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Und taeglich grueßt die Evolution

Und taeglich grueßt die Evolution

Titel: Und taeglich grueßt die Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wissenmedia
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sie bereits Ansätze altruistischen Verhaltens. Fällt den Forschern beispielsweise beim Aufhängen feuchter Wäsche scheinbar unabsichtlich eine Wäscheklammer so unglücklich zu Boden, dass sie sie selbst nicht mehr erreichen können, eilen die Kleinen fast immer herbei, um die Klammer aufzuheben und sie freudig dem jeweiligen Wissenschaftler zu reichen. Auch Fremden bringen die Windelkinder gern eine Wäscheklammer.
    Allerdings spielen die Kinder nur unter bestimmten Umständen mit. Werfen die Forscher eine Klammer absichtlich zu Boden, machen die Kleinen keine Anstalten, sie aufzuheben. Bei einem Missgeschick aber helfen sie auch in komplizierten Fällen. Landet beispielsweise ein Löffel scheinbar versehentlich in einer Kiste, aus der er nur durch eine Klappe herausgefischt werden kann, die der Wissenschaftler anscheinend nicht kennt, zeigen ihm die Kleinen bereitwillig den Trick. Auch wenn die Wissenschaftler mit beiden Händen Aktenberge oder Wäschekörbe schleppen und auf eine verschlossene Tür zulaufen, die sie ganz offensichtlich ohne Hilfe kaum öffnen können, wackeln sie meist rasch herbei und freuen sich, den Erwachsenen helfen zu können. Nach den Beobachtungen der Forscher dauert es in 84 Prozent aller Fälle keine zehn Sekunden, bis die Kinder ihre Hilfe anbieten.
    Da den Kindern keinerlei Belohnung winkt, scheint ihnen ihre Hilfsbereitschaft tatsächlich angeboren zu sein. Daraus könnte man die Schlussfolgerung ziehen, dass auch der gemeinsame Vorfahre von Mensch und Schimpanse bereits altruistisch veranlagt war. Als die Forscher das Wäscheklammer-Experiment an drei jungen Schimpansen wiederholten, die bei Menschen aufgewachsen waren, zeigten auch sie sich als völlig uneigennützig. Allerdings war auf ihre Hilfe nur in einfachen Fällen Verlass; fiel der Löffel dagegen in die Kiste, zeigten sie die Klappe nicht.
    Beim Fressen endet die Moral
    Ohnehin scheint sich das altruistische Verhalten der Schimpansen nur auf bestimmte Lebensbereiche zu beziehen. Wenn es um das leibliche Wohl geht, hört die Moral rasch auf, wie eine Reihe von Experimenten in den letzten Jahren gezeigt hat. Können Schimpansen zum Beispiel wählen, ob nur sie selbst Futter bekommen oder ob auch der Nachbar einen Teil von den Leckereien abbekommt, während der eigene Anteil am Futter nicht geschmälert wird, zeigen sie wenig Nächstenliebe. Nur etwa in der Hälfte der Fälle versorgen sie den Nachbarn mit, in der anderen Hälfte eben nicht.
    Wenn es ums Futter geht, denken Schimpansen offenkundig vor allem an den eigenen Bauch: Wenn die Tiere in einen Raum voller Leckereien dürfen, stopfen sie sich natürlich voll. Während sie kauen, haben sie dann die Hände frei. In solchen Momenten kommen sie aber nie auf die Idee, Leckereien durch ein offenes Fenster zu einem anderen Schimpansen zu werfen, der dort hungrig wartet.
    Nur einmal konnten die Forscher ein unbeabsichtigt altruistisches Verhalten beim Fressen beobachten. Durften Schimpansen nach langem Training auf eine von zwei Kisten deuten, die mit unterschiedlichen Futtermengen gefüllt waren, wählten sie mit traumwandlerischer Sicherheit die Kiste mit der größeren Futtermenge. Dabei hatten die Forscher ihnen vorher beigebracht, dass die von ihnen ausgewählte Kiste nicht von ihnen, sondern von einem anderen Schimpansen geleert werden darf.
    Diese Tiere hatten allerdings kaum die Absicht, ihren Artgenossen einen Gefallen tun. Angesichts des Festschmauses vergaßen sie wohl im Überschwang der Gefühle, dass die von ihnen ausgewählte Kiste ja nicht für sie selbst bestimmt war. Dies änderte sich, sobald die Forscher einen Umweg wählten und den Kisten arabische Ziffern zuteilten. Statt spontan zu reagieren, mussten die Schimpansen überlegen, welche Ziffer viel und welche wenig Futter bedeutet. In dieser Zeit fiel ihnen offensichtlich auch wieder ein, dass die Kiste dem Nachbarn zugute kommen würde. Mit dem Altruismus war es nun rasch vorbei und die Kiste mit weniger Futter wurde über die entsprechende arabische Ziffer dem Artgenossen zugeteilt.
    Altruismus durch gesellschaftlichen Zwang
    Altruismus scheint also recht spezifisch für den Menschen zu sein. Allerdings ist er nicht nur angeboren, sondern wird auch von der Kultur bzw. den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geformt. Studenten der Betriebswirtschaft zum Beispiel sollen in erster Linie den Gewinn ihres jeweiligen Unternehmens optimieren. In entsprechenden Tests erweisen sie sich entsprechend als

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