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Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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halten würde.

14.
    S eine Ungeduld bezwingend klopfte er zurückhaltend an. Doch kaum hatte sein Fingerknöchel das Holz der Tür berührt, hörte er schwere Schritte im Korridor dahinter, die sich schnell näherten. Das Knarren der Treppendielen schien seinen Besuch angekündigt zu haben.
    »Ich komme, ich komme!«, rief Spigolas Haushälterin aufgeregt. Prospero wunderte sich. Diese Eile kannte er nicht von ihr. Bei seinem Anblick machte sich sofort Enttäuschung auf dem erwartungsvollen Gesicht breit.
    »Ach, Sie sind’s nur!«
    »Wo ist der Auditor?«
    »Was weiß ich?! Noch nicht zurück.« Und dann berichtete die Haushälterin in einer Mischung aus Ärger und Sorge, dass der Monsignore nicht zum Abendessen erschienen war.
    »Niemals ist das bei ihm vorgekommen. Nicht ein einziges Mal in den vierzig Jahren, die ich schon bei ihm bin. Monsignore Spigola ist ein regelmäßiger Mensch!« Sie bekreuzigte sich, als habe sie etwas gedacht, dessen sie sich gleich darauf schämte. Der Anblick dieser von Sorgen geplagten, sonst so robusten Frau, die so manchen das Fürchten gelehrt hatte, rührte Prospero. Sie schwieg kurz, dann sprach sie weiter.
    »Der Monsignore war heute Morgen schon so seltsam. Er betete sehr viel länger als gewöhnlich und frühstückte so gut wie gar nicht. Als er sich von mir verabschiedete...«, sie hob die Schultern, als wollte sie einen Gedanken abschütteln, der sie gerade befiel, »... da schaute er mich so seltsam an. So als dächte er darüber nach, mir noch irgendetwas
anzuvertrauen. Ich kann es nicht sagen. Madonna mia, strafe eine arme alte Sünderin, aber ich dachte einen Moment lang: Den Mann siehst du nicht wieder.«
    »Den Auditor bedrückt ein Verbrechen, das wir noch nicht aufklären konnten. Deshalb hat er länger gebetet. Wir hatten gestern noch darüber gesprochen. Machen Sie sich also keine Sorgen. Monsignore Spigola ist ein erfahrener Mann und bestimmt bald zurück.«
    Prospero spürte ihre Skepsis, und auch er selbst empfand ein gewisses Unbehagen. Doch sicher lag das an der Sorge um seinen Freund Velloni und dessen kleine Schwester und an all den unangenehmen Erkenntnissen, die der bisherige Tag gebracht hatte. Was sollte Spigola schon widerfahren sein? Wahrscheinlich hatte er sich mit einem der Präfekten verplaudert und die Zeit vergessen. Es gab für alles ein erstes Mal. Er hob entschuldigend die Hände.
    »Wenn ich die Zeit dazu hätte, würde ich liebend gern hier auf ihn warten. Aber es geht leider nicht. Grüßen Sie ihn, gute Frau, im Namen Gottes von mir. Ich komme morgen früh wieder, sehr früh. Er soll mich bitte empfangen, ganz gleich, wann er nach Hause kommt. Ich muss dringend mit ihm sprechen.«
    »Er kommt doch sicher zurück? Es wird ihm doch nichts zugestoßen sein?« Die Angst verwandelte diese stimmgewaltige Matrone auf einmal in das kleine Mädchen, das sie sicher einst war.
    »Ja. Natürlich kommt er zurück«, sagte Prospero und versuchte dabei so zuversichtlich wie möglich zu klingen.
    Dann war er wieder auf der Straße. Und atmete erstmal tief durch. Zwischen Himmel und Erde bestand kein Unterschied mehr, alles war nur ein einziges schmutziges Grau, undurchdringlich. Die Sorgen der Haushälterin wirkten
in ihm nach. Er beruhigte sich aber damit, dass der alte Spigola beileibe kein junges, unerfahrenes Mädchen war. Nicht einmal ein blinder Teufel könnte das verwechseln. Plötzlich kam ihm eine Idee. Er machte kehrt und begab sich auf den Weg nach Regola.
    In einer Seitengasse der Via Giulia hielt er vor einem kleinen einstöckigen Haus an und hämmerte mit der Faust gegen die Tür. Ihm öffnete eine Frau, deren schwarzes Haar vorzeitig ergraut war. Sie wirkte eigentlich nicht unglücklich, doch hatte sich in einem Augenwinkel eine stille Trauer eingenistet, die sie bis zum letzten Tag ihres Erdenlebens nicht mehr verlassen würde. Und er wusste auch, welcher Art diese Trauer war.
    »Dottore Lambertini! Was treibt Sie durch diesen fürchterlichen Regen?«, rief sie freudig überrascht aus.
    »Gelobt sei Gott, Renata. Ich muss deinen Mann sprechen.«
    »Aber gewiss doch, kommen Sie bitte herein, Dottore.« Während sie ihm Platz machte, rief sie ins Haus: »Wir haben Besuch, Dottore Lambertini ist da.«
    Kaum waren die Worte verhallt, da tollten ihm zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen, entgegen. Er fuhr durch die dichten schwarzen Haare der beiden und lächelte sie an. So sehr sich Renata über sie auch freuen mochte, so würde sie doch

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