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Undank Ist Der Väter Lohn.

Undank Ist Der Väter Lohn.

Titel: Undank Ist Der Väter Lohn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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geschluckt, als Nkata sie zu Lynleys schnittigem silbergrauen Wagen geführt hatte. Die Tatsache, daß der Inspector dieses ihm so teure Stück Nkata anvertraut hatte, war ein beredtes Zeichen der Wertschätzung, die er dem Mann entgegenbrachte. Ihr selbst hatte er den Wagen nur zweimal überlassen, und das auch erst lange nachdem sie als feste Mitarbeiterin zu ihm gestoßen war. Wenn sie heute über ihr Verhältnis zu Lynley nachdachte, konnte sie sich auch gar nicht vorstellen, daß er der Person, die sie damals, in der ersten Zeit ihrer Partnerschaft, gewesen war, den Schlüssel zu seinem Wagen in die Hand gedrückt hätte. Daß er ihn Nkata so ohne weiteres gegeben hatte, sagte viel über die Beziehung der beiden Männer aus.
    Na schön, dachte sie resigniert, so ist es eben. Sie sah sich die Gegend an, durch die sie fuhren, während sie nach dem Haus Ausschau hielt, in dem der Eigentümer des Motorrads, das man in Derbyshire gefunden hatte, wohnte.
    Shoreditch mochte wie so viele andere Bezirke Londons in der einen oder anderen Zeit ziemlich heruntergekommen sein, ganz abschreiben konnte man es nie. Es war ein dichtbesiedeltes Gebiet, daß sich wie ein schmaler Arm von der größeren Masse Hackneys im Nordosten Londons wegstreckte. In dem Teil, der direkt an die City grenzte, hatten sich Banken und Kreditinstitute breitgemacht, wie man sie eigentlich nur innerhalb der römischen Mauern des alten London zu sehen erwartete. Andere Teile waren Industrie- und Gewerbegebiete geworden. Aber es gab noch Spuren der ehemaligen Dörfer Haggeston und Hoxton in Shoreditch, wenn auch teilweise nur in Form von Gedenktafeln, die die Stätten bezeichneten, wo die Burbages Theater gespielt hatten oder Weggefährten William Shakespeares begraben lagen.
    In der Chart Street, einer kurzen gekrümmten Durchfahrtsstraße zwischen der Pitfield Street und der East Road, schien sich die ganze Geschichte des Bezirks zu konzentrieren. Hier gab es sowohl Geschäfts- als auch Wohnhäuser. Manche dieser Gebäude, elegant und modern, spiegelten die Opulenz der City wider; andere warteten auf jenes Wunder zeitgemäßer Londoner Stadtplanung – Edelsanierung –, die es fertigbrachte, aus einem Kleineleuteviertel innerhalb weniger Jahre ein Yuppieparadies zu zaubern.
    Die Angaben, die sie von der Zulassungsstelle hatten, führten sie zu einer Zeile Reihenhäuser, schmucklose kleine Backsteinbauten, die sich ihrem Aussehen nach irgendwo zwischen den beiden Extremen von Verfall und Renovierung befanden. Die Tür- und Fensterrahmen des Hauses, das sie suchten, brauchten dringend einen Anstrich, doch in den Fenstern hingen weiße Vorhänge, die zumindest von außen frisch und sauber aussahen.
    Vor einem Pub fand Nkata einen Parkplatz und manövrierte den Bentley mit solcher Sorgfalt und Konzentration hinein, als handelte es sich um eine hochkomplizierte Operation. Als er das dritte Mal Anstalten machte zurückzusetzen, um den Wagen wirklich absolut parallel zur Bordsteinkante einzuparken, stieß Barbara die Tür auf und sprang hinaus.
    Sie zündete sich eine Zigarette an und sagte: »Mensch, Winston, wie lange wollen Sie denn noch machen? Wir werden beide nicht jünger. Nun kommen Sie schon!«
    Nkata lachte. »Ich wollte Ihnen nur Zeit lassen, Ihrer Sucht zu frönen.«
    »Danke. Aber ich brauch nicht gleich die ganze Packung zu rauchen.«
    Nachdem Nkata den Wagen endlich zu seiner Zufriedenheit eingeparkt hatte, stieg er aus, schloß ab und schaltete die Alarmanlage ein. Gewissenhaft überprüfte er, ob sämtliche Türen gesichert waren, ehe er zu Barbara trat. Sie gingen zum Haus, Barbara rauchend und Nkata in Gedanken versunken. Vor der gelben Haustür blieb er stehen. Barbara glaubte, er wolle ihr Zeit geben, ihre Zigarette zu Ende zu rauchen, und paffte drauflos, um gehörig Nikotin zu speichern, wie sie es häufig tat, wenn sie vor einer Aufgabe stand, die unangenehm werden konnte.
    Aber als sie die brennende Kippe schließlich auf die Straße warf, rührte Nkata sich noch immer nicht. »Also?« sagte sie. »Gehen wir nun rein? Was ist denn?«
    Er riß sich aus seiner Grübelei. »Ich hab so was noch nie gemacht.«
    »Was haben Sie noch nie gemacht? Ach so! Sie meinen, Sie mußten noch nie schlechte Nachrichten überbringen? Trösten Sie sich, es wird nie leichter.«
    Er sah sie an und lächelte ein wenig trübe. »Komisch eigentlich, wenn man sich’s überlegt«, sagte er leise.
    »Wenn man sich was überlegt?«
    »Wie leicht meine Mutter

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