so übel«, sagt sie. »In Anbetracht der Sachlage …«
    »Warum hast du mich nicht gewarnt?«, frage ich. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass er hier ist?«
    »Ich habe ihn nicht wiedererkannt. Bei Tageslicht sieht er anders aus.«
    »Aber seine Haare – die kann man doch nicht vergessen. Die sind unverwechselbar.«
    »Ich war betrunken«, erinnert sie mich, und da das auch meine einzige Rechtfertigung ist, bleibt mir nichts anderes übrig, als zu nicken.
    Ich setze mich hinter meinen Schreibtisch. »Meinen Plan kann ich wohl vergessen. Schon wieder.«
    »Unsinn. Er muss bloß ein bisschen korrigiert werden.« Sie tätschelt mir vorsichtig den Rücken, wie man es bei einem unberechenbaren Haustier tut.
    Sie greift nach dem Umschlag, der auf meinem Schreibtisch liegt. »Ziemlich gut getroffen«, murmelt sie.
    »Dieses impertinente Aas«, schnaube ich und nehme ihr den Umschlag aus der Hand, um einen Blick darauf zu werfen. »Ich hatte angenommen, er würde Sofia zeichnen.« Ich stopfe den Umschlag in den Mülleimer und folge Filly
in die Kantine. Sie meint, ich würde mich bestimmt besser fühlen, wenn ich erst etwas gegessen hätte. Und obwohl ich weiß, dass das nichts nützen wird, muss ich zugeben, dass ich auf einmal zum ersten Mal seit einer Ewigkeit Appetit verspüre. Appetit auf etwas anderes als Brennnesselsuppe oder Cracker oder Ingwerplätzchen.
     
    Später, als ich den Umschlag noch einmal aus dem Papierkorb fische, um ihn an den Reißwolf zu verfüttern, fällt mir auf, dass mich Red mit offenen Haaren gemalt hat, obwohl ich sie mir heute zu einem strengen Knoten hochgesteckt habe. Auf der Zeichnung hebe ich den Kopf und sehe aus, als wäre ich gerade

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