Unerwartet (German Edition)
neben mich fallen und lehnt sich auch zurück.
Jakob sagt, was er denkt und redet nie um eine Sache herum. Es ist eine sehr gute Eigenschaft, die aber manchmal etwas anstrengend sein kann.
„Ich bin einfach nur erschöpft, aber bin ich froh, dass wir hier sind.“
„Jetzt noch mal von vorne und dieses Mal die ganze Wahrheit. Irgendwas bedrückt dich und wir müssen wissen, was es ist.“
„Müsst ihr das?“ antworte ich schnippisch.
„Ja, Katharina. Das müssen wir. Wenn du das Gleiche willst, wie wir, nämlich dass diese Beziehung funktioniert, dann müssen wir reden. Du bist schon seit ein paar Tagen so gereizt.“
„Die ganze Situation kotzt mich an, Jakob“, platze ich heraus. „Alles ist so kompliziert. Ich hasse diese Heimlichtuerei und ich fühle mich schlecht, weil Paul immer irgendwie außen vor ist. Es ist nicht richtig.“
Ich setze mich auf und schlinge meine Arme um die Knie.
„Noch nicht mal Zuhause können wir uns normal verhalten, weil ich meinen Bruder schützen muss.“
Jakob schiebt sich hinter mich, bis ich zwischen seinen gespreizten Beinen sitze.
„Was willst du tun, Katharina?“ Er legt seine Arme um mich und lässt sich nicht von meiner angespannten Haltung beirren.
„Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.“
„Dir muss klar sein, dass wir dir folgen. Was immer du für richtig hältst, wird gemacht. Meine Tochter befindet sich noch nicht mal auf diesem Kontinent und Paul hat keine Kinder. Wir sind alt genug, um unsere Beziehungen zu gestalten, wie es uns passt. Ob es unseren Eltern gefällt, das wissen wir noch nicht, aber schlussendlich werden sie sich damit abfinden müssen.“
„Ich liebe euch, und auch wenn das egoistisch klingt, möchte ich mich nicht entscheiden müssen.“
Allmählich weicht die Anspannung aus meinem Körper, was auch Jakob bemerkt. Er löst meine Arme von den Knien und küsst meine Schläfe, bevor er sich mit mir zurücklehnt.
„Niemand erwartet das von dir und es ist alles andere als egoistisch. Katharina, du bist nicht die Einzige, die diese Beziehung in genau der Konstellation haben will. Wir sind sehr glücklich, so wie es jetzt ist.“
„Das bin ich auch, aber will nicht, dass Ben leiden muss.“
„Kann ich dir einen Vorschlag machen? Es ist nur eine Idee.“
„Natürlich.“
Wenn Jakob so etwas sagt, dann ist es nicht nur eine Idee, sondern etwas, das er vorher schon gründlich für sich abgewogen hat.
„Ben ist nicht dumm. Ich glaube, er denkt sich seinen Teil darüber, dass Paul immer mit uns zusammen ist. Vermutlich werden seine Gedanken in die Richtung gehen, dass Paul entweder in dich oder in mich heimlich verliebt ist. Deswegen wäre es nur rechtens, die Situation klarzustellen.“
„Was ist, wenn er damit nicht klarkommt? Seinen Einstand in die Pubertät hat er vor ein paar Wochen mit Pauken und Trompeten gegeben und ich bin nicht an einer Wiederholung oder Schlimmerem interessiert.“
„Katharina, ich will dir mal was sagen und ich hoffe, du fasst das richtig auf. Obwohl du kein wirkliches Vorbild hattest, bist du eine verdammt gute Mutter. Ben verehrt dich. Selbst wenn er sich nicht so verhält, legt er großen Wert darauf, was du über ihn denkst.“
„Ich bin nicht seine Mutter“, sage ich müde, obwohl Jakob nicht darauf hinaus wollte.
„Natürlich bist du das. Ben hatte nie eine Andere. Auch wenn er biologisch dein Bruder ist, bist du die einzige Mutter, die er kennt.“
Ich bin zu erschöpft, um dieses Gespräch weiterzuführen.
„Können wir reingehen? Ich würde gerne baden gehen, wenn das in Ordnung ist.“
„Natürlich, Baby. Wir bereiten in der Zwischenzeit das Abendessen vor.“
Das Leben ist doch eigentlich gar nicht so schlecht, obwohl meine heutigen Stimmungswechsel schon besorgniserregend sind. PMS? Damit hatte ich eigentlich nie Schwierigkeiten.
Nach dem Abendessen lassen sich meine beiden Männer von Ben über den Strand jagen. Die dunkle Wolkendecke bricht immer mehr auf und gönnt uns noch ein paar sonnige Minuten, bevor wir den Tag für beendet erklären. Ich sitze auf einer Decke am Fuß der Düne und beobachte das Fußballspiel vor mir.
Jakob ist geschickter mit dem Ball, doch Paul hat wesentlich mehr Ausdauer. Neben Ben sehen sie allerdings blass aus. Er ist inzwischen richtig gut geworden.
Nach einer halben Stunde lassen sich Paul und Jakob erschöpft neben mir in den Sand fallen. Ben steht keuchend mit dem Ball im Arm vor uns. Er hat rote Wangen und nass
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