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Und plotzlich ist es Gluck

Und plotzlich ist es Gluck

Titel: Und plotzlich ist es Gluck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraghty Ciara
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sich bewegen.
    Ich schließe die Augen und sehne einen Tritt von ihr herbei.

    Und dann ist es so weit. Es ist nur ein ganz leichter Stoß, als würde sie mit meinem Uterus füßeln.
    Red richtet sich auf, und mir wird ganz flau vor Erleichterung, als er die Hände von meinem Bauch nimmt. »Das war …« Er sucht nach einem passenden Ausdruck. »Unglaublich«, ist alles, was ihm dazu einfällt, aber seine grünen Augen strahlen, und ich weiß, was er empfindet. Weil ich es ebenfalls empfinde.
    Einen Moment lang stehen wir nur da, beide mit einem einfältigen Lächeln im Gesicht. Sein Staunen wirkt ansteckend. Dann komme ich wieder zu mir, ziehe den Blazer über meinen Bauch und sage seufzend »Tja«, wobei ich mich im Raum umsehe, als würde ich überlegen, in welcher Farbe ich ihn tünchen soll.
    »Ich gehe jetzt schlafen«, verkündet er. »Wir fangen morgen mit dem Dreh an.«
    »Oh«, sage ich. »Na, dann werde ich mal …« Doch Red hat sich bereits unter der Decke und zwei Jacken auf der Couch zusammengerollt – und schläft tief und fest. Ich kann es nicht fassen. Bestimmt hat er nur die Schlafposition eingenommen und wartet darauf, dass er eindöst. Doch nein, als ich mich über ihn beuge, vernehme ich die langen, regelmäßigen Atemzüge des Tiefschlafs. Ich fühle mich hinausgewor fen. Und ich beneide ihn um seine Fähigkeit, einfach so einzuschlafen.
    Ich klemme mir den Laptop unter den Arm und gehe in die Küche. Vielleicht sollte ich John zurückrufen. Nein, ich wage zu bezweifeln, dass er um diese Uhrzeit – es ist drei Minuten nach zwei – ein Gespräch mit mir eingeplant hat. Was halte ich eigentlich von seiner Rückkehr? Ich horche in mich hinein. Ich wollte doch, dass er zurückkommt, oder?
    Ich weiß, wie Maureen die Neuigkeit aufnehmen wird.
Der Ausdruck »ekstatisch« wäre bestimmt nicht übertrieben. Schließlich kann John nun der Aufführung von Romeo und Julia – das Musical beiwohnen. Noch ein Zuschauer, der ein bisschen lauter applaudieren wird, wenn sie sich auf der Bühne verbeugt.
    Ich wandere weiter. Auf dem Regal in Phyllis’ Fernsehzimmer liegt eine Ausgabe von Unte wegs. Ich nehme sie vorsichtig zur Hand, versuche, möglichst keinen Lärm zu machen, und lasse mich damit auf dem Lehnsessel neben dem Kamin nieder, in dem noch etwas Glut vor sich hin glimmt. Ich breite mir die Fleece-Decke über die Beine und bette Blue, meine vierbeinige Wärmflasche, darauf. Blue lässt es ohne Widerstand geschehen. In den langen Nachtstunden ist er viel netter zu mir, als könnte er meine Rastlosigkeit spüren. Als wollte er sie lindern. Ich beginne zu lesen. Als ich fertig bin, dämmert es draußen bereits. Declan hat Recht. Es ist gut. Sehr gut. Ich komme mir vor wie ein Eindringling, als hätte ich Reds Tagebuch gelesen. Während er im Arbeitszimmer schläft, habe ich hier Dinge über ihn erfahren, von denen ich keine Ahnung hatte. In dem Drehbuch geht es um einen Mann, der seine Familie verlässt, und um seinen Sohn, der sich dreißig Jahre später auf die Suche nach seinem Vater macht, während er auf die Geburt seines eigenen Sohnes wartet. Der Vater ist todkrank, als der Sohn ihn findet, und sie verbringen die letzten Tage seines Lebens zusammen. Dem ernsten Thema zum Trotz ist das Drehbuch nicht die Spur sentimental. Es erzählt die Geschichte mit einer brutalen, beunruhigenden Offenheit.
    Ich lege es auf seinen Platz zurück. Jetzt ist es fünf Uhr früh. Zu spät, um ins Bett zu gehen, zu früh, um ins Büro zu fahren. Statt herumzusitzen und mir über alles Mögliche den Kopf zu zerbrechen, gehe ich mit Blue und Ellen in die Küche, um Pfannkuchen zu backen. Mit Bananen
und Honig und geschmolzener Schokolade. Einen ganzen Stapel. Blue kann sein Glück gar nicht fassen. Ellen ebenso wenig. Wir sitzen zu dritt am Küchentisch und mampfen uns methodisch durch den Stapel, bis kein Krümelchen mehr davon übrig ist.
    Wir geben eben nicht auf, bis wir am Ziel sind, wir drei.

35
    Filly betritt mein Büro mit dem üblichen »Morgensorryfürdieverspätung«, zwei Bechern Magermilch-Latte-Macchiato, einem Muffin mit extra vielen Schokosplittern (für sich selbst) und einem Becher Vanillepudding (für mich). In weniger als fünfundfünfzig Sekunden habe ich den Deckel von meinem Becher gerissen, ihn abgeleckt, in den Mülleimer fallen lassen und mich über meinen Pudding hergemacht. Bis ich fertig bin, hat Filly noch nicht einmal ihren Muffin aus der Tüte geholt. Ich würde grinsen über diese

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