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Und was, wenn ich mitkomme?

Und was, wenn ich mitkomme?

Titel: Und was, wenn ich mitkomme? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Prawitt
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hinterlassen haben.
    Unsere Schuhe wieder anzuziehen, ohne Sand an den Füßen zu behalten, artet zu einem witzigen Strandtanz aus. Es muss aussehen, als hüpften wir auf heißen Kochplatten. Wir amüsieren uns himmlisch über unsere Verrenkungen und müssen zu guter Letzt doch ein paar Körnchen in den Socken in Kauf nehmen. Hoffentlich gibt das keine Blasen.
    Am Ende des Strandes halten wir vergeblich nach gelben Pfeilen oder der Jakobsmuschel Ausschau. Auf der Straße nach Padres halten wir ein Schweizer Pärchen an, um sie nach dem Weg zu fragen. Die beiden sind mit einer Art selbst zusammengeschustertem Wohnmobil unterwegs, ein Gefährt, so kurios, wie wir es noch nie gesehen haben. Ich hätte Lust, ein Stück mitzufahren. Gut, dass wir es nicht machen, denn vor uns liegt ein verwunschener Wald aus Kiefern und Eukalyptusbäumen. Von Sonnenlicht übergossener Farn wuchert zwischen himmelhohen, dunklen Baumstämmen, die auf der meerzugewandten Seite hellgrün bemoost sind, ein perfekter Kontrast und eine vollkommene Farbabstimmung. Die von niedrigen Natursteinmauern eingefassten Wege sind aufgeweicht, aber wir finden immer wieder »Untiefen« und Grassoden, sodass das Trittfinden sogar Spaß macht. An einer Weggabelung erhebt sich ein wuchtiger Findling, auf den zwei gelbe Pfeile aufgemalt sind. Leider zeigen sie in zwei unterschiedliche Richtungen. Welchem sollen wir folgen? Mit der neuen Erkenntnis, nichts wirklich verkehrt machen zu können, wählen wir den Weg, der wieder an die Küste führt. Hinter uns türmen sich dunkle Wetterwolken auf, doch vor uns weitet sich silbern glänzend der Atlantik unter einem tiefen, wölkchenbetupften Himmel. Wir sind begeistert!
    Kurz vor Lires führt uns eine schmale Asphaltstraße vom Meer weg ins Landesinnere. Ein Fluss voller Forellen fließt neben uns her. Wir müssen nur noch eine mittelalterlich anmutende Brücke überqueren, um den Ort zu erreichen.
    Wir haben zwar einen Meer-Mehrweg von einigen Kilometern hinter uns, aber sehr viel weiter als 15 Kilometer sind wir heute wohl nicht gewandert, was uns beiden offensichtlich nicht geschadet hat. Jedenfalls ist Pits Fuß nicht wieder angeschwollen, und auch meine Beschwerden halten sich in erfreulichen Grenzen. Wir bereuen nicht einen Schritt.
    Auf einer Anhöhe in Lires finden wir eine Bar und essen dort zu Mittag. Dann suchen wir uns eine Unterkunft. Eine Pilgerherberge gibt es hier nicht. Aber wir entdecken ein urgemütliches Quartier in einer Casa Rural — einer privat geführten Pension — in einem Haus aus grob gehauenem Naturstein, das auch von innen unverputzt ist. Die schönen alten Steine in den Zimmern sorgen für ein besonders romantisches Flair. Auf dem breiten Bett ist eine dunkelblaue Tagesdecke ausgebreitet. Das Holz der wenigen Möbel schimmert rotbraun. Das Badezimmer ist hell gefliest und sauber. Im Hinterhof gibt es einen liebevoll gestalteten Garten voller Blumen und kitschig verspielter Gipsfiguren auf der Rasenfläche, Zwerge und Rehe und Frösche. Wir sitzen auf einer Bank im strahlenden Sonnenschein, ich schreibe in mein Tagebuch, Pit skizziert die Casa Rural in sein schwarzes Büchlein. Wir faulenzen, spielen 10 000 und sind einfach nur froh, hier zu sein.
    Am späten Nachmittag strecken wir uns nach einer herrlich heißen Dusche auf unserer blauen Tagesdecke aus und machen, was wir lange nicht gemacht haben: Wir schauen uns eine Liebesschnulze im Fernsehen an. Hier empfangen wir nämlich, welch eine Überraschung, das Erste Deutsche Fernsehen. Wer wen am Ende kriegt, erfahren wir aber nicht, denn wir entschließen uns, den Tag lieber am Meer ausklingen zu lassen. Wir besorgen uns Bier und Limonade in Dosen und wandern die Asphaltstraße am Forellenfluss zurück zum Atlantik. Wir kommen gerade zur rechten Zeit: Das Meer ist jetzt ganz ruhig, und die Berge im Hintergrund sind vom Abendlicht wie verzaubert. Am Horizont haben sich Wolken niedergelassen wie Spaziergänger auf einer Bank. Dahinter taucht golden die Sonne unter, wobei sie rosarotes Licht wie Himbeersirup über Himmel und Wasser gießt. Wir sind so berauscht, dass wir uns kaum trennen können. Erst im Dunkeln treten wir den Rückweg an.

47. TAG LIRES — MUXÍA

    Zum Frühstück gibt es frisch gepressten Orangensaft, mehrere Sorten Marmelade, Toast, so viel wir wollen, und Kaffee ohne Ende. Dieses Quartier ist wirklich eine Wucht.
    Die Uhr zeigt bereits Viertel vor zehn. Ein deutsches Ehepaar, das auch hier übernachtet und mit uns

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