Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
zum Treppenhaus. Sie beschrieb einen Bogen durch einen winzigen Vorraum von kaum einem Meter Seitenlänge. Direkt vor mir, sodass ich sie fast berühren konnte, befand sich die Tür zum Eingangsbereich mit der Haustür. Der Tür mit dem einzelnen Klingelknopf und dem polizeilichen Tatort-Absperrband.
    Aus diesem Vorraum führte eine steile schmale Treppe nach oben. Auf halber Höhe änderte sie an einem Treppenabsatz die Richtung und war dann bis zum ersten Stock nicht mehr einzusehen.
    Das Handy in meiner Tasche vibrierte.
    Ich zog es heraus und sah auf die Anzeige. Vertraulicher Anruf. Ich steckte es wieder ein. Es hörte bald zu vibrieren auf.
    Ich nahm die Treppe in Angriff.

79
     
    Die erste Hälfte einer Treppe, die ihre Richtung wechselt, legt man am sichersten mit Blick nach oben und breitbeinig rückwärtsgehend zurück. Rückwärtsgehend und mit Blick nach oben, weil man etwaigen Gegnern zugewandt sein muss. Breitbeinig, weil die Gefahr, dass Treppenstufen knarren, in der Mitte am größten und an den Rändern am geringsten ist.
    So arbeitete ich mich bis zum Treppenabsatz vor, drehte mich halb um und legte den zweiten Abschnitt schräg nach vorn gewandt zurück. Oben betrat ich einen weiteren Vorraum, der doppelt so groß wie der untere, aber noch immer winzig war. Ein mal zwei Meter. Links ein Zimmer, rechts ein Zimmer, vor mir zwei Zimmer. Alle Türen geschlossen.
    Ich stand still. An Lilas Stelle hätte ich je einen Kerl in den vor mir liegenden Räumen postiert. Ich hätte sie mit schussbereiten Waffen angestrengt horchen lassen. Sie wären darauf vorbereitet gewesen, gleichzeitig ihre Türen aufzureißen, um parallele Schussfelder zu haben. So hätten sie mich beim Hinauf- oder Hinuntergehen erwischt. Aber ich war nicht Lila, und sie war nicht ich. Ich wusste nicht, wie sie ihre Leute verteilt hatte. Außer dass sie die wenigen Kerle, die ihr noch blieben, in ihrer Nähe würde haben wollen. Also mussten sie im dritten statt im zweiten Stock sein. Weil ich die Bewegung hinter einem Fenster im dritten Stock beobachtet hatte.
    Genau gesagt am linken Fenster im dritten Stock, wenn man das Gebäude von außen betrachtete. Was bedeutete, dass ihr Zimmer von innen gesehen rechts lag. Ich bezweifelte, dass der Etagengrundriss sich von Stockwerk zu Stockwerk verändern würde. Dieses alte Gebäude war ein reiner Zweckbau, in dem es keine individuelle Aufteilung gab. Deshalb würde ein Rundgang durchs rechte Zimmer im ersten Stock nicht anders sein, als ginge ich zwei Stockwerke höher durch Lilas Zimmer. Er würde mir die allgemeine Anordnung zeigen.
    Ich nahm Druckpunkt am Abzug der MP 5 und legte meine behandschuhten Finger auf die Türklinke. Drückte sie herunter. Spürte, wie die Verriegelung nachgab.
    Ich öffnete die Tür.
    Ein leerer Raum.
    Tatsächlich eine leere und teilweise demolierte Einzimmerwohnung. Sie war ebenso tief, aber nur halb so breit wie das Restaurant im Erdgeschoss. Ein langer, schmaler Raum. Ein begehbarer Kleiderschrank, ein Bad, eine Kochnische, ein Wohnschlafzimmer. Der Grundriss war mit einem Blick erkennbar, weil alle Trennwände bis auf die Stehbalken herausgerissen waren. Die Badeinrichtung existierte noch: seltsam nackt hinter senkrecht angeordneten alten Kanthölzern, die wie Rippen, wie die Gitterstäbe eines Käfigs aussahen. Auch die Kücheneinrichtung war intakt. Der Fußboden bestand aus Pitchpine, auf der im Bad ein altmodischer Mosaikboden und im Küchenbereich Linoleumfliesen lagen. Der ganze Raum roch nach Ungeziefer und verrottetem Gipskarton. Das Fenster zur Straße hin war rußgeschwärzt. Es wurde durch die Feuertreppe diagonal geteilt.
    Ich trat lautlos ans Fenster. Die Feuertreppe sah aus wie eine Standardkonstruktion. Eine schmale Eisentreppe kam von oben herunter und bildete unter den Fenstern im ersten Stock einen Laufsteg. An seinem Ende lag der mit Gegengewichten belastete letzte Abschnitt bereit, um sich unter dem Gewicht eines Flüchtenden auf den Gehsteig herabzusenken.
    Das Fenster war ein Schiebefenster. Seine untere Hälfte ließ sich zwischen der Doppelscheibe der oberen hinaufschieben. Wo die Hälften sich trafen, wurden sie durch einen einfachen Messingriegel arretiert. An die untere Fensterhälfte hatte man altmodische Messinggriffe geschraubt. Sie waren ebenso wie der Fensterrahmen schon viele Male überstrichen worden.
    Ich zog den Riegel zurück, steckte je drei Finger in die Griffe und ruckte daran. Die untere Fensterhälfte bewegte sich

Weitere Kostenlose Bücher