Undank Ist Der Väter Lohn.
schlecht zu hören. »Mama hat nur einen Blick auf den Toten geworfen und gesagt: ›Ja, das ist unser Terry.‹ Dann ist sie rausmarschiert, als wollte sie mal eben zum Einkaufen, und einfach umgekippt. Wir dachten, sie hätte eine Herzattacke, aber sie war nur mal kurz weggetreten. Sie mußte eine Beruhigungsspritze kriegen, als sie wieder zu sich kam. Es ist ihr ganz schön an die Nieren gegangen.«
»Armes Luder«, sagte Barbara.
»Ja, sie hat den Jungen vergöttert. Erinnert mich ein bißchen an meine Mutter.«
»So. Hm.« Barbara konnte nicht umhin, an ihre eigene Mutter zu denken. Von Vergöttern war da keine Rede gewesen. »Tut mir echt leid. – Bringen Sie sie jetzt zurück?«
»Ja, ich denke, wir werden so gegen Spätnachmittag da sein. Wir machen gerade eine Kaffeepause. Sie ist auf dem Klo.«
»Aha.« Barbara fragte sich, warum er angerufen hatte. Vielleicht mußte er den Mittelsmann zwischen ihr und Lynley spielen, weil dem Inspector der persönliche Kontakt mit ihr im Augenblick zuwider war. Sie sagte: »In Maidens Akten hab ich noch nichts gefunden. Jedenfalls nichts, was irgendwie vielversprechend aussieht.« Sie berichtete ihm, was Chief Superintendent Hextell ihr über Maidens nervöse Beschwerden erzählt hatte, und fügte hinzu: »Falls es den Inspector interessiert.«
»Ich werd’s ihm weitergeben«, sagte Nkata. »Sie sollten sich vielleicht mal in Battersea umschauen. Das würde uns Zeit sparen.«
»Battersea?«
»Terry Coles Wohnung. Und sein Atelier. Einer von uns muß da hin und mit der Frau sprechen, mit der er zusammengewohnt hat. Sie erinnern sich, Cilla Thompson?«
»Ja. Aber ich dachte –« Was hatte sie eigentlich gedacht? Offensichtlich, daß Nkata die Zügel weitgehend selbst in der Hand behalten wollte und sie die niedrigen Arbeiten machen lassen würde. Wieder war sie verblüfft über seine selbstverständliche Großzügigkeit. »Sicher, eine Pause kann ich schon mal machen«, sagte sie. »Die Adresse habe ich noch im Kopf.«
Sie hörte Nkata leise lachen. »Wieso überrascht mich das nicht?«
Lynley und Hanken hatten den ersten Teil des Vormittags damit verbracht, auf die Ankunft Winston Nkatas und Sally Coles zu warten, die ihnen Auskunft über den Toten vom Calder Moor geben sollte. Sie hatten beide kaum Zweifel daran, daß die Identifizierung der Leiche nur noch eine Formsache wäre – bitter und traurig, aber dennoch nichts weiter als eine Formsache. Als bis zum Morgen niemand aus dem Moor gekommen war, um das Motorrad abzuholen, und auch keine Diebstahlsanzeige vorlag, schien ziemlich sicher, daß die Maschine dem Toten gehört hatte.
Nkata traf um zehn Uhr ein, und eine Viertelstunde später wußten sie Bescheid. Sally Cole bestätigte ihnen, daß der Junge ihr Sohn Terry war, und brach dann zusammen. Ein Arzt wurde geholt, der sich, nun da die Polizei mit ihr fertig war, um die Frau kümmerte.
»Aber ich will seine Sachen haben«, hatte Sally Cole schluchzend erklärt. »Ich will alle seine Sachen für unsere Darryl. Das laß ich mir nicht nehmen.«
Die würde sie bekommen, versicherten sie ihr, sobald die Laboruntersuchungen abgeschlossen seien, sobald man die Jeans, das T-Shirt, die Doc Martens und die Socken nicht mehr brauche, um den Täter zu überführen. Inzwischen würde sie für jedes einzelne Kleidungsstück, das der Junge getragen hatte, eine Quittung bekommen, und ebenso für sein Motorrad. Sie sagten ihr nicht, daß es Jahre dauern könnte, ehe ihr die Sachen ausgehändigt werden würden. Und sie fragte auch nicht, wann sie damit rechnen könne, sie zu bekommen. Sie drückte nur den Umschlag mit den Quittungen an die Brust und wischte sich mit dem Handrücken die Augen. Winston Nkata begleitete sie hinaus – fort von diesem Alptraum, in den nächsten endlos langen Alptraum, der ihr noch bevorstand.
Lynley und Hanken begaben sich schweigend in das Büro des Inspectors. Vor Nkatas Ankunft hatte Hanken seine bisherigen Aufzeichnungen zu dem Fall durchgesehen und noch einmal einen Blick auf den Bericht des Constables geworfen, der als erster mit den Maidens gesprochen hatte, nachdem sie ihre Tochter als vermißt gemeldet hatten.
»Sie hat an dem Morgen, an dem sie zu ihrer Wanderung aufgebrochen ist, mehrere Anrufe erhalten«, sagte er zu Lynley.
»Zwei von einer Frau, einen von einem Mann, aber weder die Frau oder Frauen noch der Mann haben Nan Maiden ihren Namen genannt, bevor diese Nicola ans Telefon holte.«
»Könnte der Mann Terence
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