Und plotzlich ist es Gluck
will in einer Lagerhalle wohnen?«
»Nun, er hat es nicht anders verdient. Angeblich hat er sie nicht nur mit dem Au-Pair-Mädchen betrogen, sondern auch noch mit der Zwillingsschwester des Au-Pairs, die zwei Häuser weiter wohnte. Wie auch immer, ich habe die ideale Location gefunden«, fährt Bryan fort. »Es ist ein Steinhäuschen an einem See in County Fermanagh, und es ist perfekt. Rau und wild, genau wie der Vater aus dem Script.«
»Du hast es gelesen?«, frage ich.
»Ja, Declan hat es mir geschickt. Ich finde es großartig, und Cora ebenfalls.« Cora ist seine Chefin.
»Sie will als Produzentin fungieren, aber Red sträubt sich noch. Er will keine Kompromisse eingehen. Wenn du mich fragst, hat er keine andere Wahl. Sein Budget ist ein Witz. Er meinte, er würde sogar sein Auto verkaufen, aber hast du diese Karre mal gesehen?«
»Ja.«
»Er wird uns als Produzenten engagieren müssen.«
»Dann hast du ihn also kennengelernt?«
»Red?«
»Ja.«
»Hab ich, ja.«
»Und?«
»Er hat mich ein bisschen an Declan erinnert, als der noch jünger war. Er steht sehr leidenschaftlich hinter seiner Kunst.«
»Hm, das ist aber keine gute Neuigkeit.«
»Warum nicht?«, will Bryan wissen.
»Na, weil Declan nicht unbedingt ein perfekter Vater war, wie du weißt.«
»Ja, aber er hat sich zumindest bemüht, nicht? Seine Absichten waren löblich.«
Das ist wahr, aber wie bringt man das einer Neunjährigen bei, die an einem nasskalten Montag im Februar eine Dreiviertelstunde vergeblich vor dem Schultor steht und auf einen Vater wartet, der nicht kommen wird, weil er schlicht vergessen hat, sie abzuholen – und damit nicht genug, er hat auch vergessen, jemand anderen damit zu beauftragen.
»Na, egal«, sage ich und streiche mir die Stirnfransen aus den Augen. »Statistisch gesehen ist nicht Red, sondern John der Vater.«
Bryan seufzt. Wir haben diese Unterhaltung schon zigmal geführt, und allmählich hat er sie satt, so viel ist klar. »Du wirst einfach abwarten müssen, Scarlett. Wir sehen jetzt erst einmal zu, dass das Baby gesund zur Welt kommt, und dann machen wir uns Gedanken über die Vaterschaft, okay?«
Ich nicke, was töricht ist, weil Bryan es nicht sehen kann. Ehe er auflegt, trägt er mir auf, ihn anzurufen, sobald sich John gemeldet hat.
Doch John ruft nicht an.
Am Samstag kommen Filly und Elliot vorbei. Bryan kann nicht kommen, weil er sich für das zweite Date mit einer Französin vorbereiten muss, die er beim Yoga kennengelernt hat. Auf Fillys Rat hin hat er sich »Tom Traubert’s Blues« als Klingelton auf das Handy geladen. »Der Song ist beim besten Willen nicht ›nett‹«, sagte sie.
Soweit ich das beurteilen kann, kümmern sich die drei abwechselnd um mich und sind am Wochenende oft in Tara anzutreffen, sei es allein, zu zweit oder zu dritt. Sie verwöhnen mich, machen kleine Ausflüge mit mir. Wir fahren zu
einem Zirkus am Custom House Quay, zum Zoo und zu einem Aquarium, wo es ein wenig nach einem Schwammtuch riecht, das lange nicht ausgewrungen wurde.
Wir reden über mein Bewerbungsgespräch, was sonst. »Es ist nicht das Ende der Welt«, sagt Filly, während sie sich im Schneidersitz auf dem Sofa niederlässt und mit ihrem Rock eine Kuhle in dem Dreieck zwischen ihren Ober-und Unterschenkeln bildet, damit Blue dort wie immer vor sich hin dösen kann. Sogleich klettert er anmutig hinein und ist binnen Sekunden eingeschlafen.
»Du hast deine Präsentation vorbereitet, du kennst sämtliche Antworten auf Simons schleimige Fragen, und du bist die beste Hochzeitsplanerin im ganzen Land. Was soll da noch schiefgehen?« Sie sieht mich so voller Hoffnung und Zuversicht an, dass ich tatsächlich beinahe zu der Überzeugung komme, ich könnte es schaffen.
Die Tür geht auf und Red Butler erscheint. »Oh, entschuldigt«, sagt er. »Ich wusste nicht, dass ihr hier seid. Ich bin auf der Suche nach Declan.« Er blickt lächelnd von einem zum anderen, und sie lächeln zurück, als könnten sie gar nicht anders. Red Butlers Lächeln hat etwas Ansteckendes.
»Er ist bei Hugo«, sage ich, ohne den Kopf zu heben.
Al Pacino galoppiert herein und kommt schlitternd zum Stehen, als er das zusammengerollte Fellbündel auf Fillys Schoß erblickt. Blue hebt den Kopf, steht auf, streckt die Glieder und klettert aus der Kuhle anmutig auf Al Pacinos Rücken. Sobald er es sich dort gemütlich gemacht hat, marschiert der Hund zur Tür, ganz langsam jetzt, damit Blue nicht herunterfällt.
»Was für
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