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Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Titel: Unearthly. Himmelsbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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darüber nachdenken. Und er hat gesagt, wenn ich ihn heiraten will, soll ich mich heute mit ihm treffen. Bei Sonnenuntergang.»
    Ich pfeife leise, und sie lächelt bekümmert. Ich kann mir die Frage nicht verkneifen: «Und wird es eher ein Ja oder ein Nein?»
    «Ein Nein, denke ich.»
    «Sie, äh … Sie lieben den Mann nicht?», frage ich, auf einmal ganz atemlos. Wir reden hier über meine Zukunft, mein Leben, und sie meint, es wird eher ein Nein?
    Sie sieht auf ihre Hände, ihren Ringfinger, an dem sich auffälligerweise kein prachtvoller Verlobungsring befindet. «Es ist nicht so, dass ich ihn nicht liebe. Aber ich glaube, er will mich aus dem falschen Grund heiraten.»
    «Lassen Sie mich raten. Sie haben Geld wie Heu, deshalb will er Sie heiraten.»
    Sie schnaubt verächtlich. «Nein. Er will mich heiraten, weil er ein Kind mit mir möchte.»
    Ein Kind, Singular. Weil sie nicht weiß, dass es auch noch einen Jeffrey geben wird.
    «Sie wollen keine Kinder?», frage ich, meine Stimme klingt ein bisschen höher als gewöhnlich.
    Sie schüttelt den Kopf. «Ich mag Kinder, aber ich glaube, eigene Kinder möchte ich nicht. Ich mache mir zu viele Sorgen. Ich will nicht etwas so sehr lieben und es dann wieder verlieren.» Sie sieht ins Tal hinunter, ganz verlegen, weil sie so viel von sich preisgegeben hat. «Ich weiß nicht, ob ich in solch einem Leben glücklich sein kann. Hausfrau. Mutter. Das ist nicht das Richtige für mich.»
    Einen Moment herrscht Schweigen, während ich nach einer klugen Antwort suche, und, o Wunder, es fällt mir etwas ein. «Vielleicht sollten Sie nicht so sehr überlegen, ob Sie als Ehefrau dieses Mannes glücklich sein werden oder nicht. Vielleicht sollten Sie sich stattdessen fragen, ob Sie sich als Frau an seiner Seite treu bleiben, ob Sie noch der Mensch sein können, der Sie sein wollen. Das Glück halten wir oft für etwas, das wir uns nehmen können. Doch normalerweise empfinden wir dann Glück, wenn wir zufrieden sind mit dem, was wir haben, und uns selbst akzeptieren.»
    Endlich zahlt sich der Glückskurs aus.
    Sie mustert mich eingehend. «Was sagten Sie, wie alt Sie sind?»
    «Achtzehn. Irgendwie. Wie alt sind Sie?», frage ich lächelnd, weil ich die Antwort bereits kenne. Ich habe mitgerechnet. Als Dad ihr den Heiratsantrag gemacht hat, war sie neunundneunzig.
    Sie wird rot. «Älter als achtzehn.» Sie seufzt. «Ich will kein anderer Mensch werden, bloß weil das von mir erwartet wird.»
    «Dann lassen Sie es. Werden Sie mehr», sage ich.
    «Wie meinen Sie das?», fragt sie.
    «Seien Sie mehr als das, was von Ihnen erwartet wird. Schauen Sie weiter. Suchen Sie sich Ihre eigene Aufgabe.»
    Bei dem Wort Aufgabe sieht sie mich mit zusammengekniffenen Augen an. «Wer sind Sie?»
    «Clara», antworte ich. «Das sagte ich doch schon.»
    «Nein.» Sie steht auf, tritt an den Rand des Felsvorsprungs. «Wer sind Sie wirklich?»
    Ich stehe auch auf und starre sie an, schaue ihr unverwandt in die Augen. Jetzt muss ich das Geheimnis lüften, denke ich. Ich schlucke.
    «Ich bin deine Tochter», sage ich. «Ja, es ist ziemlich verrückt, auch für mich, dich so zu sehen», fahre ich fort, als sie weiß wie ein Laken geworden ist. «Welcher Tag ist heute? Das interessiert mich die ganze Zeit schon, seit ich gesehen habe, wie du angezogen bist.»
    «Wir haben den 10. Juli», erwidert sie benommen. «1989. Worauf wollen Sie hinaus? Wer hat Sie geschickt?»
    «Niemand. Ich nehme an, ich habe dich vermisst, also bin ich ganz zufällig, irgendwie aus Versehen, in eine andere Zeit geraten. Dad meinte, ich würde dich wiedersehen, wenn ich dich am meisten brauche. Ich nehme an, so was wie das jetzt hat er gemeint.» Ich mache einen Schritt nach vorn. «Ich bin wirklich deine Tochter.»
    Sie schüttelt den Kopf. «Sagen Sie das nicht ständig. Das kann nicht sein.»
    Ich zucke mit den Schultern. «Und doch bin ich hier.»
    «Nein», sagt sie, doch ich sehe, wie sie mein Gesicht jetzt auf völlig andere Weise mit Blicken abtastet, meine Nase als ihre Nase sieht, die Form meines Gesichts, meine Augenbrauen, meine Ohren. Unsicherheit flackert in ihren Augen auf. Dann Panik. Allmählich mache ich mir Sorgen, dass sie von diesem Felsen springt und davonfliegt, nur um von mir wegzukommen.
    «Das ist ein Trick», sagt sie.
    «Ach ja? Und was sollte ich mit diesem Trick erreichen wollen?»
    «Sie wollen, dass ich …»
    «Dad heirate?», ergänze ich. «Du denkst, er – Michael, mein Vater, ein Engel des

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