Undank Ist Der Väter Lohn.
verstehen?«
»Peter«, sagte Lynley, »ich weiß, es sieht nicht gut aus für Andy ...«
»Man kann es drehen und wenden wie man will, es sieht nie gut aus für Andy.«
»Aber als ich die Angestellten im Hotel fragte, ob jemand unter ihnen die Brittons kennt, sagten sie alle ja. Mehr als das, sie sagten: ›Wir kennen die Brittons vom Sehen.‹ Na, wie kommt das wohl?« Lynley wartete nicht auf Hankens Antwort. »Weil sie mehr oder weniger regelmäßig hierherkommen. Sie kommen in die Bar, um was zu trinken. Sie kommen ins Restaurant, um hier zu essen. Es ist ja auch gar keine Mühe für sie, da Tideswell praktisch an der direkten Verbindungsstraße zwischen Broughton Manor und dem Calder Moor liegt. Sie können nicht losstürmen und in Maiden Hall das Unterste zuoberst kehren, ohne vorher zu bedenken, was das alles bedeutet.«
Hanken sah Lynley unverwandt an, während dieser sprach. Und als er zum Ende seiner Rede gekommen war, sagte er nur:
»Kommen Sie mit«, und führte den Kollegen zum Empfang des Hotels, wo er um eine Karte des Peak District bat. Er führte Lynley in die Bar und breitete die Karte auf einem Tisch in der Ecke aus.
Lynley habe recht, bestätigte er. Tideswell lag am Ortsrand des Calder Moors. Ein tüchtiger Wanderer, der Mord im Sinn hatte, konnte vom Black-Angel-Hotel aus losgehen, zum Rand des Städtchens hinaufsteigen und von dort aus über das Moor zum Steinkreis von Nine Sisters Henge wandern. Das würde ein paar Stunden dauern, da das Moor schließlich ein großes Gebiet umfaßte, und es wäre auch umständlicher, als einfach denselben Weg wie Nicola Maiden zu nehmen, der gleich hinter dem Weiler Sparrowpit begann. Aber es war zu machen. Andererseits konnte der Mörder ebensogut den Wagen genommen haben; er konnte ihn an derselben Stelle abgestellt haben, wo Nicola Maiden ihren Saab gelassen hatte, und nach erledigtem Geschäft nach Hause zurückgefahren sein, indem er nicht nur einen Abstecher zum Black-Angel-Hotel gemacht hatte, sondern auch zu dem Dörfchen Peak Forest, wo er sich des Messers entledigte.
»Genau«, sagte Lynley. »Genau darauf will ich hinaus. Sie sehen also –«
Aber, unterbrach Hanken ihn, wenn der Kollege sich die Karte einmal genauer ansehen wolle, würde er feststellen, daß der kurze Umweg von circa drei Kilometern über Peak Forest und Tideswell derselbe war, ganz gleich, ob der Mörder, nachdem er sich des Messers und der Jacke entledigt hatte, nach Süden, in Richtung Bakewell und Broughton Manor, gefahren war oder nach Norden, in Richtung Padleyschlucht und Maiden Hall.
Lynley sah sich die beiden Routen an, die Hanken ihm zeigte, und mußte zugeben, daß sein Einwand berechtigt war. Der Mörder konnte nach vollbrachter Tat und den Abstechern nach Peak Forest und Tideswell weitergefahren sein zu der Straßenkreuzung bei Wardlow Mires. Von dort führte eine Straße zur Padleyschlucht und eine andere nach Bakewell. Und wenn es bei einer Morduntersuchung zwei Verdächtige gab, die Mittel und Gelegenheit gehabt hatten, dann verlangten Logik und Verantwortungsbewußtsein, daß man zuerst die Person unter die Lupe nahm, gegen die die stärkeren Verdachtsmomente vorlagen. Folglich sprach alles für eine Durchsuchung von Maiden Hall.
Das würde bitter werden für Andy Maiden und seine Frau, aber Lynley mußte einräumen, daß es unvermeidlich war. Dennoch fühlte er sich aus alter Loyalität gegenüber Andy gezwungen, Hanken um eine Zusicherung zu bitten. Die Maidens würden natürlich nicht darüber aufgeklärt werden, was die Polizei in Maiden Hall suchte. Es bestehe daher ja wohl auch kein Grund, meinte Lynley, anläßlich dieser Durchsuchung erneut Nicola Maidens Lebenswandel in London zur Sprache zu bringen.
»Sie schieben das Unvermeidbare nur hinaus, Thomas. Wenn Nan Maiden nicht zufällig stirbt, bevor es zur Festnahme und zum Prozeß kommt, wird sie früher oder später das Schlimmste über ihre Tochter erfahren müssen. Selbst dann, wenn nicht ihr Vater sie getötet hat – was ich allerdings keinen Moment glaube. Auch wenn Britton sie umgebracht hat ...« Hanken machte eine ziellose Handbewegung.
... wird alles herauskommen, vollendete Lynley im stillen. Das wußte er. Aber wenn er seinen ehemaligen Kollegen schon nicht vor der Demütigung einer amtlichen Durchsuchung seiner Wohnung und seines Geschäfts verschonen konnte, wollte er ihm wenigstens vorläufig den zusätzlichen Kummer ersparen, das Leiden seiner Frau, des einzigen Menschen, der
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