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Und plotzlich ist es Gluck

Und plotzlich ist es Gluck

Titel: Und plotzlich ist es Gluck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraghty Ciara
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aber…« – Red zuckt die Achseln – »Wer hat die nicht?«
    Ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll, also wende ich mich wieder meinem Computer zu. Doch ich spüre Red hinter mir, fühle seinen Blick auf mir ruhen. Mir fällt auf, dass ich noch immer meinen Hosenanzug trage. Ein krasser Kontrast zu meinen überdimensionalen Bagpuss-Plüschpantoffeln, die mir Phyllis zum zweiunddreißigsten Geburtstag geschenkt hat. Ich schiebe die Füße unter den Tisch, überlege es mir aber sogleich anders und setze mich so hin, dass sie nicht zu übersehen sind. Was kratzt es mich, ob er weiß, dass ich alberne Katzen-Pantoffeln trage? Die Dinger sind superbequem.
    »Coole Hausschuhe«, bemerkt er prompt, worauf ich sie doch wieder unter dem Schreibtisch verstecke. »Warst du schon bei der zweiten Ultraschalluntersuchung?«, will er wissen.
    »Nein.«
    Woher weiß er überhaupt, dass um die zwanzigste Woche eine Ultraschalluntersuchung fällig ist?
    »Ich habe mich auf der Webseite ›Vater sein oder nicht sein‹ registriert«, erklärt er, ohne dass ich ihn danach gefragt hätte. »Im Augenblick wachsen Ellen gerade Zehennägel. Ist das nicht clever?« Er klingt so stolz, dass auch ich unwillkürlich stolz auf sie bin. Was für ein Baby! Lässt sich einfach so Zehennägel wachsen!
    »Ich komme mit zur Untersuchung«, sagt er. »Wenn du willst.«

    »Das wird nicht nötig sein.«
    »Aber ich möchte mitkommen«, beharrt er. »Ich würde sie gern sehen.«
    »Hör zur, Red …«
    »Ich weiß, ich weiß, sie ist höchstwahrscheinlich gar nicht von mir. Aber vielleicht ist sie es ja doch.« Er spricht mit einer überraschenden Eindringlichkeit, als hätte er viel darüber nachgedacht. »Und falls sie von mir ist, möchte ich ihr ein richtiger Vater sein. Väter sind wichtig für Kinder. Wie BMX-Räder und Nike-Turnschuhe und Geburtstagstorten. «
    Ich denke an das, was Declan über Reds Vater erzählt hat.
    »Bitte, Scarlett.« Er schiebt die Hände unter die Oberschenkel, als wollte er sie wärmen, aber mir entgeht nicht, dass er verstohlen die Zeige- und Mittelfinger überkreuzt hat. Eben war ich noch im Begriff, nein zu sagen, doch seine abergläubische Geste hat etwas so Verletzliches, dass ich, ohne es zu wollen, »Okay« sage.
    »Okay?«, wiederholt er überrascht.
    »Donnerstag um halb zehn in der Klinik in der Holles Street.«
    Er nimmt Blue vorsichtig von seinem Schoß und setzt ihn neben sich auf die Couch, dann holt er ein ramponiertes kleines Notizbuch aus der Brusttasche seines Hemds und blättert darin. Jede Seite ist von seiner windschiefen Handschrift überzogen, doch er findet eine freie Zeile auf der vorletzten Seite und kritzelt Zeit und Datum in das Buch.
    Plötzlich tritt mich Ellen mit beiden Beinen. »Ooh.«
    »Ist alles in Ordnung?«, fragt er und springt auf.
    »Ja. Sie hat bloß …«
    »Hat sie sich bewegt?«
    »Äh, ja.«

    »Darf ich mal fühlen?«
    Ich möchte Nein sagen, stattdessen nicke ich. Der ungewohnte Schlaf scheint meine automatische Abwehr geschwächt zu haben. Red kommt rasch auf mich zu, wohl, weil er ahnt, dass ich es mir jeden Augenblick anders überlegen könnte. Er reibt die Handflächen gegeneinander und haucht hinein.
    »Was soll das werden?«
    »Ich wärme meine Hände«, flüstert er, als könnte Ellen jedes Wort hören. Und dann öffnet er die beiden verbliebenen Knöpfe an meinem Blazer und legt die Hände auf meinen Bauch. Durch den dünnen Stoff meiner Bluse hindurch spüre ich die Hitze, die von seinen Fingern ausgeht, und ich halte die Luft an und beiße mir auf die Unterlippe und hoffe, dass er schnell macht. Tut er aber nicht. Er kauert sich neben mich auf den Boden und wartet ab. Seine Fähigkeit, stillzuhalten, ist ungewöhnlich für einen Mann von seiner Statur. Ich bete im Stillen die Namen sämtlicher irischer Hotels in alphabetischer Reihenfolge hinunter, um mich vom heftigen Pochen meines Herzens abzulenken, das er zweifellos auch hören kann. Abbeyvale House Hotel, Adare Manor, Adelaide Court Hotel, Ahern Country House. Doch es hat keinen Sinn. Jetzt erinnere ich mich an seine breite Brust, glatt und blass wie der Mond. Daran, wie sie in die schmalste aller Taillen übergeht. An den zuckenden Puls, den ich in seiner Halsbeuge gespürt habe, als ich ihn dort geküsst habe. An das Gewicht seiner Gürtelschnalle in meinen Händen.
    Ich spüre das Blut durch meinen Körper rauschen, spüre die Trommelschläge meines Herzens und flehe Ellen schweigend an, sie möge

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