...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land
und sagte zu Jossele:
»Jetzt kommst einmal du als erster heraus, Jossele.«
»Bitte sehr.« Verdächtig rasch stimmte er zu. »Mir kann’s recht sein. 70.«
Ich mußte die Augen schließen. Meine Pulse hämmerten, wie sie seit der Belagerung von Jerusalem nicht mehr gehämmert hatten.
»Nun?« drängte Jossele. »Wo bleibt deine Ziffer?« »Jossele«, flüsterte ich und senkte den Kopf. »Ob du’s glaubst oder nicht, ich hab sie vergessen.«
»Lügner« fuhr Jossele auf. »Du hast sie nicht vergessen, ich weiß es. Du hast dir eine kleinere Ziffer gedacht und willst jetzt nicht damit herausrücken. Ein alter Trick. Schäm dich!«
Am liebsten hätte ich ihm die Faust in seine widerwärtige Fratze geschlagen. Aber ich beherrschte mich, erhöhte den Einsatz auf hundert Pfund und dachte im gleichen Augenblick »96«, eine wahrhaft mörderische Ziffer.
»Komm heraus, du Stinktier!« zischte ich.
Jossele zischte zurück: »1683!«
»1800«, flüsterte ich kaum hörbar.
»Gedoppelt«, rief Jossele und ließ die vier Pfund in seiner Tasche verschwinden.
»Wieso gedoppelt? Was soll das heißen?!«
»Nur ruhig. Wenn du beim Poker die Selbstbeherrschung verlierst, verlierst du Hemd und Hosen«, sagte Jossele von oben herab. »Jedes Kind kann dir erklären, daß meine Ziffer als gedoppelte höher ist als deine.«
»So einer bist du also«, brachte ich mühsam hervor. »Mit solchen Mitteln versuchst du’s. Als hätte ich’s beim letzten Mal nicht genauso machen können.«
»Natürlich hättest du’s ganz genauso machen können«, bestätigte mir Jossele. »Es hat mich sogar überrascht, daß du es nicht gemacht hast. Aber so geht’s im Poker, mein Junge. Entweder kannst du’s, oder du kannst es nicht. Und wenn du es nicht kannst, dann laß die Finger davon.«
Der Einsatz betrug jetzt zweihundert Pfund.
»Deine Ansage«, knirschte ich.
Jossele lehnte sich ganz langsam zurück und sagte aufreizend ruhig: »4.«
»100000«, trompetete ich.
Ohne die geringste Erregung verkündete Jossele:
»Ultimo!«
Und nahm die zweihundert Pfund.
Schluchzend brach ich zusammen. Jossele streichelte meine Hand und belehrte mich, daß nach dem sogenannten Hoyleschen Gesetz derjenige Spieler, der als erster »Ultimo« ansagt, auf jeden Fall und ohne Rücksicht auf die Ziffer gewinnt. Das sei ja gerade der Spaß im Poker, daß man innerhalb weniger Sekunden .
»Fünfhundert Pfund!«
Wimmernd legte ich mein letztes Geld in die Hände des Schicksals.
Josseles Pfunde lagen daneben. Auf meiner Stirn standen kalte Schweißperlen. Ich sah Jossele scharf an. Er wirkte völlig gelassen, aber seine Lippen zitterten ein wenig, als er fragte:
»Wer sagt an?«
»Du«, antwortete ich lauernd. Und er ging mir in die Falle.
»Ultimo«, sagte er und streckte die Hand nach dem Geld aus.
»Einen Augenblick«, sagte ich eisig. »Pavarotti.« Und schon hatte ich das Geld bei mir geborgen. »Pavarotti ist noch stärker als Ultimo«, erläuterte ich. »Aber es wird spät. Wir sollten Schluß machen.«
Schweigend erhoben wir uns. Ehe wir gingen, unternahm Jossele einen kläglichen Versuch, sein Geld zurückzubekommen. Er behauptete, das mit Pavarotti sei eine Erfindung von mir.
Ich widersprach ihm nicht.
»Schau«, sagte ich, »darin besteht ja gerade der Reiz des Pokerspiels, daß man gewonnenes Geld niemals zurückgibt.«
Der kleine Unterschied
In Amerika hat jeder fünfte ein Verkehrsmittel. In Israel ist jeder fünfte ein Verkehrspolizist.
Die Unwiderruflichkeit des Strafzettels
Es ist immer das gleiche Spiel. Ich kehre nach ausgedehntem Fußmarsch zu meinem Motorrad zurück und stoße auf einen gut ausgeruhten Verkehrspolizisten, der seinen ersten Strafzettel ausfüllt.
»Sie da«, donnert die Staatsgewalt, ohne den Blick auch nur zu heben, »was steht dort gut leserlich auf dem Verkehrsschild?«
»Daß nur bis sieben . sieben Uhr abends . nur zum Abladen .«
»Laden Sie etwa ab?«
»Nein.«
»Und wie spät ist es jetzt?«
»Sieben Uhr dreißig.«
»Das heißt?«
»Das heißt, daß ich hier parken darf.«
Der Verkehrspolizist sieht mich an, dann das Schild, dann wieder mich, das Motorrad, den Strafzettel, mich, seine Armbanduhr, den Strafzettel und dann wieder das Schild.
»Vielleicht haben Sie recht«, sagt er schließlich zögernd, »aber wie soll ich das jetzt rückgängig machen? Wir sind gehalten, eine Verwarnung nach Beginn der Ausstellung in jedem Fall auszuhändigen. Sonst kann ja jeder Schuft daherkommen und
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