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Und taeglich grueßt die Evolution

Und taeglich grueßt die Evolution

Titel: Und taeglich grueßt die Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wissenmedia
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stehen zu Berge, die Atem- und Pulsfrequenz steigt, die Spannung der Muskeln erhöht sich, die Körpersäfte beginnen zu fließen. Auch beim Menschen vermitteln sich die Stärke oder Schwäche eines anderen über Stimme, Körperhaltung, Blicke und Gebärden. Bei Männern ist die Aggressivität deutlicher ausgeprägt als bei Frauen, die im Gegenzug häufig der Anlass männlicher Auseinandersetzungen sind.
    Besonders krass zeigt sich der Zusammenhang von Sexualität und Aggression bei den Yanomami-Indianern, die in den Wäldern im südlichen Venezuela und im angrenzenden Brasilien beheimatet sind. Die rund 15 000 Yanomami leben in Dorfgemeinschaften mit maximal 250 Mitgliedern, die einander durch Blutsverwandtschaft und rituelle Praktiken verbunden sind. Der Besitz von mehreren Frauen und vielen Kindern gilt bei den Yanomami als Statussymbol; die meisten Frauen besitzen die Häuptlinge. Da die Frauen zwischen den Dörfern nicht nur friedlich getauscht, sondern immer auch wieder geraubt und entführt werden, befinden sich die Yanomami in einem ständigen Kriegszustand. Weil ein Drittel der männlichen Bewohner in diesen Scharmützeln ums Leben kommt, gelten die Amazonas-Indianer als die aggressivste Menschengruppe überhaupt. Auch innerhalb der Dorfgemeinschaften bieten Frauen, etwa durch Ehebruch, häufig Anlass für Streitigkeiten, die mit Knüppeln blutig ausgetragen werden. Wenn sich die Aggressionen auf ein bestimmtes Niveau gesteigert haben, spaltet sich die Gemeinschaft und ein Teil der Gruppe zieht weiter, um ein neues Dorf zu gründen.
    Die Einführung des Tötungstabus im jüdischchristlichen Kulturkreis
    Auch unsere abendländische Kultur kennt die Rolle der Frau als Streitobjekt rivalisierender Männer. Davon erzählt schon der von Homer geschilderte Kampf um Troja, der eigentlich ein Kampf um die schöne Helena war, die Paris, ein Sohn des trojanischen Königs Priamos, geraubt hatte. Troja wurde nach einem langjährigen Krieg von den Griechen durch eine List eingenommen und Helena, nach der griechischen Mythologie die schönste Frau der Welt, zurückerobert. Noch älter als der Kampf um Troja ist die Auseinandersetzung zwischen Abel und Kain, nach dem Alten Testament der erste Mordfall der Menschheitsgeschichte. Gottes Verurteilung dieser Bluttat ist als fünftes Gebot in die Heilige Schrift eingegangen. Das jüdisch-christliche Tötungsverbot besagt, dass niemand seinen Nächsten töten dürfe, nicht aus Eifersucht, nicht um einer Frau willen und auch aus keinem anderen Grund. Dieses Gebot dient der Sicherung des Einzelnen innerhalb komplexerer Gesellschaften. Auch die gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit zu Themen wie der Abtreibung, der passiven und aktiven Sterbehilfe, des Kriegsdienstes und der Todesstrafe werden noch immer vor dem Hintergrund des fünften Gebotes diskutiert.
    Nicht zuletzt aufgrund der jüdisch-christlichen Tabuisierung des Tötens ist der Kampf um Frauen in den westlichen Gesellschaften weitgehend zivilisierten Eroberungsstrategien gewichen. Moderne »Alpha-Männchen« fahren zum Beispiel repräsentative Autos oder setzen sich gegen ihre Konkurrenten in verbalen Auseinandersetzungen durch, statt sie mit Schlägen in die Flucht zu treiben. Neben dem männlichen Konkurrenzkampf um die Frau gibt es aber auch noch einen Krieg zwischen den Geschlechtern. Er äußert sich in seiner milden Form in der Kritiksucht der Frauen, in seiner aggressiven Variante in häuslicher und sexueller Gewalt. Das Ausmaß an Wut, Enttäuschung und Angst gegenüber dem schwachen Geschlecht lässt sich an der Fülle weiblicher Opfer in Krimis und Thrillern erahnen.
    Das Ich: Nicht Herr im eigenen Haus
    Sigmund Freud, einer der größten Denker des 20. Jahrhunderts, hat mit seinen Erkenntnissen über die psychischen Kräfte im Individuum das Bild von der menschlichen Natur grundlegend verändert. Seine Einsicht, dass das menschliche Seelenleben zu 90 Prozent dem Bereich des Unbewussten angehört, dem das Bewusstsein lediglich wie eine kleine Wölbung aufsitzt, wurde von ihm selbst und vom Philosophen Georg Lukács als »die dritte große Kränkung des neuzeitlichen Menschen« nach der kopernikanischen Wende und dem Darwinismus bezeichnet. Aus Freuds Erkenntnissen folgt, dass alle menschliche Kultur auf der Beherrschung der Triebe und Leidenschaften des Menschen, mithin auf Versagung beruht. Unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges richtet der Begründer der Psychoanalyse sein Interesse vor allem auf die

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