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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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beweglichen Raumes ein Licht auf. Die Wände waren natürlich nur aus Glas und dahinter war bis zu diesem Moment nur das unbeleuchtete Metall des Schachts gewesen. Nun näherte sich dieser Schacht dem Ende, und dort wurde es heller. Der Rest der kurzen Fahrt verlief schweigend. Der Raum strebte dem Licht entgegen, bis der frostig blaue Schein von allen Seiten hereinflutete. Dann schob er sich durch die Hülle nach draußen.
    Khouri erhob sich und ging mit Herzklopfen auf das Glas zu. Das Glas war natürlich Hyperdiamant, daher war nicht zu befürchten, dass es zerbrach oder dass Khouri stolperte und hindurchfiel. Aber es wirkte lächerlich dünn und spröde und das Vertrauen des Menschen in seine Umwelt hatte nun einmal Grenzen. Mit einem Blick zur Seite hätte sie die gegliederten Spinnenbeine sehen können, acht an der Zahl, die den Raum an der Außenseite des Schiffsrumpfes festhielten. Und sie hätte auch verstanden, warum Volyova diesen Raum Spinnenraum nannte.
    »Ich weiß nicht, wer oder was ihn gebaut hat«, sagte Volyova. »Vermutlich hat man ihn beim Bau des Schiffes mit vorgesehen oder bei den Umbauten vor einem Besitzerwechsel mit eingeplant – immer vorausgesetzt, jemand konnte sich ein solches Schiff leisten. Ich denke, er sollte als raffiniertes Lockmittel für potenzielle Käufer dienen – deshalb auch die luxuriöse Einrichtung.«
    »Demnach hätte man ihn als Verkaufsargument benützt?«
    »Das klingt zumindest einleuchtend – falls es überhaupt einen Grund gibt, aus einem solchen Schiff aussteigen zu wollen. Wenn es unter Schub steht, muss jede Beobachtungskapsel, die man hinausschickt, genauso stark angetrieben werden, sonst bleibt sie zurück. Das wäre nicht weiter schlimm, so lange es sich nur um eine Kamera handelt; aber wenn Menschen an Bord sind, wird die Sache schon schwieriger; dann muss jemand das verdammte Ding tatsächlich fliegen oder zumindest wissen, wie man den Autopiloten so programmiert, dass er tut, was man will. Der Spinnenraum umgeht dieses Problem, indem er sich buchstäblich an das Schiff heftet. Dabei ist er kinderleicht zu bedienen; er kriecht sozusagen auf allen achten herum.«
    »Was passiert, wenn…«
    »Er den Halt verliert? Das ist noch nie vorgekommen – aber wenn, dann hat er eine Reihe von Greifern, die er einsetzen kann, magnetische und solche, die sich in den Rumpf bohren. Sollten auch die versagen – was nun wirklich sehr unwahrscheinlich ist –, dann kann der Raum auch aus eigener Kraft fliegen, jedenfalls lange genug, um das Schiff einzuholen. Und sollte auch der Antrieb ausfallen…« Volyova hielt inne. »Nun, in diesem Fall müsste ich wohl ein Wörtchen mit der Gottheit meiner Wahl reden.«
    Volyova hatte sich mit dem Spinnenraum nie weiter als ein paar hundert Meter von der Austrittsöffnung entfernt, obwohl er imstande gewesen wäre, ums ganze Schiff herumzukriechen. Das war jedoch nicht unbedingt zu empfehlen, denn bei relativistischer Geschwindigkeit raste das Schiff durch einen Strahlungssturm, der normalerweise von der Rumpfisolierung abgeschirmt wurde. Die dünnen Wände des Spinnenraums hielten nur einen Bruchteil dieser Strahlung ab, und das verlieh solchen Ausflügen ins All den Reiz eines zweifelhaften Abenteuers.
    Der Spinnenraum war Volyovas kleines Geheimnis; in den großen Schiffsplänen war er nicht eingetragen, und soweit ihr bekannt war, wusste sonst niemand von der Besatzung von seiner Existenz. Dabei hätte sie es nur zu gern belassen, aber die Verhältnisse waren nicht ideal, und die Probleme mit dem Leitstand hatten sie gezwungen, die Geheimhaltung da und dort ein wenig zu lockern. Obwohl das Schiff ziemlich heruntergekommen war, verfügte Sajaki über ein ausgedehntes Netz von Überwachungseinrichtungen, und der Spinnenraum war einer der wenigen Orte, an denen Volyova sich völlig sicher fühlen konnte, wenn sie mit den ihr unterstellten Besatzungsmitgliedern vertrauliche Dinge zu besprechen hatte, von denen die anderen Triumvirn nichts zu wissen brauchten. Nagorny hatte sie notgedrungen eingeweiht, um das Sonnendieb-Problem offen mit ihm erörtern zu können, doch als sich sein Zustand verschlimmerte, hatte sie die Entscheidung tief bereut und monatelang in ständiger Angst gelebt, er könnte den Raum an Sajaki verraten. Dabei hatte sie sich ganz umsonst gesorgt. Am Ende war Nagorny viel zu sehr mit seinen Albträumen beschäftigt gewesen, um seine Vorgesetzten gegeneinander auszuspielen. Nun hatte er das Geheimnis mit ins

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