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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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und durch die geschlossene Tür war gedämpftes Stimmengemurmel zu hören. Als die Tür sich endlich öffnete, kam ihnen ein Mann entgegen, der drahtige kleine Erzengel von den Fotos, im maßgeschneiderten anthrazitgrauen Anzug mit Weste und einer schweren goldenen Uhrkette quer über den Bauch. Er stellte sich als Martin Reeve vor, Tricias Ehemann, Geschäftsführer von MKR.
    Höflich bat er Barbara und Nkata in sein Büro. Seine Frau sei auf dem Weg zu einem Tee, erklärte er. Ob ihre Anwesenheit hier unbedingt erforderlich sei? Als Vorsitzende der Wohltätigkeitskommission von Kinder in Not habe sie nämlich ihren Mitarbeitern gegenüber eine Verpflichtung, beim sogenannten Herbsttee der Organisation im Dorchester anwesend zu sein. Mit diesem Ereignis werde die Saison eröffnet, und hätte Tricia nicht den Vorsitz der Veranstaltung übernommen, wäre ihr Erscheinen vielleicht nicht unbedingt nötig. So aber ... außerdem habe sie die Gästeliste in ihrem Wagen, und die werde für die Sitzordnung unbedingt gebraucht. Reeve hoffte, die Polizei habe Verständnis dafür ... er lächelte verbindlich in ihre Richtung und bleckte dabei seine makellosen Zähne: Ebenmäßig, strahlend weiß und überkront, bezeugten sie den Triumph menschlicher Geschicklichkeit über die launische Natur.
    »Selbstverständlich«, beteuerte Barbara. »Es geht doch nicht, daß Jane Jones neben der Gräfin Koks sitzt. Hauptsache, Mrs. Reeve steht uns später zur Verfügung, falls wir noch Fragen an sie haben sollten.«
    Reeve versicherte ihnen, daß er und seine Frau sich durchaus des Ernsts der Situation bewußt seien. »Darling ...?« Er nickte Tricia auffordernd zu. Sie hatte die ganze Zeit unschlüssig neben seinem Schreibtisch gestanden, einem Riesenmöbel aus Mahagoni und Messing, die Platte mit burgunderfarbenem Leder bespannt. Auf sein Nicken hin strebte sie zur Tür, doch ehe sie hinausgehen konnte, forderte er noch einen Abschiedskuß. Sie mußte sich zu ihm hinunterbeugen. Mit ihren Stilettos war sie gut zwanzig Zentimeter größer als er.
    Was den beiden jedoch keine Probleme bereitete. Der Kuß war eine Spur zu innig.
    Barbara beobachtete sie und dachte: Was für ein cleverer Schachzug. Die Reeves waren keine Stümper, wenn es darum ging, die Oberhand zu gewinnen. Die Frage war nur: Warum wollten sie sie?
    Sie sah Nkata an, daß er sich unbehaglich fühlte – genau was das reizende Paar mit seiner unerwarteten Zurschaustellung ausgiebiger Zärtlichkeiten beabsichtigte. Die Arme verschränkt, trat er von einem Fuß auf den anderen, während er verlegen bald hierhin, bald dorthin blickte. Barbara mußte unwillkürlich grinsen. Wegen seiner beeindruckenden Größe und seiner nicht minder beeindruckenden Kleidung vergaß sie manchmal, daß Winston Nkata, auch wenn er als Jugendlicher der Anführer von Brixtons berüchtigter Straßengang gewesen war, im Grunde seines Herzens und de facto ein fünfundzwanzigjähriger Junge war, der noch immer daheim bei seinen Eltern lebte. Sie räusperte sich diskret, und als er sich zu ihr umwandte, wies sie mit einer Kopfbewegung auf die Wand hinter dem Schreibtisch, wo zwei Urkunden hingen. Er folgte ihr dorthin.
    »Die Liebe ist eine Himmelsmacht«, murmelte sie. »Wir müssen ihr Respekt erweisen.«
    Die Reeves ließen endlich voneinander ab. »Bis später, Darling«, sagte Martin Reeves leise.
    Barbara sah Nkata an und verdrehte die Augen. Dann wandte sie sich den beiden Urkunden an der Wand zu. Diplome von der Stanford Universität und von der London School of Economics. Beide auf Martin Reeve ausgestellt. Barbara musterte ihn mit neuem Interesse und etwas mehr Respekt. Es war geschmacklos, sie öffentlich auszuhängen – obwohl Reeve sich natürlich niemals zu Geschmacklosigkeit herablassen würde, dachte sie spöttisch –, aber der Mann hatte offensichtlich eine Menge Grips.
    Nachdem seine Frau gegangen war, zog Martin Reeve ein Taschentuch aus blütenweißem Leinen heraus und wischte sich damit den Abdruck ihres pinkfarbenen Lippenstifts vom Gesicht.
    »Verzeihen Sie«, sagte er mit einem jungenhaften Lächeln.
    »Zwanzig Jahre Ehe, und es knistert immer noch. Sie müssen zugeben, das ist nicht schlecht für ein gestandenes Paar mit einem sechzehnjährigen Sohn. Das hier ist er übrigens. Er heißt William. Kommt auf seine Mutter, nicht wahr?«
    Sein Akzent bestätigte Barbara, was sie angesichts des Diploms aus Stanford, der Antiquitäten und der silbernen Rahmen schon vermutet hatte.

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