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Und plotzlich ist es Gluck

Und plotzlich ist es Gluck

Titel: Und plotzlich ist es Gluck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraghty Ciara
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Gleichgültigkeit hat mich erfasst. Was Simon und den Job angeht, meine ich. Natürlich ist mir die Stelle nicht egal, aber sie ist mir nicht mehr halb so wichtig, wie sie es eigentlich sein sollte. Das kontinuierliche Wachstum von Ellen O’Hara, der Vorfall mit dem Knopf, der Furzsessel, Gladys und ihr heimtückisches Manöver … Verglichen mit der Tatsache, dass mein Kind bereits perfekt geformte Ohren hat und meine Stimme erkennt, nimmt all das einen eher niedrigen Stellenwert ein. Ich weiß, das ist schlimm, aber statt mir wegen dieser Entwicklung Sorgen zu machen, zucke ich lediglich mit den Schultern. Nicht tatsächlich, sondern im Geiste. Ich zucke virtuell mit den Schultern.
    »Äh … Herrje, das ist ja furchtbar«, sage ich. »Dass Simon von den Amis den Hintern versohlt kriegt.«
    »Hallo? Dass Simon den Hintern versohlt kriegt, ist nicht das Furchtbare daran«, sagt Filly, als wäre ich zwei Jahre alt. »Das Schlimme ist doch, dass er bei seiner Rückkehr definitiv von Klein Joey in deinem Bauch wissen wird.« Joey ist die Bezeichnung für ein Kängurujunges. Ich habe Filly vergeblich gebeten, Ellen nicht so zu nennen.
    »Genau, das meinte ich ja.« Ich nicke. »Ist doch klar.«
    Filly schüttelt argwöhnisch den Kopf, fährt aber fort.
»Na, jedenfalls, die seltsame Nachricht ist …« – Sie legt eine Kunstpause ein – »dass Hailey und Sofia gestern Abend zusammen ein Feierabendbier trinken waren.«
    Diesmal fällt meine Reaktion absolut glaubwürdig aus. Meine Kinnlade kippt nach unten wie bei einem Nussknacker. Ich sitze wie vom Blitz getroffen da, stocksteif und sprachlos.
    »Ich weiß, ich weiß.« Filly reibt sich die winzigen Händchen und stampft mit ihren ebenso winzigen Füßen auf.
    »Aber … Aber … Aber … «, stottere ich.
    »Ich weiß«, wiederholt Filly, ohne das Händereiben und Stampfen zu unterbrechen.
    »Aber Hailey geht nie ein Feierabendbier trinken«, krächze ich schließlich.
    »Ich weiß. «
    »Mit niemandem. «
    »Ich weiß, ich weiß.«
    »Bist du sicher?«
    »Elliot hat die beiden im Conlons gesehen. Angeblich haben sie in einer Tour die Köpfe zusammengesteckt, als wären sie die dicksten Freundinnen, und sie haben ständig gekichert und gelacht. Und ganz schön gebechert.«
    »Das kann nicht stimmen.«
    »Tut es aber«, beharrt Filly. »Elliot sagt, sie hatten lauter Wham!-Fanartikel auf dem Tisch vor sich ausgebreitet – T-Shirts und Unterhosen und Tickets und signierte Plakate und eine Locke von George Michaels Brusthaar … Und das ist noch nicht alles«, berichtet Filly und fährt, nachdem sie sich versichert hat, dass sie meine volle Aufmerksamkeit genießt, im Flüsterton fort: »Sie sind bis zur Sperrstunde geblieben, und als sie gegangen sind, sind sie Arm in Arm die Straße entlanggetorkelt und haben ›Careless Whisper‹ gegrölt.«

    »›Careless Whisper‹. Wie passend.«
    Völlig perplex sitzen wir eine ganze Weile schweigend da. Wobei Filly nicht ganz so perplex ist wie ich, weil sie ja die Überbringerin der seltsamen Nachricht war.
    Dann klingelt das Telefon. Filly nimmt den Hörer ab. »Hier ist das Büro von Scarlett O’Hara, Filly am Apparat. Womit kann ich dienen?« Sie bedeckt die Sprechmuschel mit der Hand und zischt: »John auf Leitung vier. Soll ich ihn dir geben?«
    Einer meiner unzähligen Leitsätze lautet »Was du sofort kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen«, also nicke ich auf die mir neuerdings eigene resignierte Art und Weise und greife nach dem Hörer.

36
    Ich verabrede mich mit John in der Öffentlichkeit, weil ich das für sicherer halte. Nicht, dass John Smith zu den Männern gehören würde, die mit Tellern um sich werfen oder auch nur die Stimme erheben. Trotzdem. Vorsicht ist besser als Nachsicht. Ellen hat Lust auf Tomaten, also reserviere ich einen Tisch in einem winzigen italienischen Restaurant namens hey pesto! in der Crowe Street. Ich war schon einige Male mit Bryan hier, der Tomaten über alles liebt, aber noch nie mit John, der sich nicht viel aus Tomaten oder Früchten im Allgemeinen macht.
    Ich versuche, zu spät zu kommen, schaffe es aber nicht, und so bin ich im Endeffekt fünf Minuten zu früh da. Genau wie John. Er hält mir die Tür auf, und ich gehe an ihm vorbei und halte dann meinerseits ihm die Tür auf, und es fühlt sich so an, als wäre er nie weg gewesen. Wir setzen uns, mustern einander kurz, ehe wir uns in die Lektüre der Speisekarte vertiefen, obwohl ich schon weiß, was ich nehme,

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