Und weg bist du (German Edition)
insgeheim glaubten wir aber doch ein wenig daran.
Mit meinem winzigen Licht leuchtete ich in jeden Winkel und wurde darin bestätigt, dass Jack nicht hier unten war. In gewisser Hinsicht war ich erleichtert. Auch wenn ich ihn unbedingt finden wollte, wäre es doch schrecklich gewesen, wenn er so verzweifelt gewesen wäre, dass er sich in diesem Keller verstecken musste. Ich war lediglich hier, um nachzuschauen, ob er in unserem Geheimversteck eine Nachricht für mich hinterlassen hatte.
Ich umrundete die Holztreppe und wollte bereits darunterkriechen, als ich feststellte, dass der freie Raum mit Kartons vollgestellt war. Mit der Lampe zwischen den Zähnen griff ich nach einem und zerrte ihn zur Seite. Er war schwer. Wahrscheinlich enthielt er Bücher oder sonst irgendeinen ziegelsteinschweren Mist. Stöhnend schob ich ihn aus dem Weg in der Hoffnung, dass das Geräusch eines über den Boden geschleiften Pappkartons eine Etage darüber nicht zu hören sein würde. Das blaue Licht flackerte wie verrückt, während ich den Platz unter der Treppe frei räumte.
Schließlich kauerte ich nieder, kroch darunter und leuchtete mit der Lampe auf die unterste Stufe. Sie bestand aus einem soliden Holzkasten, alle anderen waren nur einfache Bretter. Während ich darauf starrte, fiel mir auf, dass ich vergessen hatte mir einen Schraubenzieher zu besorgen. Die Holzpaneele zu lösen würde schwierig werden, aber ich musste es dennoch versuchen. Ich trennte die Lampe vom Schlüsselbund und nahm sie abermals zwischen die Zähne, dann versuchte ich mein Glück mit dem Schlüssel als Hebel. Nur mit Mühe bekam ich den Arm unter die Stufen und bewegte das Werkzeug am Holz hin und her, um es möglichst zwischen die einzelnen Bretter zu schieben. Gerade als ich das Gefühl hatte, leichte Fortschritte zu machen, vernahm ich ein Geräusch und hielt inne, um zu lauschen.
Über mir waren schwere Schritte zu hören, dazu ein Schreien oder Lachen; ich war mir nicht sicher, was von beidem. Dann drangen wütende Stimmen und ein Krachen nach unten, als hätte jemand einen weiteren Küchenstuhl zerschmettert. Plötzlich wurde die Kellertür aufgerissen und ich knipste schnell die Lampe aus. Mein Instinkt sagte mir, dass es nicht gut wäre, von diesen aggressiven Kids gefunden zu werden, doch in der unbequemen, kauernden Haltung unter den Stufen hielt ich es auch nicht länger aus. Insbesondere nicht im Stockdunkeln. Das einzige Licht, das ich sehen konnte, war ein Flackern und ich hatte Angst, dass sich das Feuer ausbreitete. Vielleicht trugen die Kids aber auch Fackeln aus Stuhlbeinen mit sich herum.
Im Moment war nichts von ihnen zu hören, doch ich bezweifelte, dass sie fort waren. Standen sie am oberen Ende der Stufen und blickten in die Dunkelheit herab, so wie ich es vor zehn Minuten getan hatte? Forderten sie sich gegenseitig zu einer Art Mutprobe heraus oder hatten sie den Verdacht, dass ich hier unten war? Ich blieb reglos sitzen und ließ die leicht flackernden grauen Schatten nicht aus den Augen.
Warten, warten … wer stand bloß dort oben an der Treppe? Obwohl der kalte Steinfußboden meinem Körper die Wärme entzog, hatte ich Schweiß auf den Unterarmen und mein Gesicht glühte. Spielte meine Fantasie jetzt vor Angst vollkommen verrückt oder wartete dort oben tatsächlich jemand darauf, dass ich mich bewegte? Ganz leise konnte ich mein eigenes Atmen hören, deshalb kniff ich die Lippen zusammen und sog die feuchte Kellerluft durch die Nase ein. Die Ohren hatte ich gespitzt, um ja keinen Laut zu verpassen. Fast hatte ich mir schon eingeredet, dass meine Fantasie mit mir durchging, als ich ein Knarren hörte und jemand die erste Stufe nach unten betrat.
Wer auch immer dort oben war, schien ebenfalls zu lauschen. Ein neuer Gedanke schoss mir durch den Kopf, der beängstigender war, als einer ganzen Bande feindselig gestimmter Kids gegenüberzustehen. Wenn sie die Tür schlossen und verriegelten, säße ich hier unten in der Falle. Eins wusste ich sicher: Es gab nur einen Ausgang. Gerade wollte ich unter den Stufen hervorkriechen und es – mit meinem kleinen blauen Licht bewaffnet – auf eine Konfrontation ankommen lassen, als ich etwas Neues vernahm. Es war das scharfe Zischen eines aufspringenden Klappmessers. Beth hatte ihr Messer damals, als wir zusammen in einem Raum schliefen, so oft mitten in der Nacht aufschnappen lassen, dass sich das Geräusch für immer in mein Hirn gebrannt hatte. Planänderung. Ich verhielt mich
Weitere Kostenlose Bücher