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Und was, wenn ich mitkomme?

Und was, wenn ich mitkomme?

Titel: Und was, wenn ich mitkomme? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Prawitt
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diesem Ort, der nur schwer auf einer Landkarte zu finden ist. Aber was kümmert Gott sich schon um Landkarten? Wenn er jemandem begegnen will, dann kann er das sicher tun, wo immer er will. Und mir kommt es so vor, als ob er mir gerade in diesem Dörfchen nahe sein wollte. Vielleicht haben mir aber auch die Schönheit der Musik und das Glück, das ich hier erlebe, ganz neu den Blick für Gott geöffnet? Ich habe oft gehört, dass leidende Menschen eher nach Gott fragen als glückliche und zufriedene. Aber mir scheint, dass Gott unabhängig von Glück oder Leid jederzeit nach seinen Menschen Ausschau hält. Jedenfalls könnte es ja sein, dass Gott mir zu Hause, oder wo ich mich sonst gerade aufhalte, genauso begegnen will wie hier in dieser Kirche? Nur, dass ich es nicht richtig mitbekomme, warum auch immer? Jedenfalls nehme ich mir fest vor, meine Augen und Ohren für ihn offen zu halten. So berührt werden wie eben möchte ich gerne öfter!
    Doch auf diesem Weg liegen Freude und Frust nur wenige Schritte auseinander. Wir haben Itziar kaum hinter uns gelassen, da meldet sich mein Knie wieder. Über drei Kilometer geht es steil bergab nach Deba. Eben habe ich mich noch ganz in der Gegenwart Gottes aufgehoben gefühlt, aber jetzt könnte ich schon wieder fluchen wie ein alter Kutscher. Ich bin heilfroh, dass wir die letzte Treppe hinunter in den Ort nicht nehmen müssen. Hier gibt es nämlich einen Fahrstuhl, mitten auf der Straße, der die Höhe von einem etwa vierstöckigen Haus überwindet und uns hinunter in die Nähe der Foruen Plaza bringt. Hier genehmigen wir uns erst mal eine Cola, und Doris bestellt sich ihren ersten spanischen Rotwein.
    Die Touristen-Information, wo wir unseren Schlüssel für die Herberge abholen können, öffnet erst um fünf. Bis dahin vertrödeln wir die Zeit am Strand in der Sonne.
    In der Touri-Info herrscht reger Betrieb. An dem einzigen Schalter wartet bereits eine lange Schlange von Pilgern und wir befürchten, dass wir kein Bett in der Herberge mehr abbekommen. Die ist dann auch tatsächlich rappelvoll. Es gibt zwei dreistöckige Betten und ein zweistöckiges, insgesamt also acht Schlafmöglichkeiten, in einem Raum von maximal zwölf Quadratmetern. Hier werden wir also übernachten, zusammen mit unseren Kanadiern Rachel und Jean-Paul, mit Christian aus Aschaffenburg, mit dem sehr gesprächigen Hans, mit Ingo, der in Griechenland losgelaufen ist und bis zum Atlasgebirge will und für den der Jakobsweg bloß eine kleine Zwischenepisode ist, und mit Philipp aus Frankreich, der seine Isomatte auf dem Boden ausrollt. Wir sind ziemlich skeptisch, wie das gehen soll, zumal im Zimmer auch noch ein Gartentisch und zwei Plastikstühle stehen, es bloß einen winzigen Vorraum mit Wäscheleinen und Schleuder gibt und ein einziges Bad mit Klo und Dusche. Nach unserem gestrigen blauen Zimmerchen ist das hier ziemlich gewöhnungsbedürftig. Aber alles klappt hervorragend. Alle sind sehr diszipliniert, niemand drängelt vor der Badezimmertür und jeder hält seine Sachen zusammen. Ingo und Christian sitzen auf den Stufen vor dem Eingang und rauchen. Philipp wäscht Wäsche, Rachel und Jean-Paul sind irgendwohin verschwunden und Hans thront auf einem der weißen Plastikstühle und legt lautstark seine Pilgerphilosophie dar: Wer wandert, ist selbst schuld, schließlich gibt es ja noch Busse. Hier haben wir also unseren ersten richtigen Buspilger. Doris, Pit und ich können seine Meinung nicht teilen und gehen, anstatt zu diskutieren, lieber essen.
    In der Stadt ist der Bär los. Die Bars sind rappelvoll und auf der Plaza toben Väter und Großväter mit ihren Kindern und Enkeln. Normales Leben in Spanien. Die Menschen kommen erst in der Abendkühle aus ihren Häusern. Es geht alles sehr laut und familiär zu. Und mittendrin sitzen wir, fühlen uns sauwohl und freuen uns schon auf morgen...

6. TAG DEBA — MARKINA

    Trotz vier starker Schnarcher, aber dank Ohropax, haben wir prima geschlafen. Ich fühle mich ausgeruht und voller Tatendrang. Trotzdem entscheide ich mich dafür, mit dem Bus zu fahren, um mein Knie zu schonen. Ingo hat die gleiche Idee, wenn auch aus anderen Gründen.
    Nach einem fröhlichen Frühstück in einer kleinen Bäckerei machen Doris und Pit sich bei strahlendem Sonnenschein auf den Weg über die Berge. Christian hat sich ihnen angeschlossen. Es macht ihm einfach keinen Spaß, die Schönheiten des Weges allein zu genießen. Außerdem fühlt er sich schlapp und unmotiviert. In

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