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Underground

Titel: Underground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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Netz.
    »Hure«, flüsterte jemand im silbernen Schimmer des Grau. Ich sah mich nach dem Sprecher um, konnte aber nur eine sich bewegende Säule in dem schwachen Nebel und den grellen Linien erkennen. Wer auch immer das
gesagt hatte, besaß offensichtlich nicht genug Kraft, um sich weiter aus der Welt des Übernatürlichen hinauszubewegen, was recht beruhigend war. Denn die Stimme hatte ziemlich bösartig geklungen.
    Der Tourleiter, der sich des unheimlichen Mitglieds unserer Gruppe nicht bewusst war, erklärte gerade etwas über die Glasprismen, die in den Bürgersteig über uns eingelassen waren, um Licht auf die untere Ebene durchdringen zu lassen. Während er über das Mangan sprach, das die Prismen mit der Zeit violett erscheinen ließ, spürte ich, wie das unsichtbare Wesen direkt vor mir stehen blieb. Es schien in die Energiefäden verwickelt zu sein wie ein Insekt in eine fleischfressende Pflanze.
    »Misch dich nicht in meine Angelegenheiten«, murmelte es.
    Erschreckt zuckte ich zurück. »Was?« Ich hatte nicht erwartet, dass etwas, das kaum zu sehen war, sich meiner Gegenwart bewusst oder auch so wütend sein konnte.
    »Wichtigtuerin! Eindringling!«, flüsterte das Wesen. Die Energielinien flammten auf, als es näher kam und dann wieder zurückgerissen wurde. Irgendetwas hielt es gefangen. Ich überlegte. Irgendwie hatte ich den Eindruck, genau zu wissen, mit wem ich es zu tun hatte, wenn ich mich doch nur erinnern würde …
    »Kenne ich dich?«, fragte ich.
    Die Frau neben mir warf mir einen verblüfften Blick zu, wandte sich dann aber wieder dem Tourführer zu, als sie verstand, dass ich nicht mit ihr gesprochen hatte. Quinton berührte mich an der Hand, tat sonst aber nichts. Er wusste, dass ich mit etwas konfrontiert war, was er weder sehen noch verscheuchen konnte.
    »Nein«, erwiderte das Wesen heiser. Es schien nur aus
einem Flüstern zu bestehen. Auf einmal begriff ich. Es handelte sich um einen körperlosen Wiedergänger!
    Ich hatte schon einmal einen manifestierten Wiedergänger getroffen. Es war keine schöne Erfahrung gewesen. Einem körperlosen Wiedergänger war ich allerdings noch nie über den Weg gelaufen. Solche Wesen waren normalerweise in ihrem Leben sehr mächtig gewesen und besa ßen auch im Tod ein klares Bewusstsein, aber eben keinen Körper. Gewöhnlich waren sie zornig, frustriert und bösartig. Wiedergänger sind diejenigen, die depressiven und für Einflüsse jeglicher Art offenen Menschen so lange ins Ohr flüstern, bis diese wahnsinnig werden oder sich umbringen.
    Ich musste es mit etwas zu tun haben, das nur noch ein Splitter von etwas Mächtigem war, das gestorben oder bei einem Exorzismus nicht ganz verschwunden war. Vermutlich handelte es sich um die Überreste jenes Geistes, den der Medizinmann versucht hatte zu verjagen, was ihm aber nicht ganz gelungen war. Er hatte die Kreatur nur geschwächt und an diesen Ort gebunden. Alle Wiedergänger waren sich ihrer Umgebung klar bewusst, selbst wenn sie nichts mehr bewirken konnten. Sie waren besonders widerwärtige und hinterhältige Gespenster. Da dieser Wiedergänger zu wissen schien, wer ich war, wusste er vielleicht auch, wonach ich suchte.
    Ich trat ein paar Schritte beiseite und murmelte: »Ein Vorschlag. Ich lasse dich in Ruhe, wenn du mir sagst, wo ich Sistu finde.«
    Ich spürte sein Lachen mehr als dass ich es hörte. »Finde den Tod, wo es kein Licht und keine Ruhe gibt – zwischen den Gezeiten, in einem Tümpel, der kein Tümpel ist.« Wieder lachte der Geist und löste sich dann im Grau auf. Nun
blieb nur noch die Energie des indianischen Zaubers zurück, die ihn wieder an sich band.
    Einen Versuch war es jedenfalls wert, dachte ich. Und zumindest war das widerwärtige Wesen verschwunden, fügte ich in Gedanken mit einem Schaudern hinzu. Wer auch immer es im Leben gewesen sein mochte, es war auf jeden Fall in der anderen Welt ein besonders unangenehmer Kunde. Als die unsichtbare Kreatur verschwand, löste sich auch mein Unbehagen schlagartig auf.
    Quinton warf mir einen fragenden Blick zu und nahm dann meine Hand. Ich schüttelte den Kopf und erklärte ihm leise: »Später.«
    Der Tourleiter bat uns, ihm noch Fragen zu stellen, ehe wir weitergingen. Ich hob die Hand.
    »Ja, bitte? Die Dame dort hinten«, forderte er mich auf und zeigte über die Köpfe hinweg in meine Richtung.
    »Sie haben uns die Geschichte des Geistes erzählt, der angeblich in der Bank gearbeitet hat. Gibt es vielleicht noch andere

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