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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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nicht los. »Sie können mit ihr sprechen, wenn wir es Ihnen erlauben. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass es ihr gut geht? Trauen Sie mir etwa nicht?«
    »Ich habe mit angesehen, wie Sie meinen Schwiegervater getötet haben. Also was meinen Sie?«
    »Ich meine, Sie sollten sich jetzt schön ducken.«
    Jemand drückte ihn nach unten, in Deckung. Der Wind heulte ihm nicht mehr in den Ohren; die Stimmen hatten plötzlich ein Echo. Hinter ihm fiel eine druckfeste Tür ins Schloss. Der Sturm verstummte jäh. Trotz seiner Blindheit spürte er, dass Pascale nicht in seiner Nähe war. Hoffentlich bedeutete das nur, dass man sie getrennt von ihm ans Ziel brachte und dass seine Bewacher nicht logen, wenn sie sagten, sie sei in Sicherheit.
    Jemand riss ihm die Maske ab.
    Nun folgte ein Gewaltmarsch durch enge Gänge, wo man mit den Schultern anstieß und es durchdringend nach Desinfektionsmitteln roch. Mit Hilfe seines Begleiters stieg er klappernde Treppen hinunter und fuhr zwei Mal mit einem schwankenden Fahrstuhl in eine Tiefe, die er nicht schätzen konnte. Als sie ausstiegen, betraten sie ein unterirdisches Gewölbe, wo jeder Laut widerhallte. Ein Luftzug war zu spüren, es roch nach Metall. Durch ein undichtes Belüftungsrohr drang das Kreischen des Windes. Dazwischen hörte Sylveste Stimmen und glaubte auch bestimmte Satzmelodien zu erkennen, verstand aber kein einziges Wort.
    Endlich gelangten sie in einen Raum.
    Sylveste war sicher, dass die Wände weiß gestrichen waren. Die Leere des Würfels drohte ihn förmlich zu erdrücken.
    Jemand trat zu ihm, jemand, dessen Atem nach Kohl roch. Finger strichen zart über sein Gesicht. Sie waren mit einer glatten Schicht überzogen und rochen schwach nach Desinfektionsmittel. Die Finger berührten seine Augen und beklopften die Facetten mit einem harten Gegenstand.
    Jeder Schlag löste hinter seinen Schläfen eine kleine Schmerznova aus.
    »Die Augen werden erst repariert, wenn ich es sage«, erklärte eine Stimme. Er kannte diese Stimme, dessen war er vollkommen sicher. Sie gehörte einer Frau, obwohl sie in ihrer kehligen Heiserkeit fast männlich klang. »Vorerst bleibt er blind.«
    Schritte entfernten sich; die Sprecherin hatte seinen Bewacher wohl mit einer stummen Geste entlassen. Sylveste war allein. Nun gab es nichts mehr, woran er sich orientieren konnte. Er spürte, wie er das Gleichgewicht verlor. Ganz gleich, wie er sich bewegte, die graue Matrix veränderte sich nicht. Die Knie wurden ihm weich, aber es gab nichts, woran er sich festhalten konnte. Er wusste nicht einmal, ob er nicht zehn Stockwerke hoch auf einer Holzplanke stand.
    Er begann zu schwanken und zappelte kläglich mit den Armen.
    Jemand fasste ihn am Ellbogen und gab ihm Halt. Er hörte ein pulsierendes Schnarren, als fräße sich eine Säge durch Holz.
    Sein Atem.
    Ein feuchtes Schmatzen – sie hatte wieder den Mund geöffnet. Jetzt lächelte sie wohl zufrieden in sich hinein.
    »Wer sind Sie?«, fragte er.
    »Sie sind doch ein Dreckskerl. Sogar meine Stimme haben Sie vergessen.«
    Die Finger gruben sich in seinen Unterarm, fanden zuverlässig die Nervenstränge und drückten genau an den richtigen Stellen zu. Er fiepte wie ein Hund; der erste Reiz, der stärker war als der Schmerz in seinen Augen. »Ich kenne Sie wirklich nicht«, beteuerte er. »Ich schwöre es.«
    Der Druck ließ nach. Nerven und Sehnen sprangen an ihren Platz zurück. Der Schmerz flammte noch einmal auf und flaute dann ab zu einem dumpfen Taubheitsgefühl, das sich über Arm und Schulter erstreckte.
    »Das sollten Sie aber«, sagte die heisere Stimme. »Auch wenn Sie mich seit langem für tot hielten, Dan. Unter einem Erdrutsch begraben.«
    »Sluka«, sagte er.
 
    Volyova war auf dem Weg zum Captain, als sich der beunruhigende Vorfall ereignete. Seit der Rest der Besatzung – einschließlich Khouris – für die Dauer der Reise nach Resurgam im Kälteschlaf lag, hatte Volyova die alte Gewohnheit wieder aufgenommen, den Captain leicht zu erwärmen, um sich mit ihm zu beraten. Wenn sie seine Hirntemperatur um den Bruchteil eines Kelvin anhob, erwachte er zu einem wenn auch fragmentarischen Bewusstsein. Das trieb sie nun schon fast zwei Jahre lang, und sie würde noch weitere zweieinhalb Jahre weitermachen, bis das Schiff in den Orbit um Resurgam einschwenkte und die anderen aus dem Kälteschlaf geweckt wurden. Natürlich fanden diese Gespräche nicht allzu häufig statt – sie durfte den Captain nicht allzu oft erwärmen, denn mit

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