Underground
da hinten meinte, dass du alles genau beobachtest, was hier so vor sich geht. Ich hätte einige Fragen, die ich dir gerne stellen würde.«
»Ich kann gerne helfen. Solange meine Tarnung nicht auffliegt.«
»Tarnung?«
»Ja, ich arbeite verdeckt. Ich bin Teil einer laufenden Ermittlung, weißt du. Über Einzelheiten kann ich natürlich nicht sprechen. Dafür müsstest du meinen Vorgesetzten anrufen.«
»Oh.« Bisher war ich noch nie einem geheimen Ermittler über den Weg gelaufen, der so offen über seine Tätigkeit sprach. Aber Sandy schien willens zu sein, mit mir zu reden, wenn ich bereit war, auf ihr Spiel einzugehen. Also
tat ich das. »Ich werde sehr diskret vorgehen. Wie heißt du genau?«
»Detective Sergeant Sandra Livengood.«
»Danke, Sandy. Also, es geht um Folgendes. Ich arbeite als Privatdetektivin …«
Sie unterbrach mich. »Oh, ich weiß, wer du bist. Du bist Harper Blaine. Ich sehe dich oft am Pioneer Square. Wir haben schon vor längerer Zeit deine Identität festgestellt. Aber fahr nur fort.«
Das verblüffte mich nun doch etwas. Aber es schien auch nicht völlig abwegig zu sein, dass sie mich beobachtet hatte und deshalb wusste, wer ich war. Offenbar verbrachte sie viel Zeit am Pioneer Square. Was mich jedoch ein wenig überraschte, war die Tatsache, dass ich sie nicht kannte. Obwohl ich ein wenig beunruhigt war, fuhr ich fort: »Ich versuche, herauszufinden, ob in letzter Zeit irgendetwas … irgendetwas Seltsames in der Gegend um den Pioneer Square und die Zugänge zum Untergrund passiert ist.«
»Ach, das meinst du. Ja, von denen gab es in letzter Zeit deutlich mehr.« Während sie mit mir sprach, sah sie sich immer wieder um und musterte die Leute.
»Von wem gab es deutlich mehr?«
»Von den Zombies. Ich bin mir ziemlich sicher, dass einige von ihnen erst in letzter Zeit zum Leben erweckt wurden und nicht nur Immigranten oder Spitzel sind. Die neuen riechen nämlich weniger stark.«
»Immigranten-Zombies? Woher kommen die?«
»Du willst doch nicht ernsthaft behaupten, dass du das nicht weißt? Die kommen aus China. Auf Schiffen. In Containern. Oder sie kommen aus Tacoma und Bellingham, wenn es ihnen ihr Meister befielt. Du kannst dich
darauf verlassen, dass wir eines Tages herausfinden, wer der Meister ist. Schließlich können wir diese Zombie-Geschichte nicht außer Kontrolle geraten lassen. Zum Glück kann man sie leicht töten.«
Wenn ich nicht selbst einen Zombie gesehen hätte, wäre mir diese Frau völlig verrückt vorgekommen. Doch auch so hatte ich den Eindruck, dass sie nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte. »Was meinst du mit ›zum Leben erweckt‹?«
»Ich meine damit, dass es sich um kürzlich Verstorbene handelt, die durch irgendeinen Voodoo-Zauber wieder von den Toten auferweckt wurden. Ich wünschte mir wirklich, dass meine Abteilung in dieser Hinsicht etwas mehr am Ball bliebe. Ich weiß zwar, dass Zombies ziemlich fragil sind, aber das bedeutet noch lange nicht, dass sie keine Gefahr darstellen. Wenn es ihnen gelingt, zu überleben, kann alles Mögliche passieren. Mein Gott, diese Kreaturen will man nun wahrhaftig nicht um sich haben! Sie können unsere ganze Infrastruktur lahmlegen. Vom Bioterrorismus einmal abgesehen, gibt es kaum etwas Schlimmeres als einen Zombie in unserer Wasserversorgung. Und auch im Stromnetz könnte ein solches Wesen Schlimmes anrichten.«
»Glaubst du, dass das Auftauchen der Zombies irgendetwas mit den gehäuften Todesfällen und dem Verschwinden mehrerer Obdachloser zu tun hat?«
»Garantiert! Das kann ich mir gar nicht anders vorstellen. Jetzt, wo du es sagst, fällt mir ein, dass der Erste nur wenige Wochen nach dem Bein auf der Baustelle an der Occidental South Avenue auftauchte. Seitdem habe ich einige gefunden.«
»Was?«
»Gliedmaßen. Lass mich nachdenken … Ein paar Finger … einen Zeh, eine Hand … einen Fuß und den Teil eines Arms.«
»Und wo hast du die gefunden?« Ich beugte mich näher zu ihr.
»Einige der Finger habe ich in der Gasse hinter dem Drachenladen gefunden. Der Arm lag unter der Jackson Street. Der Fuß … Ich glaube, der lehnte an der Wand neben der Grand Central Bakery, wenn ich mich richtig erinnere. Es könnte aber auch die Hand gewesen sein. Da müsste ich noch einmal in meinen Notizen nachsehen. Den Zeh habe ich auf dem Yesler Way auf einer Treppe entdeckt. Nein … Das stimmt nicht. Das verwechsele ich jetzt mit der Hand. Genau … Die Hand habe ich auf einer Treppe neben Bud’s Jazz
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