Und wieder Carmel
weniger gut riechenden Waschpaste
einzuseifen.
Erst nach dem dritten Durchlauf klebte kein Öl mehr in meinen Haaren. Meine
Haut leuchtete rot vom Schrubben und nicht mehr gelblich braun und ölig. Ich
wickelte mich in eins der großen Badetücher ein. Mit einem kleineren Handtuch knotete
ich meine Haare auf meinem Kopf zu einem Turban.
„Ich hab hier ein paar Sachen für dich“, rief Alex durch die geschlossene Tür.
Ich öffnete sie und lugte mit dem Kopf hindurch. „Es sind meine Sportsachen,
sie sind frisch gewaschen und passen dir hoffentlich ein wenig.“
„Es wird schon gehen.“ Ich nahm die Sachen in Empfang und lächelte ein wenig.
Nach kurzem Abrubbeln stieg ich in Alex Sporthose und zog mir sein
Basketballhemd über. Es schlabberte an meinem Körper, ebenso wie die Hose. Da
ich keine Wahl hatte, öffnete ich die Badezimmertür. Alex wartete davor.
„Hast du eine Tüte für mich, wo ich die nassen Sachen hineintun kann?“, fragte
ich.
„Ja, klar.“ Er verschwand kurz in einem der oberen Zimmer und kam mit einer
Plastiktüte wieder.
„Hier.“
„Danke.“ Ich stopfte meine Sachen in die Tüte und Alex betrat vorsichtig das
Bad: „Bist du fertig?“
„Ja.“
„Ok, ich werd auch schnell duschen und dich dann nach Hause fahren, ok?“
„Aber ich bin mit dem Rad da, du musst nicht …“
„So lässt dich mein Dad nicht mit dem Rad fahren. Ich nehme den Abschlepper, da
kommt das Rad hinten drauf, ok?“
„Ja, ok. Ich warte dann unten.“
„Ok.“ Alex zog sich sein Shirt über den Kopf und ich sah seinen
durchtrainierten Körper, seine tief gebräunte Haut und seine leuchtend rot schimmernde
Narbe an seinem Bauch. Bilder des Unfalls blitzen in meinen Gedanken auf und
ein eiskalter Schauer durchfuhr mich. Ich drehte mich weg und ging die Treppe
hinunter.
„Ach Anna?“, rief Victoria aus dem Wohnzimmer.
„Ja?“
„Hat dich der Fluch der Familie Walker heimgesucht?“, fragte sie, als ich den
Raum betrat.
„Offensichtlich“, lächelte ich, auch wenn ich nicht wusste, was genau sie
meinte.
„Bisher musste man zumindest den Namen Walker tragen, bevor der Fluch einen
erwischt hat, aber bei dir scheint er eine Ausnahme zu machen.“
„Vielleicht kommt das ja noch?“, mischte sich Paul ein.
„Was meinst du?“
„Das mit dem Namen.“ Paul grinste verzückt und auch Victoria konnte ihr Lächeln
nicht verbergen.
Verlegen grinste ich ebenfalls und sah mich nervös um.
„Komm setz dich, Schätzchen. Du kannst auch bequem auf dem Sofa warten, bis
Alex wieder unten ist.“
„Ok.“
Der Fernseher lief und eine Folge von „ Springfieldstory “
flimmerte über den Bildschirm. Ich schaute eine Weile zu, bis Alex die Treppe
herunter kam.
„Wollen wir los?“, fragte er mich.
„Ja.“
„Dad, kannst du Annas Fahrrad auf den Abschlepper stellen?“
„Natürlich Sohn.“
Wir stiegen in den Truck, als das Rad verstaut war und fuhren vom Hof.
„Gibt es wirklich einen Walker-Fluch?“, fragte ich Alex.
„Hat meine Mutter dir davon erzählt?“
„Ja, weil ich die Öl-Dusche heute abbekommen habe.“
„Manchmal glaube ich schon daran, obwohl es natürlich totaler Quatsch ist.“
„Wie kommt sie denn darauf?“
„Mein Urgroßvater verlor im Krieg sein Augenlicht, seine Frau fiel in einen
Brunnenschacht und war fortan gelähmt. Mein Großvater wurde schon zweimal vom
Blitz getroffen und seine Frau, die er nur heiratete, weil sie schwanger war,
erlitt nach meinem Dad mehrere Fehlgeburten, erkrankte an Krebs und starb, als
mein Dad zwölf Jahre alt war.“
„Und das geht so weiter?“
„Ja, mein Dad überlebte nur knapp einen Flugzeugabsturz und Autounfälle sind
keine Seltenheit. Meine Mom erkrankte an ihrem Hochzeitstag an Masern und sie
mussten die Feier nach der Zeremonie abblasen.“
„Ach du meine Güte, wirklich, wie schrecklich“, warf ich ein. „Und bei dir, war
das dein erster Unfall?“
„Ja, mein Erster. Aber wer weiß, offensichtlich bin ich derjenige, der hier die
Traditionen weiterführt.“
„Traditionen?“
„Ja, es gibt da so einiges, was die Walkers in den letzten Jahrhunderten an
Schicksalsschlägen ertragen mussten.“
„Welche denn noch?“
„Das erzähl ich dir ein anderes Mal, ja?“
“Ok“, sagte ich enttäuscht, weil Alex wieder blockte und mich absichtlich aus
seinem Leben heraus hielt.
Alex stoppte vor dem Haus der Larsons und ich stieg aus. Gemeinsam hievten wir
das Rad vom Truck.
„Ich hol dich morgen nach der Schule hier ab, dann musst du nicht immer mit
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